Fördermöglichkeiten für Elektromobilität gibt es genug. Auch das Interesse steigt. Trotzdem sehen Experten noch Luft nach oben und empfehlen, alternative und herkömmliche Antriebe zu kombinieren. Über mögliche Einsatzorte im Handwerk, zu lösende Probleme und verfügbare Zuschüsse.

Der Energiebedarf von Bäckereien ist enorm. 450 bis 550 Kilowattstunden beträgt der durchschnittliche Verbrauch einer Backstube pro Quadratmeter und Jahr. Und da sind Transportkosten noch nicht einmal eingerechnet. Daher verwundert es auch nicht, erläutert Carsten Benke, Referatsleiter beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), dass man sich dort schon mit alternativer Energieerzeugung beschäftigte, als die Energiepreise noch nicht so rasant stiegen wie derzeit. Und ebenso wenig erstaunt es, dass es wieder die Bäckereien sind, die in Sachen Elektromobilität ganz vorne mit dabei sind.
Tatsächlich, so Benke, lasse sich seit gut zwei Jahren aber auch bei anderen Gewerken ein steigendes Interesse beobachten. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Mobilität. Die größere Nachfrage erklärt er sich damit, dass es inzwischen vermehrt passende Fahrzeuge gibt. So beginnen auch Maler, Elektriker oder Schornsteinfeger umzudenken, vorwiegend also solche Gewerke, die eher leichte Gerätschaften und Materialien zu transportieren haben.
Lastenrad als gute Ergänzung
Und nicht nur E-Fahrzeuge, sondern auch Lastenräder werden inzwischen im Handwerk eingesetzt, berichtet Kirsten Havers von "Cargobike.jetzt". Kürzlich, so die Projektleiterin vom Projekt "flottes Gewerbe", habe sie mit einem Dachdecker gesprochen, der seinen Fuhrpark mit Lastenrädern ergänzt. Trotzdem müsse noch viel mehr getan werden, um das Thema im Handwerk bekannt zu machen. Eine Einschätzung, der auch ZDH-Experte Benke nicht widerspricht. Es gebe viele Einsatzmöglichkeiten bei zahlreichen Gewerken, und gerade in städtischen Gebieten könnten Lastenräder durchaus eine gute Ergänzung sein. Allerdings nicht für alle Gewerke. Wegen des Transportvolumens seien besonders im Bauhauptgewerbe die Möglichkeiten naturgemäß begrenzt.
"Wir brauchen insgesamt mehr Engagement von Betrieben", wünscht sich auch Roland Schüren. Der Bäckermeister ist ein Vorreiter. Er engagiert sich seit Jahren für grüne Energie und baut derzeit am Kreuz Hilden ein fünfstöckiges Vorzeigegebäude. Dort sollen "die drei klimarelevantesten Sektoren" – Lebensmittelherstellung, Energieerzeugung und Mobilität – miteinander verbunden werden. Unter riesigen Photovoltaikanlagen und zwei Klein-Windkraftanlagen entstehen nicht nur eine große Café-Bistro-Bäckerei, sondern auch eine Spezialbackstube, Büros und Ladesäulen – nicht nur für die dort ansässigen Betriebe, sondern auch für die Kundschaft. Ein Prinzip, das er auch heute schon an zwei Standorten verfolgt.
Immer noch große Unwissenheit
Um die Energiewende voranzubringen, so Schüren, seien aber viel mehr solche Ansätze vonnöten. Die weiterhin bestehende Zurückhaltung gerade auch im Handwerk erklärt sich Grünen-Politiker Schüren mit nach wie vor großer Unwissenheit – sowohl was die technischen Möglichkeiten als auch was die Fördermöglichkeiten (siehe Kasten) betrifft. Verantwortlich seien aber auch die Rahmenbedingungen, allen voran die schlechte Ladeinfrastruktur.
Ein Kritikpunkt, den ZDH-Experte Benke mit unterschreibt. Denn dass gerade Bäcker in Sachen Elektromobilität Vorreiter sind, habe einen nachvollziehbaren Grund. Sie verfügen oft über eigene Betriebsstätten und Grundstücke, können dort Ladestationen einrichten und sich so autark mit Strom versorgen. Viele andere Betriebe, gerade im innerstädtischen Bereich, "die eigentlich ja bestens geeignet wären für Elektromobilität", so Benke, sind dagegen auf die öffentliche Ladestruktur angewiesen – und die ist eben bei weitem noch nicht überall gleich gut ausgebaut.
