Im Haus der Eigenarbeit in München zeigen Handwerker anderen, wie man kaputte Gegenstände repariert, selber Möbel baut, Geschirr herstellt, Elektrotechnik im Haushalt anwendet, schweißt und näht. Das Interesse an der Selbermacher-Werkstatt ist so hoch wie nie.

Laila Trende kam selbst über ihr Interesse am Selbermachen zum Haus der Eigenarbeit (HEi) in München. Anfangs nur privat, weil sie mit Mann und Kind frisch in den Münchener Bezirk Haidhausen gezogen war und Anschluss suchte. Inzwischen auch beruflich. Seit Sommer 2022 leitet sie die Einrichtung, in der handwerkliches Können und dessen Weitergabe im Mittelpunkt stehen. Die heute 33-Jährige ist schon als Kind mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, Dinge zu erhalten, zu reparieren oder es zumindest zu versuchen. Doch Normalität ist das in vielen Familien längst nicht mehr.
Selbstmacher-Werkstatt: Entwurf gegen die Wegwerfmentalität
Klimakrise, Corona-Pandemie, galoppierende Energiepreise und eine steigende Inflation lassen jedoch bei immer mehr Menschen ein Bewusstsein entstehen, dass die Wegwerfmentalität keine Zukunft hat. Das Erhalten von Dingen, der sparsame Umgang mit Ressourcen und auch das Wissen und Können der dafür notwendigen Techniken gewinnen wieder mehr an Bedeutung. Dazu gehört ganz klar Handwerk, Reparieren und Selbermachen. Das Interesse daran wächst – das spüren Laila Trende und ihre Kollegen im HEi täglich. Und das vermitteln sie in den Werkstatträumen, in denen täglich Kurse stattfinden wie "Kleinmöbel restaurieren", "Dübeln statt Grübeln" oder auch eine "Einführung ins Werkzeugschleifen".
Das Haus der Eigenarbeit in München ist einerseits eine Initiative im Verbund der offenen Werkstätten. Das heißt, dass es hier Werkstatträume inklusive Maschinen und Werkzeug gibt, die jeder mieten und nutzen kann, der etwas Handwerkliches vorhat. Andererseits geht es um das Wissen und Können des Handwerks – um das Weitergeben und Erhalten. Deshalb finden in den Werkstätten auch Kurse statt, in denen man den Umgang mit der bereitgestellten Infrastruktur erlernen kann. "Können weiterzugeben, ist die wichtigste Säule des HEi", sagt Laila Trende. Wer hier Kurse anbietet, hat fast immer eine handwerkliche Berufsausbildung, Berufserfahrung und viel Fachwissen. "Das schätzen wir sehr", betont sie.
Selbstmacher-Werkstatt: Hier arbeiten Handwerker
So arbeiten im Haus der Eigenarbeit mehrheitlich Handwerker – meist nicht hauptberuflich, aber dennoch als tragende Säule. Zwar gibt es rund um Laila Trende ein Team aus acht Festangestellten, die die Organisation und Verwaltung des HEi übernehmen. Die Handwerker, die die Kurse geben und Werkstätten betreuen, arbeiten jedoch überwiegend auf Honorarbasis. Sie sind freiberuflich tätig und manches Mal auch ehrenamtlich wie etwa im Repaircafé.
Somit kann sich jeder Handwerker, der eine Idee für einen Kurs hat oder auch sonst mitarbeiten möchte, an das HEi wenden. "Wir freuen uns über jeden und es gibt auch keine Einschränkungen, was die Themen betrifft", sagt Laila Trende und verneint sogleich die Frage danach, ob es bei den Kursen hauptsächlich um Kunsthandwerk geht. "In unseren Werkstätten wird auch geschweißt und mit großen Maschinen gesägt. Ganz neu dabei haben wir Kurse für Elektrotechnik im Haushalt und das kommt gut an", erzählt sie.
Auf die Frage, ob lokale Handwerksbetriebe im Angebot der HEi-Werkstätten eventuell eine Art Konkurrenz sehen, sagt Trende ganz klar: "Ganz im Gegenteil, denn viele sind froh, wenn die Leute wieder mehr Interesse am Selbermachen haben. Dann schätzen sie meist auch das, was Handwerksbetriebe leisten und unterstützen lieber diese statt die großen Konzerne." Gleichzeitig sei es oft so, dass gerade die Arbeiten, die die Leute im HEi lernen, selbst zu übernehmen, die sind, die sich für einen Handwerksbetrieb kaum lohnen und kaum rechnen.
Selbstmacher-Werkstatt: Schulen finden Kontakt zum Handwerk

Zwar werden hier auch das ein oder andere Mal ganze Möbelstücke gebaut, aber genau dieses Selbermachen schafft jenen Bezug zum Handwerk, den viele Menschen verloren haben, wenn sie Massenware der Einrichtungsindustrie konsumieren. So entstehe das Verständnis, wie viel Arbeit und auch Kosten in einem Stuhl stecken können. Neben diesem Verständnis geht es im HEi aber ganz pragmatisch darum, Dinge, die es schon gibt, weiter nutzbar zu halten.
Beide Ansätze prägen das breit gefächerte Publikum durch alle Altersklassen und Schichten. So lassen sich diejenigen, die ins HEI kommen, nicht als Prototyp fassen. "Das ist querbeet von 17-jährigen Schülern bis zu 70-jährigen Rentnern eine bunte Mischung", sagt Laila Trende. Sie empfindet das als sehr bereichernd, denn die Mischung unterstütze auch den Ansatz des gegenseitigen Helfens und des Austauschs von Wissen und Erfahrungen. Was alle aber eint sei das Interesse am Arbeiten mit den Händen und die Freude über ein handfestes Ergebnis.
Im Moment kommt dieses Interesse sehr stark von den Schulen, die Themen rund ums Selbermachen, Reparieren und damit auch handwerkliches Können wieder stärker in den Unterricht integrieren. So organisiert die dafür angestellte Pädagogin Sabrina Schury immer mehr Kooperationen und Schülerprojekte im HEi. "Wenn man es früh im Leben lernt, dass Selbermachen und Reparieren selbstverständlich sind, trägt sich das meist ein Leben lang weiter", sagt Laila Trende und ergänzt, dass diese Projekte auch bei der beruflichen Orientierung der Jugendlichen helfen.
Haus der Eigenarbeit in München
Das Haus der Eigenarbeit (HEi) gibt es an seiner jetzigen Adresse in München Haidhausen seit 1987. Entstanden ist die Idee dahinter aber schon ein paar Jahre zuvor mit einem Konzept zur "Förderung der handwerklichen, sozialen und kulturellen Eigenarbeit". Seit 1995 wird das HEi von der Landeshauptstadt unterstützt. Außerdem stützen die Einnahmen aus Kursen, die Mieten der Werkstätten, die Mitgliedsbeiträge (HEi ist als Verein organisiert) und Spenden das Haus finanziell. Mehr zu diesem Konzept und der Geschichte des HEi können Sie hier nachlesen.>>>