Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer möchte den Radverkehr in Deutschland deutlich stärken. Er plant mehr und breitere Radwege und höhere Bußgelder für Falschparker in zweiter Reihe. Allein 2019 sollen 200 Millionen Euro in den Radverkehr fließen. Firmen, die Dienstfahrräder anbieten, können Steuervorteile nutzen – schon jetzt.

Auf dem Weg zur Arbeitsstelle oder zum Kunden kann das Autofahren in der Stadt zum Nervenkrieg werden, wenn sich mal wieder alles staut. Fahrradfahren hält fit und schont die Umwelt. Wer keine allzu langen Strecken zurücklegen oder große Mengen an Material transportieren muss, kann auch die dienstlichen Wege mit dem Rad zurücklegen. Arbeitgeber können das unterstützen, indem sie ihren Mitarbeitern Fahrräder als Dienstfahrzeuge zur Verfügung stellen.
Zusätzlich möchte die Bundesregierung die Motivation vor allem derjenigen erhöhen, die regelmäßig aufs Rad steigen und für die täglichen Wege auf eine gute Infrastruktur angewiesen sind. Denn um nicht wie mit dem Auto im Stau stecken zu bleiben oder ständig an roten Ampeln anhalten zu müssen, soll mehr Geld in den Ausbau der Radschnellwege fließen – der sogenannten Fahrradautobahnen ohne Ampel und Kreuzungsverkehr. Das Bundesverkehrsministerium stellt den Kommunen deshalb nun 25 Millionen Euro für Radschnellwege zur Verfügung, die ab jetzt abgerufen werden können. Nutzen soll das vor allem den Berufspendlern.
Aber nicht nur das: Beim Nationalen Radverkehrskongress in Dresden hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gerade eine ganze Reihe an neuen Maßnahmen angekündigt, um den Radverkehr in Deutschland auszubauen. In diesem Jahr möchte er insgesamt 200 Millionen Euro dafür bereitstellen. Zu den langfristigen Zielen, die erreicht werden sollen, gehören:
- Mehr Neubau und Ausbau der Radwege: Möglichst an allen Bundes- und Wasserstraßen entlang sollen künftig Radwege entstehen. Radwege in Städten sollen künftig nicht mehr abrupt an einer Kreuzung enden und vom Autoverkehr klar abgetrennt sein.
- Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung: Das BMVI plant höhere, wirksame Bußgelder für das unerlaubte Parken auf Schutzstreifen sowie für das Parken in zweiter Reihe.
- Mehr Lastenverkehr mit Lastenrädern: In den Städten sollen mehr Lasten per Lastenrad – vor allem, wenn es um die "letzte Meile" vom Verteilzentrum direkt zum Kunden geht – verteilt werden. 20 Prozent des Lieferverkehrs können laut BMVI per Rad abgewickelt werden.
- Radverkehr vernetzen: Räder sollen in Zukunft einen Sender haben, über den sie mit den Ampeln und Fahrzeugen in der Umgebung kommunizieren können. "Im Idealfall ist dann auf bestimmten Strecken eine grüne Welle für Radfahrer möglich und Autos können Radfahrer nicht mehr übersehen", so das BMVI.
Steuerbefreiung für Dienstfahrräder: Das gilt seit Jahresbeginn 2019
Diese Ziele sind allerdings noch Zukunftsmusik. Wer allerdings auch schon jetzt - ohne Fahrradautobahn und eine vernetzte Verkehrsinfrastruktur - beim täglichen Arbeitsweg auf das Fahrrad setzt, kann dies steuerlich nutzen und die Fahrten ähnlich abrechnen wie ein Autofahrer. Und noch etwas: Befristet bis Ende 2021 gilt seit 2019 für Dienstfahrräder auch dann eine Steuerbefreiung, wenn der Arbeitgeber das Dienstrad "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" zur Verfügung stellt. So steht es in einer Neufassung des Einkommensteuergesetzes (§ 3 Nr. 37 EstG) .