Wobei Schürens Kritik noch weiter reicht – und sich vor allem auch an die Hersteller von Handwerkerfahrzeugen richtet: Ihm fehlen bislang vor allem Transportfahrzeuge bis 3,5 Tonnen und einer Reichweite, die über 100 Kilometer hinausgeht. Hier sei viel mehr Druck gefragt, sowohl aus der Politik als auch von der Wirtschaft und den Verbänden. Allerdings entbindeten diese Mankos die Betriebe nicht, selbst tätig zu werden.
Informationen kommen nicht an
Nicht nur die steigenden Energiepreise, sondern auch die zunehmende Luftverschmutzung, so Kerstin Meyer von der Agora Verkehrswende, machen es gerade fürs Gewerbe immer zwingender, sich mit Elektromobilität zu befassen. Der Thinktank, eine Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation, will gemeinsam mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft die Grundlagen dafür schaffen, dass der Verkehrssektor in Deutschland bis 2045 dekarbonisiert werden kann. Dass dazu gerade im Handwerk noch viele Schritte notwendig sind, ist klar. Wichtig ist heute, "in Kombinationen zu denken", wie auch Fahrradexpertin Havers das formuliert – und die bestehende Flotte nach und nach dort um E-Mobilität zu ergänzen, wo es passt.
Förderprogramme dafür gebe es genügend, sind sich alle Experten einig. Allerdings kommen die Informationen dazu nicht immer bei den Betrieben an. Selbst für ihn, so Carsten Benke, sei es mitunter schwierig, den Überblick zu behalten. Viele Programme gelten nur auf Landes- oder sogar regionaler Ebene und/oder haben zu kurze Laufzeiten. Und was auch noch fehle, seien Unterstützungsangebote in Form von geförderten Beratungsangeboten, die sowohl Mobilitäts- wie auch Energieaspekte integrieren.
Fördermöglichkeiten Elektromobilität
"Umweltbonus + Innovationsprämie"
Auch gewerbliche Nutzer von rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen erhalten im Jahr 2022 weiterhin über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) bis zu 9.000 Euro Förderung; davon übernimmt der Bund 6.000 Euro. Plug-in-Hybride werden mit maximal 6.750 Euro bezuschusst, der staatliche Anteil liegt hier vorerst weiter bei 4.500 Euro. Ab 2023 gibt es ein neues Förderdesign. Antragstellung: www.bafa.de
Kredit und Klimazuschuss der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
Zusätzlich zur BAFA-Förderung gibt es über die KfW zinsgünstige Kredite und einen nichtrückzahlbaren Klimazuschuss von aktuell 3 Prozent des Kreditbetrages. Antragstellung: www.kfw.de
EU-Richtlinie "Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur (KsNI)"
Mitte letzten Jahres hat die EU die neue Förderrichtlinie für Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben genehmigt. U.a. werden klimafreundliche Nutzfahrzeuge der Fahrzeugklassen N1-N3 werden mit einem Zuschuss in Höhe von 80 Prozent der Investitionsmehrausgaben im Vergleich zu einem konventionellen Dieselfahrzeug gefördert. Außerdem gibt es Zuschüsse für Ladeinfrastruktur. Infos: www.klimafreundliche-nutzfahrzeuge.de. Die Antragstellung erfolgt über das Bundesamt für Güterverkehr.
Förderdatenbank des Bundes
Weitere Fördermöglichkeiten finden Interessierte auf der Förderdatenbank des Bundes die bei der Eingabe der Suchbegriffe "Elektromobilität" und "Unternehmen" immerhin 58 Treffer ausweist, darunter auch diverse Landesprogramme.
Übersicht: www.foerderdatenbank.de
Übersicht Lastenrad-Förderung
Die einzige überregionale Förderung für gewerbliche E-Lastenräder und E-Anhänger mit Pedelec25-Antrieb gibt es derzeit ebenfalls über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: www.bafa.de. Eine Übersicht über regionale Programme hat die Agentur "Cargobike.jetzt" zusammengestellt: www.cargobike.jetzt.