Recyclinglabel, Ökodesign-Richtlinie, Bauprodukteverordnung – derzeit sind eine Menge an Schlagworten in der Diskussion, die alle ein Ziel haben: mehr Kreislaufwirtschaft und eine bessere Rohstoffnutzung. EU und Deutschland planen einiges. Eine Übersicht.

Das Lieferkettengesetz soll zeigen, welchen Weg ein Produkt hinter sich hat, welche Rohstoffe darin stecken und woher sie kommen. Der digitale Produktpass soll den Lebenslauf eines Produkts darstellen – vom Rohstoff bis zum Recycling. Und bald soll auch ein Recyclinglabel zeigen, wie hoch der Anteil an Recyclingrohstoffen in einem Produkt ist und wie gut es im Ganzen recycelt werden kann. Für den Weg zu einer besseren und effizienteren Rohstoffnutzung und der konsequenteren Umsetzung der Kreislaufwirtschaft haben EU und Deutschland in letzter Zeit mehrere Gesetzesinitiativen angestoßen und Pläne verkündet. Im Fokus stehen dabei Transparenz für Verbraucher und damit auch Pflichten für Unternehmen, Hersteller, Weiterverarbeiter und Händler, notwendige Informationen zur Verfügung zu stellen. Doch wie konkret sind die Pläne jeweils? Was ist bereits verabschiedet und was tritt wann in Kraft?
Rohstoffnutzung verbessern: Pläne der EU und Deutschlands
Unterscheiden muss man dabei das, was auf EU-Ebene in der Diskussion steht und dann als Aufgabe zur Umsetzung an die Mitgliedsstaaten geht und das, was auf nationaler Ebene – im Zusammenhang oder unabhängig – geplant ist. Für Letzteres ist oftmals der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ausschlaggebend, denn hier sind nationale Pläne formuliert. Gemeinsam haben die Gesetzesinitiativen, dass sie die sogenannte Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt stellen. Einmal verwendete Rohstoffe sollen möglichst lange im Kreislauf verbleiben, bevor man sie entsorgt. Gemäß der Abfallhierarchie gilt dabei: Vermeidung vor Wiederverwendung vor Recycling vor Verwertung und schließlich vor Entsorgung.
So hat die EU-Kommission erst kürzlich Vorschläge für ein neues Kreislaufwirtschaftspaket vorgelegt und auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat ein dringend nötiges Mehr an Kreislaufwirtschaft angekündigt. Im März gab sie bekannt, dass die Bundesregierung eine entsprechende Strategie auf den Weg bringen werde. Sie soll dafür sorgen, dass Produkte möglichst immer als neue Rohstoffquelle dienen, bevor man sie entsorgt. Damit kommen vor allem auf die Hersteller neue Pflichten zu. Nachrangig betrifft es aber auch diejenigen, die Produkte weiterverarbeiten oder weiterverkaufen. So kommen mit den Ankündigungen auch kritische Anmerkungen mit auf den Plan, dass die Bürokratielasten wachsen, wenn jedes Produkt mit neuen Labels versehen werden muss.
Produktpass legt Rohstoffnutzung dar
Am konkretesten sind die Pläne bislang in Bezug auf den digitalen Produktpass. Dieser soll nach den Plänen der EU-Kommission den individuellen Lebenslauf eines jeden Produktes darstellen – vom Rohstoff bis zum Recycling. Er soll darlegen, was in einem Produkt enthalten ist, welche Verarbeitungsschritte es hinter sich hat und wie es später einmal recycelt oder entsorgt werden kann. Die Vorschläge der EU dazu sind in Deutschland bereits "in Bearbeitung". Das Bundesumweltministerium (BMU) nennt den Produktpass einen "Pass für den ganzen Produktkreislauf" und hat dazu Informationen und eigene Vorstellungen zusammengefasst. Die Angaben, die der Pass enthält, sollen voraussichtlich als eine Art Scoring dargestellt werden. Details zu diesen Plänen können Sie hier nachlesen. Ein Datum, ab wann der Produktpass gelten soll, ist noch nicht festgelegt. Auf EU-Ebene wird derzeit an drei Produktpass-Prototypen gearbeitet.
Gesetzlich verankert sein soll er im Rahmen der sogenannten Ökodesign-Richtlinie für nachhaltige Produkte der EU. Diese soll eine Neufassung – dann in Form einer direkt wirkenden Verordnung – bekommen und gehört zu dem von der EU-Kommission vorgestellten Kreislaufwirtschaftspaket. Dabei bewertet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) das bisherige Vorgehen der EU-Politik kritisch. Denn wesentliche Inhalte der neuen Verordnung sollen erst im Anschluss und außerhalb des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens festgelegt werden, darunter auch der digitale Produktpass.
