Vorsicht beim Ausmisten von Steuerbelegen: Wenn Sie Ordnung in die Steuerunterlagen bringen wollen, sollten Sie die aktuellen Aufbewahrungsfristen beachten. Viele Quittungen und Rechnungen sollten Sie nicht vorschnell wegwerfen. Eine Checkliste gibt Überblick.

Kennen Sie dieses Problem auch? Geschäftsunterlagen und Steuerbelege in Papierform aus grauer Vorzeit nehmen viel Platz weg, der eigentlich besser genutzt werden könnte. Was läge da näher, als diese Unterlagen postwendend zu entsorgen?
Entscheiden Sie sich für diesen Schritt, müssen Sie erst einmal ein wenig nachrechnen. Denn das Finanzamt erwartet, dass Sie steuerliche relevante Belege und Unterlagen zwischen sechs und zehn Jahren aufbewahren. Halten Sie sich nicht an die Spielregeln des Finanzamts zur Aufbewahrungspflicht, drohen bei Betriebsprüfungen möglicherweise Schätzungen und damit Steuernachzahlungen.
>>> Eine ausführliche Liste, für welche Steuerunterlagen die zehnjährige bzw. die sechsjährige Aufbewahrungspflicht gilt, finden Sie in einem Download am Ende dieses Praxisbeitrags.
Strengere Steuerregeln für die elektronische Registrierkasse
Handwerksbetriebe, die eine elektronische Registrierkasse oder eine PC-Kasse verwenden, müssen strenge Steuerregeln beachten. Um Manipulationen zu verhindern, wurden spezielle elektronische Aufzeichnungen und eine unangekündigte Kassen-Nachschau des Finanzamts eingeführt.
Beim Einsatz von elektronischen Registrierkassen sind die Prüfer der Finanzverwaltung seit jeher misstrauisch. Das liegt daran, dass elektronische Registrierkassen durch verschiedene Speicher und Eingabevarianten sehr anfällig für Manipulationen sind und dem Finanzamt dadurch Jahr für Jahr Milliarden Euro an Steuern verloren gehen. Neue Steuerregeln, die in verschiedenen BMF-Schreiben zu finden sind, sollen Manipulationen an Registrierkassen künftig verhindern.
Nach dem "Gesetz zum Schutz von Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen" sind insbesondere folgende Maßnahmen zu beachten:
1. Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) in einem elektronischen Aufzeichnungssystem
Elektronische Aufzeichnungen sind durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen. Die elektronischen Grundaufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht, geordnet und unveränderbar aufzuzeichnen und müssen auf einem Speichermedium gesichert und verfügbar gehalten werden. Die TSE muss innerhalb der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist auswertbar sein.
Praxistipp: Elektronische Registrierkassen, die im Zeitraum vom 26. November 2010 bis zum 31.Dezember 2019 gekauft wurden und nicht mit einer TSE aufrüstbar sind, dürfen letztmalig bis zum 31.Dezember.2022 eingesetzt werden. Gegebenenfalls ist in Ihrem Betrieb also der Kauf einer neuen elektronischen Registrierkasse einzuplanen.
>>> Ausführliche Informationen zur TSE finden Sie im Portal des Bayerischen Landesamts für Steuern.
2. Sanktionen bis zu 25.000 Euro denkbar
Werden Verstöße gegen die neuen Aufzeichnungsbestimmungen entdeckt, drohen empfindliche Sanktionen wie Zuschätzungen zum Gewinn und zum Umsatz. Zudem kann das Finanzamt für Ordnungswidrigkeiten ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro verhängen.
Praxistipp: Ist Ihre elektronische Kasse mit der TSE aufrüstbar, der Hersteller bietet diese allerdings noch nicht an (z. B. cloud-basierte TES), halten Sie schriftlich fest, warum es zu dieser Verzögerung kommt und bewahren Sie diese Unterlagen im Rahmen der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht auf.
3. Kassen-Nachschau soll Manipulationen vorbeugen
Das Finanzamt hat wie bei der Umsatzsteuer- und Lohnsteuer-Nachschau auch für die Kassenführung die Möglichkeit bekommen, unangekündigt vor der Türe zu stehen und eine Kassen-Nachschau durchzuführen. Bisher werden kleine Betriebe im Schnitt nur alle 50 Jahre geprüft. Durch die Kassen-Nachschau werden auch solche Unternehmen regelmäßig Besuch vom Finanzamt bekommen.
Die Kassen-Nachschau droht bei bargeldintensiven Handwerksbetrieben (Bäckerei, Metzgerei, Friseur), selbst wenn diese steuerlich noch nie auffällig wurden. Durch den Überraschungsbesuch soll sichergestellt werden, dass die Kassendaten nicht vorher für das Finanzamt "aufgehübscht" werden.
Muss ich eine elektronische Registrierkasse führen?
Es besteht keine Verpflichtung für Betriebe, eine elektronische Registrierkasse zu führen. Wer jedoch eine elektronische Registrierkasse führt, muss die Vorschriften zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und speziell zur Kassenführung, die hieran geknüpft sind, beachten.
