Selbst während der Pandemie kann die Übergabe eines Unternehmens eingeleitet werden, allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Das sollten Betriebsinhaber und ihre Nachfolger wissen.

Bald zwei Jahre dauert die Corona-Krise nun an. Langfristig zu planen, fällt schwer. Niemand kann sagen, wann die Pandemie beendet sein wird. Doch manche Weichen müssen gestellt werden, lassen sich nicht auf irgendwann in der Zukunft verschieben. So eine Betriebsnachfolge im Handwerk. "Ein Unternehmer sollte eine Übergabe langfristig planen", sagt Rechtsanwalt Matthias Will.
Mindestens zwei bis drei Jahre sollten dafür veranschlagt werden. Unabhängig davon, ob der Nachfolger aus der Familie, aus dem Mitarbeiterkreis oder von extern kommt. "Das halte ich für einen realistischen Zeithorizont", sagt der Fachanwalt für Steuerrecht, "die Prozesse einer Übergabe sind langwierig."
Es brauche genügend Zeit, zu planen, das Unternehmen zu bewerten und Entscheidungen zu treffen. Und manchmal brauche es auch Zeit, um Entscheidungen wieder korrigieren zu können.
Um ein berufliches Lebenswerk in die Hände der nächsten Generation zu geben, nennt Matthias Will drei Phasen der Übergabe:
- die sachliche Unternehmensbewertung als Grundlage der Kaufpreisfindung,
- die Entscheidungsfindung und
- die Umsetzung.
Im Idealfall werden alle Abläufe innerhalb des Unternehmens einmal von Übergeber und Unternehmer zusammen "durchgemacht" und so Erfahrungen weitergegeben. Zusammen sollten, so das Bundeswirtschaftsministerium in der Broschüre "Nachfolge – die optimale Planung" genaue Aufgaben- und Verantwortungsbereiche mit eindeutigen Kompetenzen und ein Zeitplan festgelegt werden. Wie in einem Ratenmodell übernimmt der Nachfolger dann Stück für Stück immer mehr Verantwortung und Führungsaufgaben. So wächst er in seine neue Position hinein und hat gleichzeitig noch den Rückhalt des "Altunternehmers".
Übernahme während der Krise
Und jetzt während Corona: Ist es sinnvoll in einer Krisensituation, einen Handwerksbetrieb zu übernehmen? Ja, sagt Rechtsanwalt Matthias Will. Vielen Branchen geht es auch während der Pandemie wirtschaftlich gut, manchen sogar sehr gut. "Ein Unternehmen zu übernehmen, macht jetzt durchaus Sinn. Wenn es gut im Markt steht, sehe ich keine Risiken."
Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe ist ein rentabler und wettbewerbsfähiger Betrieb. Attraktiv sei ein Unternehmen für eine Übernahme, wenn es keine Steuerschulden habe, eine geordnete Buchhaltung und über ein gut gefülltes Auftragsbuch sowie einen treuen Kundenstamm verfüge, so Matthias Will.
Aber selbst wenn ein Unternehmen durch Corona in Schieflage gekommen ist, spricht aus Sicht des Experten nichts gegen eine Übernahme. Schließlich sei es das Ziel, einen Betrieb durch ein Insolvenzplanverfahren wirtschaftlich wieder in die grüne Bilanzzone zu bringen.
Es gibt sogar Alternativen wie die Übertragung zur Sanierung eines Unternehmens. Dabei werden Vermögensgegenstände eines insolventen Betriebs im Rahmen eines Asset Deals übertragen. Die Verbindlichkeiten verbleiben beim "alten", insolventen Unternehmen und alles, was nicht auf das neue Unternehmen übergeht, wird dort abgewickelt. Das neue Unternehmen übernimmt die werthaltigen Teile, so dass es am Markt weiter bestehen kann.
Woran eine Übergabe scheitert
Für das Bundeswirtschaftsministerium sind die häufigsten Punkte, an denen eine Übergabe scheitert, Finanzierungsfehler, steuerliche Fehlentscheidungen, eine falsche Beurteilung rechtlicher Fragen und die Unterschätzung der psychologischen Komponente. Rechtsanwalt Matthias Will wird konkreter und sieht fünf Gründe, die eine erfolgreiche Nachfolge verhindern:
- das Hinauszögern der Nachfolgeentscheidung,
- mangelndes Wissen um mögliche Nachfolgeoptionen,
- keine Erfahrung mit Unternehmensbewertung und schlechte Beratung,
- keinen Käufer oder Nachfolger zu finden und
- dass der Übergeber nicht loslassen kann.
Ohne externe Hilfe geht es nicht
Eine Betriebsübergabe ist ein komplexer Prozess, der ohne Hilfe von Experten kaum möglich sein wird. Sowohl die steuerlichen als auch die rechtlichen Folgen müssen professionell bewertet werden. Matthias Will rät auch zu prüfen, ob Ehevertrag, Testament oder Erbvertrag den Nachfolgeplänen des Unternehmers entsprechen. Eine Zerstückelung des Betriebes sollte vermieden werden.Der Übernehmer wiederum sollte nicht nur auf den Kaufpreis, sondern auch auf die immateriellen Werte des Unternehmens achten, etwa das Know-how oder das Image des Betriebs.