Vielerorts dürfte es diesen Herbst und Winter dunkler und kälter werden als gewohnt. Zum 1. September tritt eine neue Energieeinsparverordnung in Kraft, die auch Handwerksbetriebe in die Pflicht nimmt. Sie erlaubt etwa geringere Temperaturen am Arbeitsplatz und schränkt den Betrieb von beleuchteten Werbeanlagen ein. Ein Überblick.

Aus Sorge um mögliche Energie-Engpässe dreht die Regierung auch an kleinen Schrauben: Pünktlich zum 1. September treten neue Auflagen zum Energiesparen in Kraft. Sie sollen den Verbrauch im nächsten halben Jahr drücken und gelten bis Ende Februar. Viele werden sie im Alltag spüren.
Es handle sich um eine "Gemeinschaftsaufgabe von Politik, Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern", heißt es im Text der Verordnung, den das Kabinett in der vergangenen Woche beschlossen hat. Zum 1. Oktober sind weitere Energiesparmaßnahmen geplant. Etwa ein verpflichtender Heizungscheck für Hausbesitzer.
Jede eingesparte Kilowattstunde helfe ein Stück weit aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Zusammen mit weiteren Vorgaben, die vom 1. Oktober an gelten, soll laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Gasverbrauch ungefähr im Umfang von zwei bis zweieinhalb Prozent gesenkt werden. Die ab 1. September geltenden Regeln im Detail:
Für Betriebe und Arbeitnehmer
In Büros dürfen Arbeitgeber die Heizung ab sofort runterdrehen. Die Energiesparverordnung verpflichtet zwar nicht dazu, die Raumtemperaturen zu verringern, schafft aber den rechtlichen Rahmen hierfür. So muss bei körperlich leichten, überwiegend sitzenden Tätigkeiten nur noch eine Mindesttemperatur von 19 Grad Celsius eingehalten werden – statt wie bislang 20 Grad Celsius.
Ladentüren und Eingangssysteme in beheizten Räumen des Einzelhandels dürfen nicht mehr dauerhaft offen stehen, wenn dadurch Heizwärme verloren geht. Ausnahme: Das Offenhalten ist für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich.
Der Betrieb von beleuchteten oder lichtemittierenden Werbeanlagen ist nur noch zwischen 16 und 22 Uhr erlaubt. Über Nacht und während des Tages sind sie auszuschalten. Ist die Beleuchtung notwendig, um die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten oder andere Gefahren abzuwenden, darf sie weiter betrieben werden, sofern sie nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Zur Verkehrssicherheit kann eine Beleuchtung beispielsweise in Bahnunterführungen dienen.
Für Privatpersonen
Mieter von Wohnraum sind grundsätzlich dazu verpflichtet, Schäden an der Mietsache – etwa durch Schimmelbildung oder Frost – durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten vorzubeugen. Einige Mietverträge verpflichten Mieter zu diesem Zweck, eine gewisse Mindesttemperatur in ihren Räumlichkeiten aufrechtzuerhalten. Entsprechende Klauseln werden nun vorübergehend ausgesetzt. Die Bundesregierung rechnet damit, dass eine um einen Grad reduzierte Raumtemperatur den Energieverbrauch durchschnittlich um sechs Prozent verringert. Um dem erhöhten Risiko von Schimmelbildung zu begegnen, appelliert die Regierung an Mieter, sorgfältig und verstärkt zu lüften.
Für private Pools – ob drinnen oder draußen – gilt, dass diese nicht mehr mit Gas oder Strom beheizt werden dürfen. Ausnahmen gelten für Schwimmbecken, in denen eine Beheizung zwingend notwendig für therapeutische Anwendungen ist. Schwimmbecken in Rehazentren, Hotels und Freizeiteinrichtungen sind von dem Verbot nicht betroffen.
Gasversorger und Besitzer größerer Wohngebäude müssen ihre Kunden beziehungsweise Mieter frühzeitig informieren – über den erwarteten Energieverbrauch, dessen Kosten und Einsparmöglichkeiten. Das soll spätestens zum Beginn der Heizsaison passieren.
Für öffentliche Gebäude
Öffentliche Gebäude werden ab sofort nur noch bis höchstens 19 Grad geheizt – bei körperlich leichter und überwiegend sitzender Tätigkeit. Bisher lag die empfohlene Mindesttemperatur laut Ministerium bei 20 Grad. Für Arbeitsräume, in denen Menschen leichte Tätigkeiten "überwiegend im Stehen oder Gehen" verrichten oder mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit gilt eine Obergrenze von 18 Grad, für mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen sind es 16 Grad und für körperlich schwere Tätigkeiten zwölf Grad. Für Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder andere soziale Einrichtungen gilt die neue Regelung nicht. Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers oder Technikräume werden nicht mehr geheizt – außer, es gibt dafür sicherheitstechnische Gründe.
Boiler und Durchlauferhitzer dürfen nicht mehr für die Warmwasserbereitung am Waschbecken genutzt werden – es sei denn, das ist aus hygienischen Gründen vorgeschrieben. Die Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen wird ausgeschaltet. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten. dpa/fre