Nutzen Sie keine elektronische Registrierkasse, müssen Sie bei hohen Bargeldumsätzen mit einer kritischen Prüfung des Finanzamts rechnen. Denn auch bei einer offenen Ladenkasse (= Schublade) müssen Sie Aufzeichnungen führen, die den Vorschriften der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung entsprechen. Ohne elektronische Registrierkasse kommt es bei Ungereimtheiten schneller zu Zuschätzungen zum Gewinn und Umsatz als bei Nutzung einer elektronischen Registrierkasse.
Praxistipp: Alle Einzeldaten sind in elektronischer Form aufzubewahren und müssen den Vorschriften (GDPdU) entsprechen. Wenn das Kassensystem dies nicht gewährleisten kann, so ist es auszutauschen. Ein Austausch war spätestens zum 31. Dezember 2016 zwingend vorzunehmen (BMF 26.11.2010, IV A 4 - S 0316/08/10004-07).
Voraussetzungen bei offener Ladenkasse
Damit die Kassenführung in den Augen des Finanzamts steuerlich zulässig ist (im Fachjargon " ordnungsmäßig"), sind bei einer offenen Ladenkasse folgende Aufzeichnungen ein Muss:
- Es ist ein täglicher Kassenbericht zu erstellen.
- Dieser Kassenbericht muss auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt werden.
Viele Prüfer in den Finanzämtern forderten zusätzlich das Führen eines Zählprotokolls, in dem die genaue Stückzahl der vorhandenen Geldscheine und Geldmünzen aufzulisten sind. Ohne dieses Zählprotokoll wurde die Ordnungsmäßigkeit der steuerlichen Kassenführung häufig gekippt und Hinzuschätzungen zum Gewinn und Umsatz vorgenommen.
Bundesfinanzhof stellt klar: Zählprotokoll nicht erforderlich
Doch der Bundesfinanzhof sprang Unternehmern mit offenen Ladenkassen nun zur Seite und stellte klar, dass es für die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung ausreicht, wenn ein täglicher Kassenbericht erstellt wird. Das Führen eines Zählprotokolls ist dagegen nicht zwingend erforderlich (BFH, Beschluss v. 16.12.2016, Az. X B 41/16).
In einem Merkblatt zur Kassenführung schlug die Oberfinanzdirektion Karlsruhe vor, dass ein Zählprotokoll geführt werden sollte. Das Wörtchen "sollte" signalisiert, dass das Führen eines Zählprotokolls bei einer offenen Ladenkasse freiwillig ist. Kostet es Ihnen nicht zu viel Zeit, ein Zählprotokoll anzufertigen, empfiehlt es sich. So nehmen Sie den Prüfern der Finanzämter den Wind aus den Segeln, sollten diese den täglichen Kassenbericht anzweifeln.
Neuer Prüfungsschwerpunkt "Programmierprotokoll"
Bei der Prüfung, ob die Kassenführung den Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit genügt, ziehen die Prüfer der Finanzämter immer häufiger einen neuen Trumpf. Die Rede ist vom fehlenden Programmierprotokoll. Kann der Unternehmer diese Unterlage nicht vorlegen, droht eine Hinzuschätzung zum Umsatz und Gewinn, weil die Kassenführung nicht ordnungsmäßig geführt wurde. Wichtig also: Gibt es ein Programmierprotokoll, ist es aufbewahrungspflichtig.
Typische Aussage des Prüfers: Ich frage mittlerweile bei jeder Kassenprüfung sofort nach dem Programmierprotokoll. Kann dieses nicht vorgelegt werden, steht es 1:0 für mich und mein Mehrergebnis aufgrund von Zuschätzungen ist gesichert. Gegenargumente des Unternehmers und seines Steuerberaters schmettere ich mit dem Hinweis auf ein eindeutiges BFH-Urteil ab. |
Aussage Steuerberater: So mancher Kassenprüfer überbewertet es, wenn ein Unternehmer kein Programmierprotokoll vorlegen kann. Es gibt zwar tatsächlich ein BFH-Urteil, das dem Finanzamt in die Karten spielt. Ich betreue jedoch mehrere Mandanten in der Lebensmittelbranche und stelle fest, dass jeder Prüfer eine andere Vorstellung davon hat, wie ein solches Programmierprotokoll auszusehen hat. Mit anderen Worten: Es ist in keinem Gesetz geregelt, wie ein Programmierprotokoll zu definieren ist. Das ist mein Ansatzpunkt, mich gegen ungerechtfertigte und voreilige Feststellungen des Finanzamts zu wehren. |
Zuerst ist festzuhalten, dass der Bundesfinanzhof Programmierprotokolle als sonstige Organisationsunterlagen nach § 147 Abs. 1 Nr. AO einstuft. Dadurch ergibt sich eine Aufbewahrungspflicht. Werden Programmierprotokolle nicht aufbewahrt, ist das ein formeller Mangel in der Kassenführung und es besteht deshalb keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung von Bareinnahmen (BFH, Urteil v. 25.3.2015, Az. X R 20/13).
Doch in der Urteilsbegründung rudern die Richter ein wenig zurück und zeigen auf, wann trotz fehlender Programmierprotokolle eine Verwerfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung verhindert werden kann. Das Gewicht des Mangels "Fehlen von Programmierprotokollen" tritt zurück, wenn ein Unternehmer detailliert darlegen kann, dass das von ihm verwendete elektronische Kassensystem trotz Programmierbarkeit keine Manipulationsmöglichkeiten bietet.