Ökodesign-Richtlinie: Neue Mindestanforderungen in der Produktgestaltung
Grundsätzlicher Ansatz der Ökodesign-Richtlinie ist, die Folgen für die Umwelt von energieverbrauchsrelevanten Produkten zu reduzieren. Dazu legt sie Mindestanforderungen fest, die bestimmen, wie Produkte gestaltet sein sollten in Bezug auf ihren Energieverbrauch. Demnach müssen Hersteller dokumentieren, welche Materialien ein Produkt enthält und welche Menge an Energie diese verbrauchen. Diese Mindestanforderungen sollen verschärft und neu definiert werden. Das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) setzt die Richtlinie in deutsches Recht um.
"Der Anwendungsbereich der Verordnung soll sich allgemein auf Produkte, ihre Komponenten und Zwischenprodukte erstrecken", erklärt der ZDH die Pläne der neuen Verordnung. Demnach könnten dann auch Handwerksbetriebe grundsätzlich als Hersteller ökodesignpflichtiger Produkte gelten und müssten eine entsprechende Konformitätsbewertung durchführen. Ein Mehraufwand auch für kleine Betriebe würde entstehen, da der Entwurf laut ZDH keine Bagatellgrenze vorsieht, die etwa Unikate oder Kleinserien ausschließt. "Die Anforderungen an die Kommunikation in der Lieferkette sind dabei erheblich", teilt der Zentralverband auf Anfrage der DHZ mit.
Mehr Reparaturen: Potenzial fürs Handwerk
Doch die Ökodesign-Richtlinie setzt auch an einem Punkt an, den das Handwerk durchaus unterstützt: ein Mehr an Reparaturen zu fördern. Denn in Reparaturdienstleistungen steckt laut ZDH ein großes Potenzial für das Handwerk. Mit "den richtigen Rahmenbedingungen" könnte man es besser nutzen. Der ZDH unterstützt damit auch das Ziel der Bundesregierung, Ersatzteile sowie Reparaturinformationen besser verfügbar zu machen. Dies will die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag ebenfalls mit einem "Recht auf Reparatur" erreichen. Die konkrete Ausgestaltung eines "Rechts auf Reparatur" ist dabei derzeit allerdings noch unklar. Wichtig aus Sicht der Betriebe ist jedoch, dass es hierbei Belastungen von Handwerksbetrieben, die Kaufverträge mit Verbrauchern schließen, zu vermeiden gilt.
Zusätzlich zu den rechtlichen Bestimmungen muss dem Handwerk zufolge aber auch die Bereitschaft der Bevölkerung steigen, Reparaturdienstleistungen wieder stärker in Anspruch zu nehmen. "Regelungen zum Vorhalten von Ersatzteilen oder zur Bereitstellung von Schaltplänen bringen nichts, wenn sich die Verbraucherinnen und Verbraucher aus unterschiedlichen Gründen für einen Neuerwerb statt für die Reparatur entscheiden", so der ZDH. Gründe dafür könnten wirtschaftliche Erwägungen sein, wenn etwa die Dienstleistung teurer ist als der Neukauf, oder persönliche Präferenzen – geleitet von bloßen Trends. Ein Recht auf Reparatur ist aber dennoch das Anliegen vieler Handwerksbetriebe, um einen derartigen Wandel überhaupt erst anzustoßen. Wie es mit der Umsetzung eines Gesetzes dazu bestellt ist und wie sich Handwerksbetriebe in der Praxis dafür einsetzen, lesen Sie hier.>>>
Rohstoffnutzung bei Bauprodukten: Mehr Recyclingmaterial einsetzen als Ziel
Doch es gibt derzeit noch mehr ungenutztes Potenzial, mit dem die Kreislaufwirtschaft unterstützt werden kann. Der ZDH spielt dabei konkret auf Bauprodukte an. Hierbei sollte der Einsatz von Recyclingmaterialien steigen. So könnte ein höherer Rezyklatanteil bei Bauprodukten dazu beitragen, die Kosten für Bauprodukte langfristig zu senken. Gleichzeitig könnte es helfen, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Dafür brauche es allerdings verlässliche Qualitätsparameter. Fragen wie die, welche Rezyklate in welchem Umfang verwendet werden dürfen oder welche Belastbarkeiten, Qualitäten sowie Leistungen die Bauprodukte mit Rezyklaten erbringen, sollte man demnach im Rahmen der europäischen Normung klären. "Das sollte möglichst schnell passieren, damit man die Nachfrage nach Bauprodukten mit Rezyklatanteilen ankurbeln kann", sagt der ZDH. Er weist in diesem Zusammenhang auf die geplante Novelle der Bauprodukteverordnung (BauPVO) hin. Sie soll die erkannten Schwächen der alten Verordnung überwinden und auch die vom Handwerk vielfach kritisierten Regelungslücken schließen.