Klingt gut, hat aber einen Haken: Denn nach Angaben des pressedienst-fahrrad bleibt für die meisten der mehr als 250.000 deutschlandweiten Dienstradfahrer diese Steuerfreiheit gar nicht nutzbar. Statt das Rad zusätzlich finanziert zu bekommen – quasi als Bonus zum Gehalt – unterstützen die meisten Chefs ihre Mitarbeiter damit, dass sie eine Form der Gehaltsumwandlung anbieten für die Fahrradfinanzierung. Oftmals ist das auch die Basis von Fahrrad-Leasingmodellen. In dieser Form ist das neue Steuerprivileg allerdings nicht nutzbar. Stattdessen müssen diese beruflichen Radfahrer dann bei der bekannten Versteuerung nach der Ein-Prozent-Regel bleiben.
Geändert hat sich zum Jahreswechsel 2018/2019 aber noch etwas: War es bislang so, dass Dienstfahrräder damit Dienstwagen grundsätzlich gleichgestellt waren, so gelten seit dem Jahresbeginn 2019 für die E-Varianten, also E-Autos und E-Bikes, Unterschiede. Denn es gilt ein neues Steuerprivileg für Dienstwagen mit Elektro- und Hybridantrieb , das aber nicht für die klassischen elektrisch betriebenen Fahrräder greift. Einzig die kleine Gruppe der S-Pedelec-Fahrer (Motorunterstützung bis 45 km/h) profitiert ab 2019.
Die steuerlichen Erleichterungen sehen wie folgt aus: Statt mit einem Prozent des Listenpreises müssen E-Dienstwagen für die Privatnutzung künftig nur noch mit einem halben Prozent als geldwerten Vorteil versteuert werden. Wer statt einem elektrisch betriebenen Dienstwagen ein E-Dienstfahrrad auch für private Fahrten nutzt, muss es aber weiterhin mit einem Prozent versteuern. Einzige Ausnahme: Das E-Bike wird vom Arbeitgeber als Dienstrad zusätzlich zum Arbeitslohn zur Verfügung gestellt. Dann greift die oben genannte Steuerfreiheit. An den Unterschieden hält die Bundesregierung trotz laut gewordener Kritik fest. Das geht einem Bericht von taz.de zufolge aus der Antwort der Bundesregierung auf eine noch unveröffentlichte kleine Anfrage der Grünen hervor.
Kritik am neuen Steuerprivileg, das nicht für E-Bikes gilt
Kritik äußerte deshalb auch der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD), der darin eine unsoziale und unökologische Förderung der Automobilindustrie sieht.
Enttäuscht reagiert auch der Bundesinnungsverband für das Deutsche Zweiradmechaniker-Handwerk . "Das Zweirad-Handwerk bedauert es, dass die Bundesregierung in ihren Plänen für eine saubere Verkehrsinfrastruktur die Chancen, die eine gezielte Förderung des Themas Fahrrad und E-Bike birgt, nicht ausschöpft", sagt Marcus Büttner, Geschäftsführer des Verbands, der schon mehrfach angeregt hatte, das Dienstwagenprivileg für Fahrräder – konventionell und mit elektrisch! – auszuweiten. "Unser Vorschlag basierte bereits auf dem gleichen Grundgedanken, aus dem nun die Pläne für E-Autos und Hybridfahrzeuge resultiert: die steuerliche Förderung des Umstiegs von Arbeitnehmern als Pendler auf umweltschonendere Verkehrsmittel würde Deutschland in der Realisation seiner Klimaziele und der Verbesserung urbaner Lebensräume einen deutlichen Schritt nach vorne bringen", erklärt er.
