Inklusive Checkliste Betriebsaufgabe: Wie Sie Ihr Gewerbe abmelden

Verträge kündigen, Lieferanten informieren, mit dem Steuerberater sprechen: Entscheidet sich ein Unternehmer zur Betriebsaufgabe, ist die To-Do-Liste lang. Betriebsberater Stefan Maier gibt Tipps zum richtigen Vorgehen – und erklärt die Unterschiede zur Insolvenz.

Der Letzte schließt die Türe ab: die multiplen Krisen zwingen derzeit zahlreiche Inhaber zur Betriebsaufgabe. - © hakinmhan - stock.adobe.com

Pandemie, Fachkräftemangel, Energiepreisexplosion: Das sind nur drei der Herausforderungen, denen sich Handwerksbetriebe aktuell gegenüber sehen. Die multiple Krise stellt Firmeninhaber vor gewaltige Probleme. Beinahe tägliche Gewerbeabmeldungen sind das Resultat.

Ist die Entscheidung für eine Geschäftsaufgabe gefallen, sind verschiedene Aspekte zu beachten, wie Stefan Maier, Betriebswirtschaftlicher Berater der Handwerkskammer Region Stuttgart, erklärt. Er sagt: "Ich beobachte oft, dass viele Unternehmer zunächst versuchen, ihr Lebenswerk, in das Herzblut geflossen ist, zu retten. Sie haben viel Verantwortungsgefühl und möchten die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeitenden sichern und auch ihre Kunden weiterhin gut betreuen."

Ungeachtet der Ursachen, die derzeit eine hohe Zahl von Handwerksbetrieben in Deutschland in die Knie zwingen, ist eine Geschäftsaufgabe für die Inhaber meist eine bittere Vorstellung. Ist ein Unternehmen jedoch nicht mehr in der Lage, den Krisen zu trotzen, ist eine Gewerbeabmeldung oft die letzte Alternative.

Eine Betriebsaufgabe ist keine Insolvenz

Eine Geschäftssaufgabe bedeutet, dass das eigene Unternehmen aufgrund der persönlichen und freien Entscheidung des Firmeninhabers abgemeldet wird, führt Maier aus. Er erklärt: "Eine Insolvenz ist dagegen eine Situation, in der das Unternehmen in einer großen wirtschaftlichen Krise steckt. Entweder ist es überschuldet und hat keine Aussicht auf Besserung oder der Betrieb ist zahlungsunfähig."

Ist ein Unternehmen nicht mehr liquide, ergibt sich eine Situation, in der der Inhaber nicht mehr frei entscheiden kann und das Insolvenzverfahren eingeleitet wird, das die Schuldner bedient. Bei einer Betriebsaufgabe gehen dagegen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen über.

Erste Schritte der Betriebsaufgabe

Eine Geschäftsschließung sollte rechtzeitig geplant werden, rät Maier und warnt: "Sie darf aber nicht zu voreilig öffentlich gemacht werden, sonst könnten sich Kunden und Mitarbeiter zu früh anderweitig orientieren." Auch vorgegebene Zeithorizonte müssen beachtet werden, denn bei einer Betriebsaufgabe sind beispielsweise die Kündigungsfristen der Mitarbeiter einzuhalten und neue Aufträge sollten nur noch dann angenommen werden, wenn sie innerhalb der noch aktiven Zeit des Unternehmens abgearbeitet werden können.

Alle langfristig vereinbarten Verträge, wie Mietverträge, Leasingverträge, Versicherungsverträge oder Telefonverträge müssen gekündigt werden. Der Betriebsberater erklärt: "Je nach Rechtsform gibt es unterschiedliche Pflichten und Abläufe, die zu beachten sind. So sind beispielsweise bei der Liquidation einer GmbH ganz formale Schritte einzuhalten, die das Hinzuziehen eines Notars erfordern."

Professionelle Unterstützung

Bei einer Gewerbeabmeldung ist professionelle Hilfe dringend zu empfehlen, denn jede Schließung ist individuell und muss einzelfallbezogen abgewickelt werden. Umfang und Intensität der Beratung hängen wesentlich von der Größe, den Eigentumsverhältnissen, der Struktur und der Rechtsform des Betriebs ab.

