Nachfolger gesucht Betriebsbörsen: Vom Inserat zum erfolgreichen Verkauf

Viele Handwerksbetriebe werden innerhalb der Familie oder Belegschaft übergeben – und wenn das nicht möglich ist? Dann sind Betriebsbörsen eine mögliche Lösung. Betriebsinhaber können anonym und bei vielen Handwerkskammern auch kostenfrei inserieren. So läuft das Verfahren bis zur erfolgreichen Übergabe ab.

Eine Übergabe innerhalb der Familie oder Belegschaft gelingt nicht immer. Bei der Suche nach einem externen Nachfolger können Betriebsbörsen helfen. - © MATTHIAS BUEHNER - stock.adobe.com

Laut einer aktuellen Umfrage der staatlichen Förderbank KfW streben bis Ende 2026 rund 560.000 der insgesamt 3,8 Millionen mittelständischen Betriebe eine Nachfolge an. Etwa 190.000 Unternehmen planen bis dahin ihren Marktaustritt - ohne eine Nachfolgeregelung. Mindestens 125.000 Familienbetriebe werden, so der Zentralverband des Deutschen Handwerks, in den nächsten fünf Jahren einen Unternehmensnachfolger in der eigenen Familie oder Belegschaft oder außerhalb des eigenen Betriebs suchen.

"60 Prozent der Betriebe können nicht intern übergeben werden"

Hinter diesen nüchternen Zahlen stehen Unternehmer, die ein meist sehr emotional besetztes Kapitel gern ausblenden würden – nämlich die Übergabe ihres Lebenswerks. Andrea Winkler, Nachfolgemoderatorin Geschäftsbereich Wirtschaftsförderung der Handwerkskammer Karlsruhe, mahnt: "Nachfolgeprozesse müssen aber irgendwann einmal angegangen werden, denn sie sind komplexer und zeitintensiver, als man zunächst annimmt. Sie sollten grundsätzlich rechtzeitig, etwa ab dem 55. Lebensjahr des Inhabers, Thema sein und hierfür drei bis fünf Jahre eingeplant werden."

Winkler schätzt, dass knapp 60 Prozent der übergabebereiten Unternehmer ihre Betriebe nicht intern weitergeben können und auf der Suche nach externen Betriebsnachfolgern sind. Um hierbei erfolgreich zu sein, kommen eigene Recherchen, Anzeigen oder beauftragte Makler infrage. Eine weitere Möglichkeit bieten die Betriebsbörsen der Handwerkskammern.

Kostenfreie Betriebsnachfolgebörsen der Handwerkskammern

Im bayerischen Handwerk werden, laut des Bayerischen Handwerkstags, in den kommenden zehn Jahren für rund 40.000 Betriebe Nachfolger gesucht. Peter Urbansky, Unternehmensberater der Handwerkskammer für Unterfranken, erklärt: "Die bayerischen Handwerkskammern haben eine gemeinsame Betriebsnachfolgebörse ins Leben gerufen, um Betriebe mit Vermittlungswunsch und Nachfrager, die einen Betrieb zur Übernahme suchen, zusammenzubringen. Für die Börsen der bayerischen Kammern ist jede regionale Handwerkskammer selbst verantwortlich." Die kostenfreie Betriebsnachfolgebörse der bayerischen Handwerkskammern richtet sich ausschließlich an Handwerksunternehmen und Existenzgründer aus Bayern und ist über die Websites der jeweiligen Kammern erreichbar.

Auch die Handwerkskammern Baden-Württembergs führen kammereigene Betriebsbörsen und sind zudem Regionalpartner der Gemeinschaftsinitiative nexxt-change. Die Initiative www.nexxt-change.org ist die Betriebsvermittlungsbörse der Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Sparkassen und Genossenschaftsbanken und öffentlicher Beratungsgesellschaften. Sie wird bereitgestellt und organisiert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und der KfW-Bankengruppe. In der bayerischen Handwerkskammer für Unterfranken ist nexxt-change jedoch aktuell nicht mehr im Einsatz, so Urbansky. Er erklärt: "Es gibt einige Kollegen, die diese Betriebsvermittlungsbörse weiterhin parallel nutzen. Wir möchten uns auf die Betriebsbörsen der bayerischen Handwerkskammern konzentrieren und sind davon überzeugt, dass wir durch unsere Börsen und unseren Service einen großen Teil der Nachfolgelücken schließen können."

Wie formuliert man ein Inserat für die Betriebsbörse?

