Girls' und Boys' Day am 28. April Er Friseur, sie Tischlerin: So ändern sich Rollenbilder im Handwerk

Das Handwerk kämpft bei der Nachwuchssuche mit veralteten Rollenklischees, die gesellschaftlich verbreitet sind: Frauen arbeiten lieber in der Beauty-Branche, während Männer sich auf dem Bau die Hände schmutzig machen. Neue Zahlen belegen, dass Berufswünsche in der Realität vielfältiger sind.

Männlicher Friseur mit Maske
Immer mehr Männer entscheiden sich für eine Lehre im Friseursalon. - © Drazen - stock.adobe.com

Frauen entscheiden sich selten für Handwerksberufe - und wenn, werden sie Friseuse oder Kosmetikerin. Männer wiederum greifen beherzt zu Schraubenschlüssel, Hammer und Co und absolvieren eine Lehre im Baugewerbe. Soweit das Klischee. Dass diese Vorstellung überholt ist, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Demnach ist der Anteil männlicher Auszubildender im Friseurhandwerk zwischen 2010 und 2020 von zwölf auf 31 Prozent gestiegen. Außerdem hat sich der Anteil weiblicher Tischler-Azubis im gleichen Zeitraum von zehn auf 15 Prozent erhöht.

Modebewusstsein für Männer immer wichtiger

Manuela Härtelt-Dören, Präsidentin des Friseurverbands erklärt sich den vermehrten männlichen Nachwuchs in ihrer Branche durch eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung: "Die Themen Beauty und Haarpflege spielen jetzt auch in Deutschland, nach internationalen Vorbildern, für Männer eine immer wichtigere Rolle." Sie seien insgesamt modebewusster geworden, nicht zuletzt durch den Einfluss sozialer Netzwerke wie Instagram und TikTok. Dort könnten sie sich freier ausleben.

Der Verband freut sich über die Verstärkung: "Das Schönheitsempfinden der männlichen Friseure ist auch für die Kundinnen und Kunden oft sehr ansprechend. Zudem bereichern dabei neue Salonkonzepte mit umfassenden Services die Friseurbranche." Auch der Handwerksverband (ZDH) sieht in den Zahlen ein positives Signal, verweist jedoch darauf, dass die Gesamtzahl der Neuverträge in diesem Gewerk zwischen 2010 und 2020 von rund 16.000 auf knappe 9.000 gesunken sei. Die Nachwuchsförderung sei somit immer noch eine der größten Zukunftsherausforderungen.

Starke Vorbilder für Frauen

Nicht nur Männer werden bei ihrer Berufswahl durch die sozialen Medien beeinflusst. Frauen finden dort ebenfalls Inspiration. Influencerinnen wie Dachdeckergesellin Chiara Monteton, Spenglermeisterin Jennifer Konsek und Zimmerergesellin Sabrina Simon erreichen mit ihren Kanälen zehntausende Follower: "Ich will andere Mädels ermutigen: Den Beruf kannst du auch machen, ohne Bodybuilderin zu sein! Und mit dem Lohn kann man echt zufrieden sein", schildert Chiara Monteton ihre Beweggründe. Sie ist eine von den Handwerkerinnen, die in ihrer Branche etwa 2,4 Prozent der Beschäftigten ausmachen.

"Durch das Engagement unserer Handwerkskammern, Innungsverbände und Betriebe und durch die vielen weiblichen Vorbilder im Handwerk, ist es bereits in den letzten Jahren gelungen, den Frauenanteil bei der Ausbildung, aber auch bei der Leitung von Handwerksbetrieben in vielen Gewerken zu steigern", fasst der ZDH zusammen. Dabei habe der Girls' Day eine Rolle gespielt, da er Aufmerksamkeit für die Karrierechancen von Frauen im Handwerk schaffe.

Im gesamten Handwerk liegt der Frauenanteil bei etwa 36 Prozent. Damit er weiter ansteige, sei das Umdenken der Gesellschaft  wichtig: "Handwerkerinnen kämpfen vielfach noch gegen veraltete Klischees, dabei gehört ihnen als Chefinnen im Handwerk die Zukunft", betont der Verband.

Politische Maßnahmen sind notwendig

Um sie auf ihrem Werdegang zu unterstützen, brauche es konkrete politische Maßnahmen: "Gerade wenn es darum geht, mehr junge Frauen für eine Selbstständigkeit im Handwerk zu motivieren, müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die dafür getroffenen gesetzlichen Regelungen dürfen nicht auf den Kreis der Beschäftigten begrenzt bleiben, sondern müssen genauso auch Selbstständige einschließen. Für selbstständige Handwerkerinnen beispielsweise darf eine Schwangerschaft kein unternehmerisches Risiko darstellen."