Praxistipp: Hier muss jedoch mit heftigem Widerstand des Prüfers gerechnet werden. Denn in einem Urteil des Finanzgericht Münster wurde die Aussage getroffen, dass jedes elektronische Kassensystem ausnahmslos manipulierbar ist (FG Münster, Urteil v. 29.3.2017, Az. 7 K 3675/13). In diesem Fall sollte man den Prüfer dezent danach fragen, ob er die Manipulationen nachweisen kann. Wenn nicht, wird er Schwierigkeiten haben, dieses Argument aufrecht zu halten.
Was versteht man eigentlich unter einem Programmierprotokoll?
Eine gesetzliche Definition des Begriffs Programmierprotokoll gibt es nicht. Das Programmierprotokoll soll Informationen darüber geben, welche Änderungen an der Kasse zwischen Auslieferung vom Hersteller und der Inbetriebnahme vorgenommen wurden (sog. Customizing = Anpassung der Software/Einstellungen auf die individuellen Bedürfnisse). In der Literatur gibt es Kommentarmeinungen, nachdem das Programmierprotokoll mindestens folgende Inhalte aufweisen sollte:
- Grundprogrammierung bei Auslieferung durch Hersteller
- Vorgenommene Änderungen an den Kasseneinstellungen und an der Software nach Auslieferung durch Hersteller
- Hinweise zur Softwareversion
Anzahl der eingesetzten Kassen:
- Namen der Bediener der Kassen
- Änderung der Preise und Steuersätze
- Änderungen in Logdateien und Journalen
Praxistipp: Sollten die Protokolle nicht (mehr) auffindbar sein, sollten Sie dem Prüfer die vorgenommenen Änderungen nachträglich zusammenstellen. Das ist oft einfach, weil die Änderungen durch einen IT-Spezialisten oder durch den Hersteller vorgenommen werden und dieser nachweisen kann, was genau geändert wurde. Schalten Sie also nicht komplett auf stur, sondern liefern Sie dem Prüfer des Finanzamts die gewünschten Informationen. Da nirgends definiert ist, wie solche Programmierprotokolle auszusehen haben, nehmen Sie ihm den Wind aus den Segeln.
Welche Besonderheiten gibt es außerdem bei den Aufbewahrungspflichten im Jahr 2022?
1. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten durch das Mindestlohngesetz
Damit die Einhaltung der Vorgaben zum Mindestlohngesetz überprüft werden kann, müssen Arbeitgeber Aufzeichnungen zur täglichen Arbeitszeit führen. Aufzuzeichnen sind
- Datum
- Arbeitsbeginn
- Dauer der Arbeitszeit
- Ende der Arbeitszeit
Diese notwendigen Aufzeichnungen müssen spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages erfolgen. Zur Überprüfung müssen diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden.
Praxistipp: Aufzeichnungspflichten gelten auch für Minijobber. Die Aufzeichnungspflichten sind auch für beschäftigte Minijobber zu führen. Diese dürfen bei einem Monatsgehalt von 450 Euro nur noch so viele Stunden im Monat arbeiten, dass die Mindestlohnvoraussetzungen erfüllt werden. |
Werden die Aufzeichnungspflichten nicht umgesetzt, kann der Zoll, der für die Überwachung des Mindestlohns verantwortlich ist, ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro festsetzen.
2. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten für digitale Belege
Was Selbstständige steuerlich aufbewahren müssen, wie lange und in welcher Form, verrät ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (Az.: IV A 4 – S 0316/13/10003). Für Zeiträume ab dem 1. Januar 2020 wurde dieses Schreiben aus dem Jahr 2021 durch ein neues BMF-Schreiben ersetzt (BMF, Schreiben v. 28.11.2019, Az. IV A 4 - S 0316/19/10003 :001).
Die Besonderheit: Sie bekommen nun erstmals Vorgaben für die elektronische Buchführung. Das Schreiben enthält auch wichtige Aussagen zum Datenzugriff des Finanzamts bei Prüfungen.
So berechnen Sie die Aufbewahrungsdauer
Müssen Sie Belege zehn Jahre aufbewahren, ist es leider mit dem Zeitpunkt der Entsorgung nicht ganz so einfach. Sie können die betreffenden Unterlagen und Quittungen aus 2011 also nicht automatisch mit Ablauf der Jahres 2021 wegwerfen. Es gilt nämlich folgender Grundsatz:
Grundsatz: Die zehnjährige Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzten Eintragungen in die Buchhaltung gemacht wurden bzw. am Schluss des Jahres, in dem das Inventar, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt wurde. |
Beispiel: Der Jahresabschluss des Jahres 2010 wurde im August 2011 erstellt und beim Finanzamt eingereicht. In diesem Fall sieht die Berechnung für die zehnjährige Aufbewahrungspflicht wie folgt aus:
- Beginn der Aufbewahrungsfrist: 31. Dezember 2011
- Aufbewahrungsverpflichtung: zehn Jahre
- Erlaubte Entsorgung der Unterlagen ab: 1. Januar 2022
Zehnjahresfrist verlängert sich bei laufenden Prüfungen
Ist die zehnjährige Aufbewahrungspflicht abgelaufen, dürfen Sie die Unterlagen jedoch nur dann wegwerfen, wenn die Unterlagen nicht mehr für steuerliche Zwecke von Bedeutung sind. Läuft also gerade eine Betriebsprüfung, eine Umsatzsteuer- oder Lohnsteuerprüfung, in der die Unterlagen alter Jahre noch von Bedeutung sind, müssen diese auch über den Zehnjahreszeitraum hinaus aufbewahrt werden.