Die Vermarktung des eigenen Unternehmens ist ein entscheidender Aspekt, da der Bedarf an Betriebsnachfolgern hoch ist. "Beim Formulieren eines Inserats sollten die Inhaber zuerst einmal die Sicht des Suchenden einnehmen und sich an dessen Bedürfnissen orientieren. Es kommt am Anfang gar nicht so sehr auf Details über den Betrieb an. Es geht darum, die Aufmerksamkeit der Interessenten auf sich zu lenken und ihnen eine erste Orientierungshilfe zu geben", rät Urbansky.

Die Besucher der Betriebsbörse interessieren sich erst einmal für Rahmendaten zu Branche, Region, Betriebsgröße und für Merkmale wie Kauf, Miete oder Pacht sowie Besonderheiten zum Unternehmen, so Winkler. Auch positive Zukunftsaussichten und zukünftige Nutzungsmöglichkeiten sollten in der anonymisierten Kurzdarstellung enthalten sein. "Sie umfasst also Stärken und Potenziale des Betriebs, eine Einschätzung des Marktes und der wichtigsten Kundengruppen und sollte auch Angaben zum gewünschten Käufer enthalten", erklärt die Nachfolgemoderatorin.

Urbansky führt aus, dass die Kammern Online-Formulare oder handschriftlich ausfüllbare PDF-Dokumente für Betriebsinhaber und Nachfolgeinteressenten bereithalten, damit sie ihre individuellen Inserate für die Börse entwerfen können. Die Handwerkskammer erstellt in Rücksprache mit dem Inserenten einen Textvorschlag, der gemeinsam abgestimmt wird. Wurde dieser sodann freigegeben, findet die Veröffentlichung statt. "Wenn die Besucher der Betriebsnachfolgebörse ein für sie potenziell passendes Unternehmen gefunden haben und eine Interessensbekundung geben, leiten wir diese automatisch an den Betrieb weiter, der dann darüber entscheidet, wie es weitergehen soll und ob er Kontakt aufnehmen möchte", sagt er.

Bleibt die Anonymität der Unternehmen in der Betriebsbörse gewahrt?

Die Anzeigentexte sind anonymisiert und werden unter einer Chiffre veröffentlicht. Sie erlauben also keine Rückschlüsse auf die Inserenten, so Urbansky. Er erläutert: "Es geht darum, die Inhaber zu schützen, denn Anbieter aus Branchen mit generell wenigen Betrieben oder speziellen Alleinstellungsmerkmalen wären anhand ihrer Angaben in der Börse relativ leicht zu identifizieren." Die Angaben zum Unternehmen werden dabei mit Bedacht verfremdet, ohne dass die jeweilige Kernaussage verloren geht.

Winkler unterstreicht, dass Betriebsinhaber aus Wettbewerbsgründen einen höheren Vertrauensschutz besitzen als Interessenten. Sie erklärt: "Die Inhaber führen im Regelfall ihre Unternehmen noch aktiv. Durch die anonymen Angebote auf der Plattform soll verhindert werden, dass sich die Suche negativ auf den Wert des Unternehmens auswirkt." Nur auf ausdrücklichen Wunsch des Anbietenden werden dessen Kontaktdaten an Nachfragende direkt weitergeleitet. Dagegen wird bei potenziellen Betriebsübernehmern die Zustimmung zur Weitergabe der Kontaktdaten generell vorausgesetzt, wobei aber Sperrvermerke berücksichtigt werden.

Welche Vorteile bieten anonyme Inserate?

Durch die Anonymität, die Betriebe auf der Plattform genießen, können mögliche Gerüchte, die Unruhe und Verunsicherung innerhalb und außerhalb des Unternehmens mit sich bringen, verhindert werden. Gleichzeitig bietet sie den Handwerksbetrieben die Möglichkeit, unerkannt zu recherchieren und den Markt zu sondieren, um die eigene Marktattraktivität einschätzen zu können. Lassen sich zudem auf diese Weise mehrere potenzielle Käufer finden, kann das Unternehmen erst einmal eine persönliche Vorauswahl treffen, ohne sich dabei erkennen zu geben.

Marktwertermittlung und Preistreiberei funktionieren in der Börse nicht

Die Möglichkeit der Betriebe, in der Börse inkognito unterwegs sein zu können, bietet ihnen aber keinerlei Gelegenheit, beispielsweise den Marktwert ihres Unternehmens zu ermitteln oder dessen Preis in die Höhe zu treiben, wie man es von anonymisierten Bieterverfahren kennt, betont Urbansky und unterstreicht: "Letztendlich bilden Angebot, Nachfrage und Zukunftschancen den reellen Preis eines Betriebs. Wichtig sind hierbei vor allem die Alleinstellungsmerkmale."