Die Überarbeitung der Verordnung beginnt allerdings gerade erst auf EU-Ebene. Der ZDH erwartet dabei große Fortschritte, denn gerade das Bauhandwerk wartet seit Jahren auf praxistaugliche Regelungen. Die Verordnung soll in ihrem Umfang erheblich erweitert werden. Sie soll den Fokus künftig noch stärker auf nachhaltige Aspekte bei Bauprodukten legen. Dadurch werden die Anforderungen an Hersteller deutlich komplexer. Das gilt etwa mit Blick auf die Lebenszyklusbetrachtung von Bauprodukten oder für den Fall, dass der Anteil von Rezyklaten maximiert werden soll. "Für das Handwerk ist dabei entscheidend, dass die bestehenden Ausnahmeregelungen für Hersteller von handwerklich gefertigten Produkten bestehen bleiben. Diese Produkte sollten von der Pflicht zur CE-Kennzeichnung ausgenommen werden", erklärt der Zentralverband. Bei der Gültigkeit der CE-Kennzeichnung gab es in der Vergangenheit immer wieder Unklarheiten, ob diese oder strengere deutsche Vorgaben gelten.
"Greenwashing": EU nimmt sich irreführende Formulierungen vor
EU-Pläne sehen aber noch weitere geplante Neuregelungen vor: die Überarbeitung der Verbraucherrechterichtlinie und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Demnach sollen gewerbliche Verkäufer Verbraucherinnen und Verbraucher künftig über vom Hersteller bereitgestellte gewerbliche Garantien und Reparaturinformationen informieren müssen. Mit dem Vorschlag über unlautere Geschäftspraktiken soll laut ZDH außerdem ein Verbot von irreführenden Umweltaussagen – "Grünfärberei" oder "Greenwashing" – eingeführt werden. Nach dem Willen der EU-Kommission soll die Liste der irreführenden Produkteigenschaften um ökologische und soziale Auswirkungen sowie um Informationen zu Haltbarkeit und Reparierbarkeit erweitert werden. Der Vorschlag zum Verbot von Grünfärberei enthält laut ZDH richtige Ansätze für die Regulierung irreführender Umweltaussagen. Die Abwälzung herstellerbezogener Informationspflichten auf kleine und mittlere Handwerksbetriebe würde dagegen eine unnötige und unverhältnismäßige Belastung für betroffene Betriebe darstellen.
Und dann wäre da auch noch das Recyclinglabel. Es steht ebenfalls zur Diskussion, damit mehr Produkte nach ihrer Nutzung einer Wiederverwendung zugeführt werden. Allerdings handelt es sich dabei um eine Initiative der Bundesregierung bzw. um Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag. Darin heißt es, dass der digitale Produktpass weiterentwickelt werden soll, so dass jedes Produkt mit einem Recyclinglabel vorweisen könnte, wie gut seine individuell mögliche Rohstofftrennung und Verwertung ist. Gesetzlich soll auch eine bessere Nutzung von Recyclingmaterial vorgeschrieben werden mit dem Ziel der Senkung des primären Rohstoffverbrauchs.
Recyclinglabel soll bei Kaufentscheidung helfen
Doch hierbei ist der ZDH noch kritisch in Bezug auf handwerklich hergestellte Produkte. Denn Handwerksbetriebe würden meist als Hersteller und Händler in engem Austausch mit ihren Kunden stehen. Sie könnten die Informationen auf direktem Wege bereitstellen. Daher sollten sie "nicht zur Teilnahme an einem künftigen Label verpflichtet sein."
Forderungen und Vorschläge zur Einführung eines Recyclinglabels kommen bislang vorrangig aus der Abfallwirtschaft. So geht der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) davon aus, dass mit einem solchen Label und den darin enthaltenen Informationen die Recyclingquoten steigen könnten. Demnach würden Verbraucher ihre Kaufentscheidungen daran ausrichten, wenn sie sehen, dass ein Produkt besonders recyclingfreundlich hergestellt ist.