Auch in folgenden Situationen dürfen Sie trotz Ablauf der Aufbewahrungsfrist die steuerlich relevanten Belege nicht entsorgen:
- Es sind steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen für die betreffenden Jahre anhängig.
- Es ist ein Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren für die betreffenden Jahre anhängig.
Zehnjahresfrist kann auch für private Bankbelege gelten
Wird ein privates Konto auch zur Verbuchung betrieblicher Einnahmen verwendet, wird es nach Ansicht des Finanzamts zu einem betrieblichen Konto, für das die Aufbewahrungspflichten nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AO gelten. Zehn Jahre sind solche Konten danach aufzubewahren.
Das musste ein Kläger vor dem Finanzgericht Saarland schmerzlich feststellen. Da er seine vermeintlichen Privatkonten nicht mehr vorlegen konnte, schätzte das Finanzamt Umsätze und Gewinn hinzu. Das Finanzgericht billigte diese Sanktion, weil der Unternehmer seine Aufzeichnungspflichten verletzt hat (FG Saarland, Urteil, Az. 1 K 141/01).
Typisches Beispiel: Ein Steuerzahler hat eine Photovoltaikanlage. Für die Stromlieferung erzielt er Einnahmen. Da er nicht wusste, dass ihn das Finanzamt diesbezüglich als Gewerbetreibenden einstuft, hat er kein extra Konto eröffnet, sondern hat die Einnahmen auf sein Privatkonto fließen lassen. In diesem Fall kann das Finanzamt sämtliche Bankbelege des privaten Kontos einsehen – und das innerhalb der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist.
Bilanzierende Betriebe: Rückstellung für Kosten der Belegarchivierung
Nach § 257 Handelsgesetzbuch (HGB) und § 147 Abgabenordnung (AO) sind bilanzierende Unternehmer sogar zu Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung für Archivierungskosten innerhalb der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht von Rechnungen verpflichtet (BFH, Az. VIII R 30/01). Über die Höhe der Rückstellungen wird jedoch heiß diskutiert. Innerhalb der Finanzverwaltung wird die folgende Ermittlung der Rückstellung favorisiert:
- In die Rückstellung einbezogene Kosten für die Entsorgung der aufzubewahrenden Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht sind nicht zulässig.
- Von den kalkulierten Mieten oder Abschreibungen für Lagerräume muss ein Abschlag vorgenommen werden (grundsätzlich 20 Prozent).
- Die verbleibenden jährlichen Kosten dürfen nicht auf zehn Jahre hochgerechnet werden, sondern nur multipliziert mit einem Faktor von 5,5.
Typische Kosten, die in die Rückstellung einbezogen werden können, sind unter anderem:
- Kosten für Einlagerung der steuerlichen Unterlagen
- Kosten für Raum (Strom, Heizung, Reinigung, Miete, Hausmeister, Abschreibung, Schuldzinsen etc.)
- Abschreibung für Regale & Co.
Wichtig: Belege auf Thermopapier kopieren oder scannen
Der Gesetzgeber legte fest, dass Rechnungen nicht nur während der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht archiviert werden müssen. Sie müssen vielmehr "leserlich" aufbewahrt werden. Für Eingangsrechnungen, die Jahre später bei Umsatzsteuersonder- oder Betriebsprüfungen verblasst und deswegen nicht mehr leserlich sind, verliert ein Unternehmer seinen Vorsteuerabzug und schlimmstenfalls wird auch der Betriebsausgabenabzug versagt.
Praxistipp: Aus diesem Grund sollten insbesondere für Rechnungen und Verträge auf Thermopapier sicherheitshalber Kopien oder Scans erstellt und aufbewahrt werden. Wer sich die Mühe nicht machen möchte, sollte beim Tanken alternativ stets mit EC- oder Kreditkarte bezahlen. So können bei verblassten Rechnungen wenigstens die Betriebsausgaben abgezogen werden. Bei Vorsteuerabzug entscheidet das Finanzamt je nach Einzelfall, ob diese trotz nicht leserlicher Rechnung gewährt wird.
Was tun, wenn Belege verloren gegangen sind?
Haben Sie für bestimmte Zeiträume Belege verloren und das Finanzamt verlangt deren Herausgabe, haben Sie grundsätzlich ein Nachweisproblem, dass zu Gewinnzuschätzungen durch das Finanzamt führen kann. Das gilt jedoch nicht automatisch. Je nachdem, warum der jeweilige Beleg nicht mehr vorgelegt werden kann, gibt es nämlich verschiedene Ansatzpunkte für Unternehmer, um mit gezielten Argumenten steuerliche Nachteile zu vermeiden oder zumindest zu minimieren.
1. Belege nicht mehr auffindbar
Ist ein Beleg spurlos verschwunden, hilft als erster Nachweis für den Aufwand der Bankbeleg. Ist der Prüfer damit noch nicht zufrieden, sollten Sie den Rechnungsaussteller um eine Kopie des Belegs bitten. Kann der Beleg nachträglich nicht mehr beschafft werden, können Sie es mit einem "Eigenbeleg" versuchen.