Zur Ermittlung eines marktgerechten Preises kann auf das Dienstleistungsangebot der Handwerkskammern zurückgegriffen werden, bei dem verschiedenste Unternehmensdetails berücksichtigt werden. Viele Handwerkskammern bieten diese Bewertung unentgeltlich an. Dieser Service steht aber nicht in jeder Kammer bereit, manche verzichten aus Haftungsgründen darauf und bei einigen ist er kostenpflichtig.

Werden übergabebereite Inhaber beim Erstgespräch in die Mangel genommen?

"Es kommt leider vor, dass sich trotz aktiven Engagements in der Börse keine Interessenten finden lassen und der Betrieb aufgeben muss. In vielen Fällen sind aber potenzielle Nachfolger da", sagt Winkler und betont: "Die Anbieter können selbst entscheiden, ob sie einen Interessenten direkt kontaktieren möchten oder nicht. Wenn nicht, sagen wir anonym ab. Bei weiteren Fragen des Anbieters oder benötigten Unterlagen, kontaktieren wir den Interessenten beispielsweise mit der Bitte um Beantragung einer aktuellen Schufa-Auskunft, einem Eigenkapitalnachweis, einen Lebenslauf oder weitere Qualifikationsnachweise."

Wenn alles soweit stimmt und die Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichnet wurden, treten beide Parteien aus der Anonymität heraus und werden beim Erstgespräch von den Kammern begleitet. Die Inhaber stehen häufig vor der Frage, wie viele Informationen sie preisgeben können und haben oft Bedenken, von den potenziellen Käufern in die Mangel genommen zu werden, so Winkler. Die Kammern fungieren hierbei als Eisbrecher und unparteiische Moderatoren, die der Situation die Spannung nehmen. Zudem stellen sie für Erstgespräche auf neutralem Boden ihre Räumlichkeiten zur Verfügung. "Dass es in der ersten Runde manchmal nicht zu einem Matching kommt, ist völlig normal. Dann wird eben weitergesucht", sagt die Nachfolgemoderatorin.

Aus der Praxis: Wie geht es nach einem erfolgreichen Matching weiter?

Nach einem gelungenen Erstgespräch findet das Zweitgespräch üblicherweise vor Ort statt, bei dem künftige Strategien zur Sprache kommen und die Fachberater der Handwerkskammern unterstützen. Bei technischen Wertermittlungen, Substanzwertermittlungen, Ertragsbewertungen und auch bei der Vorbereitung von Geschäftskonzepten, Finanzierungsvorschlägen und Rentabilitätsberechnungen, die als Grundlage für Finanzierungsanfragen und Förderanträge dienen, sind sie auf Wunsch im Einsatz. Urbansky erläutert: "Wenn die ersten Gespräche positiv verlaufen sind, werden die Verkaufsverhandlungen in der Regel mit Unternehmensberatern, Steuerberatern, Rechtsanwälten, Banken und Förderinstitutionen fortgesetzt."

In Einzelfällen nehmen die Handwerkskammern auch eine persönliche Vermittlungsansprache vor, um Interessenten auf ein Angebot aufmerksam zu machen, denn oftmals kennen die Berater aus ihrer Praxis ausschlaggebende Details und können somit ein Matching vorschlagen, erklärt der Unternehmensberater. So auch bei Albrecht´s Catering aus Schweinfurt. Metzgermeister Albrecht Hüblein plante gemeinsam mit seiner Frau und seinen neun Mitarbeitern, eine Metzgerei zu übernehmen, um sich zu erweitern. Neben der Registrierung in der Betriebsbörse der Handwerkskammer für Unterfranken und eigenen Recherchen wurde auch ein Makler mit der Suche nach einem geeigneten Betrieb beauftragt. Die Handwerkskammer wurde als erste aktiv und machte Hüblein darauf aufmerksam, dass ein Betrieb in der Region aufgrund eines Todesfalls zur Übergabe bereitsteht.

Nach einem Telefonat mit den Angehörigen und einem Vor-Ort-Termin war schnell klar, dass das Unternehmen, dessen Wert die Kammer bereits geschätzt hatte, in Frage kam. Hüblein sagt: "Durch unsere Registrierung in der Betriebsbörse wusste die Handwerkskammer von unserem Vorhaben und konnte uns direkt informieren. Ein Berater der Kammer und unser Steuerberater begleiteten dann die Übernahme Schritt für Schritt, was reibungslos funktionierte."

Die Handwerkskammern unterstützen den gesamten Prozess einer Unternehmensnachfolge. Winkler betont: "Wir möchten die Betriebe ausdrücklich ermutigen, sich gemeinsam mit uns auf die Suche nach externen Kandidaten zu machen und hierfür die Anonymität der Betriebsnachfolgebörsen zu nutzen."