Gerade das E-Bike könnte vielen Pendlern den Umstieg auf ein umweltfreundlicheres Verkehrsmittel erleichtern, da es Distanzen zu überwinden hilft, die mit dem Fahrrad ohne elektrische Unterstützung nicht für jeden zu bewältigen sind. Gleichzeitig erhöht das E-Bike nach Ansicht von Marcus Büttner die allgemeine Akzeptanz des Fahrrades als vollwertiges Verkehrsmittel für Berufspendler.
Fahrradfahrer, die von der Firma ein Rad zur Verfügung gestellt bekommen und dieses auch privat fahren – egal, ob elektrisch unterstützt oder nicht, können trotzdem steuerlich profitieren. Und das geht so:
Pendlerpauschale fürs Fahrrad
Die Regelungen gelten bereits seit dem Jahr 2012 und stellen Diensträder steuerlich den Dienstwagen in etwa gleich. Vorher mussten die Dienstfahrräder bzw. der geldwerte Vorteil, den der Arbeitgeber damit gewährt, mit dem vollen Einkommenssteuersatz versteuert werden. Gegenüber den Firmenwagen gibt es aber noch weitere Vorteile, denn der Weg zur Arbeit muss nicht mit 0,03 Prozent je Entfernungskilometer zusätzlich versteuert werden. Voraussetzung: Die Räder fahren nicht schneller als 25 Stundenkilometer, was bei einem E-Bikes allerdings durchaus der Fall sein kann.
Ein Rechenbeispiel des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC): Kostet das Fahrrad 1.099 Euro, zahlt der Fahrer auf 1.000 Euro monatlich ein Prozent Einkommensteuer und in der Regel auch die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Der Listenpreis des Fahrrads wird auf volle 100 Euro abgerundet. Berechnungsgrundlage sind also zehn Euro. Bei einem individuellen Steuersatz von 25 Prozent würden etwa 4,50 Euro Lohnsteuer und Sozialabgaben anfallen.
Ein weiterer Pluspunkt des Fahrrades: Zusätzlich kann die Pauschale für den Arbeitsweg von 0,30 Euro je Entfernungskilometer auch mit dem Dienstrad geltend gemacht werden.
Weil für gewöhnlich von den Arbeitgebern Leasing-Modelle für die Beschaffung der Firmenräder genutzt würden, können Mitarbeiter das Rad in der Regel nach Ablauf von drei Jahren gegen einen geringen Restpreis von 10 bis 20 Prozent des Neupreises behalten.
Auch die Fahrradanbieter werben für Firmenräder. Die Vorteile für Unternehmen und Beschäftigte lägen auf der Hand: Räder für den Gebrauch im Unternehmen brauchen weniger Stellfläche als ein Fuhrpark Limousinen so der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Und bei der Überlassung von Rädern an Mitarbeiter zeigt sich schnell: Die Mitarbeiter sind fitter, der Krankenstand gehe nachweislich zurück.
Firmenfahrrad: Gut für Gesundheit und Umwelt
Außerdem ist das Rad wirtschaftlich sinnvoll. Außer einem Fahrradschlauch für zwölf Euro braucht es ja kaum etwas – keine Wartung, kein Benzin. Dazu komme der Umweltaspekt, der sich von den Firmen laut ZIV gewinnbringend für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen lasse.
Vom gängigen Instrument als Lohnanreiz ist das Dienstrad allerdings noch weit entfernt. Wer im neuen Job oder im Rahmen des Jahresgesprächs Verhandlungsspielraum hat, sollte sich davon aber nicht entmutigen lassen. Ein Rad kann eventuell eine gute Alternative für alle sein, die sich privat ein teures Rad kaufen würden und bei der Gehaltsverhandlung keinen Dienstwagen durchgesetzt bekämen.
Da ein Fahrrad verhältnismäßig günstig und daher auch für normale Angestellte eine Möglichkeit ist, können Arbeitgeber, die diese Möglichkeit mit den Aufgaben der Firma vereinbaren können, damit gute Anreize zur Mitarbeitermotivation und zur -bindung schaffen. dhz