Notieren Sie dazu auf einem Blatt Papier mit der Überschrift Eigenbeleg, wodurch die Kosten entstanden sind. Bestenfalls lassen Sie Zeugen, die sich an die damalige Ausgabe noch erinnern können, auch unterschreiben. In diesem Fall wird das Finanzamt wenigsten die Betriebsausgaben zum Abzug zulassen. Ein Vorsteuerabzug ist ohne Rechnung jedoch nicht mehr zulässig.
Ausnahme: Handelt es sich bei der fehlenden Rechnung jedoch um eine Rechnung nach § 13b UStG, also um eine Nettorechnung, für die Sie die Umsatzsteuer des Rechnungsausstellers abgeführt und die Vorsteuer in gleicher Höhe geltend gemacht haben, bleibt Ihnen auch ohne Rechnung der Vorsteuerabzug erhalten.
2. Beleg durch Hochwasser vernichtet
Bei jeder größeren Hochwasserkatastrophe oder bei verheerenden Stürmen, drückt die Finanzverwaltung beide Augen zu. Wurden bei solchen Naturkatastrophen steuerlich relevante Belege vernichtet, sollen Steuerzahler dadurch nicht schlechter gestellt werden als alle anderen Unternehmer.
Im Klartext bedeutet das: Fielen ganze Ordner einem solchen Hochwasser oder Sturm zum Opfer, darf das Finanzamt grundsätzlich keine Zuschätzungen vornehmen und muss auch den Vorsteuerabzug ohne Belege gewähren.
Praxistipp: Hier ist es jedoch empfehlenswert, das Finanzamt zeitnah über den Verlust der Unterlagen aufgrund einer Naturkatastrophe zu informieren. Es ist wenig glaubwürdig, wenn einem Prüfer erst bei einer Jahre später stattfindenden Prüfung von dem Verlust der Unterlagen berichtet wird.
Aufbewahrungspflicht: Was gilt bei papierlosen Aufzeichnungen?
1. Speicherung und Verfilmung von Unterlagen
Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz sowie der Zollunterlagen, die wegen ihrer Bedeutung für die steuerliche Gewinn- und Vermögensermittlung stets im Original aufzubewahren sind, können alle übrigen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen auf einem Bildträger (z. B. Fotokopien, Mikrokopien) oder anderen Datenträgern (z. B. Lochkarten bzw. -streifen, Magnetbändern bzw. -platten) aufbewahrt werden (für die Verfilmung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen vgl. BMF v. 1.2.1984, IV A 7 - S 0318 - 1/84, BStBl I 1984, 155).
Hiernach hat der Aufbewahrungspflichtige insbesondere durch geeignete Sicherungsmaßnahmen Sorge zu tragen, dass die Speicherung oder Verfilmung geordnet und vollständig erfolgt. Unvollständige Aufbewahrung hat zur Konsequenz, dass der Buchführung die Ordnungsmäßigkeit zu versagen ist.
Praxistipp: Was Selbstständige steuerlich aufbewahren müssen, wie lange und in welcher Form, verrät ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (Az.: IV A 4 – S 0316/13/10003). Die Besonderheit: Sie bekommen nun erstmals Vorgaben für die elektronische Buchführung. Das Schreiben enthält auch wichtige Aussagen zum Datenzugriff des Finanzamts bei Prüfungen.
2. Digitale Aufbewahrungspflichten
Wird die Buchhaltung mittels EDV geführt, sind folgende Besonderheiten zu beachten:
Steuerliche Pflichten | Bemerkungen |
Die elektronisch gespeicherten Buchhaltungsdaten müssen sofort verfügbar und lesbar sein. | Speicherung auf Festplatten, CD-ROM, Magnetbändern oder optischen Platten |
Bei Buchführung mittels EDV gelten die Vorschriften der "ordnungsmäßigen Speicherbuchführung" (GoBS) | BMF, Schreiben, Az. IV A 4 – S 0316/13/10003 |
Die elektronisch gespeicherten Daten müssen maschinell ausgewertet werden können. Dazu müssen im Unternehmen entsprechende computerlesbare Datenbanken vorhanden sein. | Fotokopien, Mikrofilm reichen nicht mehr aus |
Praxistipp: Aufzubewahren sind im Rahmen der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht nicht nur Rechnungen und Belege, sondern auch die aussortierten Kassen bzw. die Kassenspeicher. Es muss innerhalb der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht auch gewährleistet werden, dass auf stillgelegte Software und Buchhaltungsprogramme zugegriffen werden kann.
Wann gilt die Aufbewahrungspflicht als verletzt?
Die Verletzung der Aufbewahrungspflicht durch Vernichtung oder Verlust der Unterlagen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist hat, wie die Verletzung der Buchführungspflicht selbst, zur Folge, dass die Buchführung nicht als ordnungsmäßig anerkannt werden kann. Der steuerliche Zweck der Buchführung, also die Schaffung von Kontrollunterlagen, ist dann nicht erreicht worden.
