Der Messestandort Deutschland verarbeitet immer noch die indirekten Folgen der Corona-Pandemie. So sind in den letzten Jahren viele Arbeitskräfte aus dem Messebau abgewandert. Vor diesem Hintergrund stößt das neue Infektionsschutzgesetz auf deutliche Kritik der Messewirtschaft.

Mit Blick auf das neue Infektionsschutzgesetz sind die Messen in Deutschland in großer Sorge. "Erneut sollen sich die 70 Messeplätze in Deutschland auf ein Corona-Regel-Dickicht gefasst machen. Statt kraftvoll ihre Stärken als Drehkreuz für neue Partnerschaften, Marktplatz für Innovationen und Treffpunkt für Problemlöser auszuspielen, sollen Messen Überregulierung stemmen. Das machen wir nicht mehr mit. Alle Kraft ist endlich. Die Verunsicherung ist groß", sagte der Geschäftsführer des Verbands der deutschen Messewirtschaft (AUMA), Jörn Holtmeier, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Maskenpflicht als unnötige Hürde
Die Branche verzeichnet laut Holtmeier seit März 2020 Schäden von mehr als 55 Milliarden Euro. Er sprach sich gegen eine generelle Maskenpflicht bei Messen aus: "Wenn in unserem Land wenigstens drei Viertel aller Menschen grundimmunisiert sind, wird es Zeit, jedem selbst zu überlassen, ob er oder sie eine Maske für das persönliche Schutzbedürfnis tragen möchte oder nicht."
Vergangene Woche hatten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) das neue Corona-Schutzkonzept für den Herbst vorgestellt. Bundesweit soll demnach etwa weiterhin eine Maskenpflicht in Bus, Bahn und Flieger sowie neu eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten. Die Länder sollen selbst entscheiden, ob sie darüber hinaus in öffentlich zugänglichen Innenräumen Masken vorschreiben.
Abwanderung ins Ausland verhindern
Weiterhin befürchtet Holtmeier ein Abwandern von Messen ins Ausland. Bisher hätten zwei Drittel aller Leitmessen der Welt in Deutschland stattgefunden. "Aus den zurückliegenden beiden Jahren Regel-Dickicht kann ich Ihnen nur sagen, dass es für ausländische Besucherinnen und Aussteller absolut nicht mehr nachzuvollziehen war, wieso hier diese Regel gilt und dort jene. Unser guter Ruf als zuverlässiger Veranstalter steht auf dem Spiel." Die Mitbewerber in Spanien, Italien, Frankreich und im Vereinigten Königreich hätten das verstanden. "Nahezu zwei Jahre Messeverbot in Deutschland haben sie zu nutzen gewusst: Während im vergangenen März in Berlin zum dritten Mal hintereinander die Internationale Tourismusbörse ITB als Weltleitmesse der Touristik abgesagt werden musste, nutzte die Konkurrenzmesse in Madrid zeitgleich ihre Chance - und war besucht wie noch nie."
Messeteilnahmen werden jetzt geplant
Zum Start der Internationalen Handwerksmesse, die 2022 nach zwei Jahren Corona-Zwangspause zum ersten Mal wieder stattfand, hatte sich bereits Dieter Dohr, Vorsitzender der GHM Gesellschaft für Handwerksmessen mbH, zu diesem Thema geäußert. Dohr kritisierte die Politik für ihre abwartende Haltung. Für den Messeplatz Deutschland stehe viel auf dem Spiel, erklärte er: "Die deutschen Leitmessen haben im letzten Jahr internationales Vertrauen eingebüßt." Das politische Krisenmanagement hierzulande sei mit Erstaunen zur Kenntnis genommen worden, während sich die Wettbewerbsmessen im Ausland in Stellung gebracht hätten. "Wir werden international abgehängt", beklagte er. Fakt sei, dass die Entscheidungen der Kunden für Messeteilnahmen im Herbst und Winter jetzt fielen. dpa/aul