Die Verletzung der Aufbewahrungspflicht kann unter Umständen als Vorbereitungshandlung für den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370) den Tatbestand der Steuergefährdung (§ 379) erfüllen. Die vorzeitige Vernichtung der Buchführungsunterlagen kann unter Umständen als Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB) geahndet werden und stellt im Fall der Insolvenz ein Vergehen dar (§§ 283, 283b StGB).
Rückstellung für GDPdU-Aufwand: Was ist zulässig?
Bei einer Außenprüfung hat der Prüfer des Finanzamts das Recht, die Buchführungsdaten Ihres Unternehmens digital zu prüfen. Die Kosten für diesen Zugriff muss Ihr Unternehmen tragen. Die Oberfinanzdirektion Münster wies darauf hin, dass dafür neuerdings Rückstellungen zulässig sind.
Das Finanzamt hat nach § 147 Abs. 6 Abgabenordnung mehrere Möglichkeiten des digitalen Datenzugriffs. Der Prüfer kann Ihr Unternehmen dazu auffordern, ihm einen direkten Zugriff auf Ihr Buchführungssystem zu ermöglichen. Daneben kann er auch verlangen, dass Sie die Buchführungsdaten nach seinen Vorgaben maschinell auswerten oder dass Sie ihm einen maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung stellen. Egal welche Form des Datenzugriffs der Prüfer letztendlich wählt, Ihr Unternehmen hat stets die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen, kurz GDPdU, zu beachten.
Alle drei Varianten des digitalen Datenzugriffs haben zudem gemeinsam, dass Ihnen entweder in der Vorhaltung veralteter Buchhaltungssysteme oder wegen der Wiederlesbarmachung der digitalen Daten Kosten entstehen. Für diese ungewissen Kosten darf Ihr Unternehmen eine gewinnmindernde Rückstellung in der Bilanz ausweisen.
Welche Aufbewahrungspflichten haben Privatleute?
Privatleute müssen ihre Steuerbelege bisher grundsätzlich nur solange aufbewahren, bis nach Erhalt des Steuerbescheids die einmonatige Einspruchsfrist abgelaufen war. Danach dürfen die Steuerunterlagen weggeworfen werden. Doch kein Grundsatz ohne Ausnahme: Erzielt ein Steuerzahler aus Überschusseinkünften positive Einkünfte von mehr als 500.000 Euro im Jahr, ist Folgendes zu beachten:
- Steuerliche Aufzeichnungen, Belege und Unterlagen sind nach § 147a AO sechs Jahre lang aufzubewahren.
- Privatleute müssen bei Einkünften von mehr als 500.000 Euro ohne besonderen Anlass damit rechnen, dass das Finanzamt die Angaben in ihrer Steuererklärung im Rahmen einer Außenprüfung checkt.
Entscheidend für die Überschreitung der 500.000-Euro-Einkunftsgrenze sind übrigens nur die positiven Einkünfte. Negative Einkünfte werden bei der Festlegung der Aufbewahrungspflicht ausgeklammert. Leistet ein Steuerzahler Spenden, gilt Folgendes:
- Steuerzahler müssen mit ihrer Einkommensteuererklärung keine Belege mehr einreichen. Die steuerlichen relevanten Belege müssen nur vorgehalten werden.
- Spendenquittungen müssen nach Erhalt des betreffenden Steuerbescheids für ein Jahr aufbewahrt werden.
- Freiwillige Aufbewahrung privater Steuerbelege
- Es kann durchaus auch Sinn machen, Steuerbelege aufzubewahren, wenn keine steuerliche Verpflichtung dazu besteht. Und zwar immer dann, wenn es sich um Belege zu Dauersachverhalten handelt. Beispiel: Sie kaufen einen Schreibtisch für das Homeoffice für 1.500 Euro, den Sie auf fünf Jahre verteilt absetzen. Hier sollte der Beleg über den Kauf erst entsorgt werden, wenn das Finanzamt die steuermindernde Abschreibung im fünften Jahr anerkannt hat.
Diese Urteile, Verwaltungsanweisungen und Fundstellen sollten Sie kennen
Stichwort | Fundstelle |
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Aufbewahrung eines elektronischen Bankauszugs | OFD München, Schreiben v. 6.8.2004, S 0317 - 34 St 324 |
Aufbewahrung von Rechnungen (Handwerkerrechnung im Privathaushalt) | § 14b, § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG |
Aufbewahrungsfristen/-pflichten | § 257 HGB; § 147 AO |
Aufzeichnungspflichten | §§ 140 ff. AO |
Berechnung der Rückstellung für Archivierungskosten | FG Niedersachsen, Urteil v. 21.1.2009, 3 K 12371/07 |
Bildung einer Rückstellung für Aufbewahrungskosten von betrieblichen Unterlagen | BFH, Urteil v. 19.8.2002, VIII R 30/01; Senatsverwaltung für Finanzen Berlin v. 13.9.2006, III A - S 2175 - 1/06; H 5.7 Abs. 3 EStH 2006 |
Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen | BMF, Schreiben v. 19.6.2018, Az. IV A 4 - S 0316/13/10005 :053 |
Kassen-Nachschau ab 2018 – Rechte und Pflichten | BMF, Schreiben v. 29.5.2018, Az. Z IV A 4 - S 0316/13/10005 :054 |
Rückstellung für GDPdU-Aufwand zulässig | OFD Münster, Kurzinfo Einkommensteuer v. 15.4.2010, Nr. 6/2010 |
Lohnsteuerabzug - Aufzeichnungspflichten | § 41 Abs. 1 EStG |
Rückstellung für die Verpflichtung gem. § 257 HGB und § 147 AO zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen | BFH, Urteil v. 19.8.2002, VIII R 30/01 |
Umsatzsteuerliche Aufzeichnungspflichten | § 22 UStG |
Zulässigkeit einer nachträglichen Berücksichtigung einer Rückstellung für die Kosten zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen | FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.8.2007, 6 K 8269/04 B |
Antworten auf Fragen zur Aufbewahrungsverpflichtung elektronischer Belege
Frage 1: Was muss ich steuerlich alles aufbewahren, damit der Prüfer des Finanzamts keine Zuschätzungen zum Gewinn und Umsatz vornehmen kann?
Es sind alle Unterlagen aufzubewahren, die zum Verständnis und zur Überprüfung für die Besteuerung von Bedeutung sind. Neben Ein- und Ausgangsrechnungen und Verträgen sind das auch folgende Unterlagen: Branchennotwendige Aufzeichnungen, steuerlich relevante Geschäftsbriefe, E-Mails und Kostenstellen, beispielsweise zur Bewertung von Gegenständen, Rückstellungen oder von Verrechnungspreisen mit verbundenen Unternehmen im Ausland.
Faustformel: Bewahren Sie alle Unterlagen auf, aus denen sich steuerliche Folgen ableiten lassen, stehen Sie in Sachen ordnungsmäßiger Buchführung auf der sicheren Seite. |
Frage 2: Sind Verwaltungsanweisungen für mich bindend? Mich interessieren nur Gesetze.
Die Vorgaben zur ordnungsmäßigen Buchführung sind zwingend einzuhalten. Es handelt sich nur um Klarstellungen zu den gesetzlich vorgeschriebenen Buchführungsregeln (§ 238 ff. HGB; § 145 bis 147 AO).
Frage 3: Bin ich auch für Verfehlungen bei den Aufzeichnungen zur Buchführung verantwortlich, wenn ich die Buchhaltung an einen Steuerberater oder an einen Bilanzbuchhalter ausgelagert habe?
Ja. Das Bundesfinanzministerium hat in Randziffer 21 des Info-Schreibens vom 14. November 2014 klargestellt, dass für die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen alleine der selbständige Handwerker verantwortlich ist. Die Sanktionen bei Mängeln treffen also immer Sie.
Frage 4: Welche Grundsätze zur Buchhaltung muss ich bei meiner EDV-Buchführung grob beachten?
Neben den Grundsätzen zur Nachvollziehbarkeit und zur Wahrheit erwartet die Finanzverwaltung bei einer nicht zu beanstandenden elektronischen Buchführung die Einhaltung folgender Mindestanforderungen:
- Vollständigkeit,
- Richtigkeit,
- zeitgerechte Buchungen und Aufzeichnungen,
- Ordnung und
- Unveränderbarkeit.
Diese Grundsätze müssen während der gesamten Dauer der sechs- beziehungsweise zehnjährigen Aufbewahrungspflicht nachweisbar erfüllt und erhalten werden.
Frage 5: Was bedeutet der Grundsatz der zeitgerechten Buchungen und Aufzeichnungen in der Praxis?
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung müssen die Geschäftsvorfälle laufend gebucht werden. Es widerspricht dem Wesen der kaufmännischen Buchführung, sich zunächst auf die Sammlung von Belegen zu beschränken und erst nach langer Zeit damit zu beginnen, diese Belege in die Buchhaltung einzuspielen. Wenn Sie sich nun dabei ertappen, dass Sie nicht zeitnah buchen, ist das steuerlich kein Problem, solange sich keine Beanstandungen oder Zweifel des Finanzamts ergeben. Bei zahlreichen Beanstandungen können nicht zeitnahe Buchungen das Zünglein an der Waage sein und zu Zuschätzungen führen.
Wichtig: Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO täglich festgehalten werden. Wer eine elektronische Kasse einsetzt, sollte sich an diesen Grundsatz zwingend halten. |
Frage 6: Was ist unter der Unveränderbarkeit der Buchführung zu verstehen?
Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht mehr in einer Weise verändert werden, so dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist.
Mit anderen Worten: Verwenden Sie ein Warenwirtschaftssystem und verändern nachträglich Ausgangsrechnungen oder vorgenommene Buchungen, muss das zwingend protokolliert werden. Andernfalls können Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit zu Ihren Lasten verwendet werden.
Frage 7: Ich nutze seit Jahren dasselbe EDV-Buchhaltungssystem, möchte aber in naher Zukunft auf ein besseres Buchführungssystem umsteigen. Muss ich für das alte System weiterhin Lizenzen bezahlen, damit die Aufzeichnungen noch lesbar gemacht werden können?
Ja. Es ist tatsächlich so, dass die elektronische Buchhaltung für die gesamte steuerliche Aufbewahrungsfrist lesbar vorgehalten werden muss. Hier kann es durchaus vorkommen, dass trotz Stilllegung eines Buchhaltungssystems weiterhin Kosten für dieses EDV-Buchhaltungssystem entstehen.
Frage 8: Ich habe bei einem Hochwasser sämtliche aufbewahrungspflichtigen Belege – sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form – verloren. Muss ich mit Sanktionen rechnen?
Verlieren Sie Ihre Buchhaltungsbelege durch ein Hochwasser, durch einen Brand oder durch eine andere Naturkatastrophe, gibt es meist Verwaltungsanweisungen, nach denen Sie nicht schlechter gestellt werden sollen als Unternehmer mit Belegen. Damit Ihre Aussage zum Verlust der Buchhaltungsaufzeichnungen glaubhaft wirkt, sollten Sie den Verlust nicht erst dann beim Finanzamt anzeigen, wenn sich ein Prüfer anmeldet. Die Verlustmeldung muss umgehend erfolgen.
Frage 9: Was muss ich bei der Kontierung elektronischer Belege beachten?
In der Praxis geht der Trend verstärkt hin zu elektronischen Rechnungen in der Buchhaltung. Doch konnte man früher auf der Papierrechnung mit einem Stempel oder per Hand Kontierungsvermerke anbringen, ist das bei elektronischen Belegen nicht möglich. Was tun?
Erhält ein Handwerksbetrieb eine elektronische Rechnung, muss er den Originalzustand dieses Dokuments während der steuerlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit wieder lesbar machen können. Werden auf dem digitalen Originalbeleg oder für diesen Beleg Kontierungsvermerke angebracht beziehungsweise in einer extra Datei festgehalten, muss das Original ohne Vermerk, das Dokument beziehungsweise der Datensatz mit Kontierungsvermerken und ein Protokoll mit Bearbeitungsvorgängen zusammen in einer Datei aufbewahrt werden (Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung v. 20.1.2017, Az. S 0316.1.1-5/3 St 42).
Verfahrensdokumentation für das Finanzamt ist ein Muss
Wie digitale Belege in der Buchhaltung wirksam aufbewahrt werden müssen, damit die Buchführung in den Augen des Finanzamts steuerlich besteht, kann einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums mit den "Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" entnommen werden (BMF, Schreiben v. 14.11.2014 für Zeiträume bis 31. Dezember 2019 und BMF-Schreiben v. 28.11.2019 für Zeiträume ab 2020).
Zu Kontierungsvermerken für digitale Rechnungen hat das Bayerische Landesamt insbesondere folgende Voraussetzungen einzuhalten:
- Es muss aus dieser Verfahrensdokumentation ersichtlich sein, wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.
- Zur Erfüllung der Belegfunktion sind Kontierungsvermerke, der Ablageort und das Buchungsdatum zwingend erforderlich.
- Wer in naher Zukunft auf ein papierloses Rechnungswesen wechseln möchte, sollte im Vorfeld unbedingt das Gespräch mit seinem Steuerberater suchen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Buchhaltung auch künftig den steuerlichen Anforderungen genügt.
Wie stellt man am besten auf elektronische Rechnungen um?
14 von der Universität Kassel und der DATEV simulierte Gerichtsverfahren zur Beweislast von digitalen Belegen Ende Oktober 2013 verdeutlichen, dass elektronisch archivierte Belege beweiskräftig sind. Entscheidend für die steuerliche Anerkennung eingescannter Belege ist die Vor- und Nachbereitung, also die Maßnahmen, mit denen eine Manipulation der Buchhaltungsbelege ausgeschlossen werden kann. Hier die wichtigsten Infos zur elektronischen Archivierung aus steuerlicher Sicht:
Die wichtigste Erkenntnis dieser simulierten Prozesse ist, dass kein Unterschied gemacht wird, ob einem Prüfer des Finanzamts das Original einer Rechnung, eine Kopie oder ein Scan zur Sicherung des Betriebsausgaben- oder Vorsteuerabzugs vorgelegt wird. Das A und O ist dabei nur, dass Manipulationen vor und nach dem Scanvorgang so gut wie ausgeschlossen sind.
Praxistipp: Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein Dateiformat entwickelt, das Unternehmern hilft, elektronische Rechnung auszutauschen. Es handelt sich um das Dateiformat ZUGFerD.
Welche Vorteile bringt die digitale Archivierung?
Viele Unternehmen dürften sich nun fragen, welche Vorteile das Einscannen von erhaltenen Buchhaltungsbelegen oder das Verschicken von digitalen Rechnungen eigentlich bringt. Hier die wichtigsten Vorteile im Überblick:
- Durch das Scannen von Eingangsrechnungen und die Vernichtung der Original-Papierbelege werden keine zusätzlichen Räumlichkeiten zur Aufbewahrung mehr benötigt.
- Ersparnis folgender Kosten beim Versand elektronischer Rechnungen: Kosten für Papier und Toner sowie Portokosten.
Praxistipp: Archivieren Sie erhaltene und versandte Belege nicht mehr in Papierform, sondern digital, denkt das Finanzamt sofort einen Schritt weiter und überprüft die von Ihnen gebildete Rückstellung für Archivierungskosten. Der Großteil der Rückstellung setzt sich normalerweise aus den Mieten für die Räume zusammen, in der die Buchhaltungsunterlagen aufbewahrt werden. Steigen Sie auf die digitale Archivierung um, müssen Sie die Rückstellung deshalb nach einem neuen Schlüsseln berechnen.
>>> Eine Liste mit allen Unterlagen, die Sie 2022 entsorgen können, finden Sie hier.>>>