Maier führt aus: "Tendenziell kann man sagen, dass die Gründung und auch die Aufgabe eines Einzelunternehmens einfacher ist als die von Personen- und Kapitalgesellschaften. Eine Beratung durch einen Steuerberater oder einen Rechtsanwalt sollte in jedem Fall erfolgen, denn eine Betriebsaufgabe kann zu erheblichen steuerlichen Forderungen führen." Unterstützend können auch die Betriebsberater der zuständigen Kammern und Fachverbände eingebunden werden.

Kündigung von Verträgen

Ein Unternehmer, der sein Gewerbe abmelden möchte, sollte bestehende Fristen von Verträgen mit langer Laufzeit im Fokus behalten und diese rechtzeitig kündigen. Hierzu zählen insbesondere Miet- und Pachtverträge, Leasingverträge, Wartungsverträge, Liefer- und Leistungsverträge sowie Versicherungs- und Darlehensverträge. Die jeweiligen Kündigungsfristen sind in den Vertragsunterlagen aufgeführt.

Auch betrieblich bedingte Versicherungsverträge, die nach einer Gewerbeabmeldung nicht mehr benötigt werden, müssen offiziell gekündigt werden.Im Falle einer Betriebsaufgabe kann sich ein außerordentliches Kündigungsrecht ergeben, das genutzt werden sollte. Insbesondere Arbeitsvertragskündigungen erfordern die Einhaltung von Kündigungsfristen der jeweiligen Mitarbeiter. Da sich hier oft individuelle Unterschiede ergeben, ist die Beratung durch einen Experten sinnvoll.

Abmeldungen, Löschungen und Änderungen

Im Rahmen einer Geschäftsaufgabe ergeben sich darüber hinaus folgende Aufgaben, die es bearbeiten gilt:

  • Ist der Betrieb im Handelsregister eingetragen, ist dessen Löschung zu beantragen.
  • Liegt eine Mitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer vor, ist diese zu kündigen.
  • Der Betrieb ist bei der Innung abzumelden.
  • Die Löschung des Betriebsinhabers in der Handwerksrolle ist zu beantragen.
  • Die Handwerkskarte kann entwertet zurückgesendet werden.
  • Den Betrieb beim Gewerbeamt abmelden.
  • Betrieb bei der Betriebsnummernstelle der Agentur für Arbeit ruhend stellen
  • Strom, Gas, Wasser und Müll abmelden.
  • Konzessionen bei Versorgungsunternehmen kündigen.
  • Den Telefonanschluss kündigen.
  • Einträge im Telefonbuch, in den Gelben Seiten, auf der Homepage und im Internet löschen.
  • Einen Nachsendeauftrag bei der Post aufgeben.
  • Die Betriebsfahrzeuge ummelden oder verkaufen.
  • Das Geschäftskonto und eventuell auch die Bankverbindung löschen.
  • Betriebliche Daueraufträge und Lastschriften kündigen.
  • Den Steuerberater über den reduzierten Geschäftsumfang informieren und eventuell dessen Mandat kündigen.
  • Kunden und Lieferanten informieren.
  • Aufbewahrungsfristen beachten, denn Bücher und Aufzeichnungen, Inventare und Jahresabschlüsse sind zehn Jahre, andere steuerlich bedeutsame Unterlagen sechs Jahre lang aufzubewahren.

Steuerliche Folgen der Betriebsaufgabe

Betriebsberater Maier erklärt weiterhin: "Das Thema Betriebsschließung und dessen steuerliche Folgen sind enorm komplex und individuell. Einer der Hauptaspekte besteht darin, dass bei einer Betriebsaufgabe das betriebliche Vermögen – sofern es nicht übergeben wird – ins Privatvermögen übergeht." Bei diesem Vorgang müssen die stillen Reserven, also die Differenz zwischen Buchwerten und Zeitwerten, versteuert werden. "In der Praxis ist es dabei nicht immer ganz einfach zu erkennen, ob ein Vermögensgegenstand, steuerlich gesehen, dem Privatvermögen oder dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist", so Maier. Daher sollte auch hier Beratung in Anspruch genommen werden.

Eine Betriebsaufgabe bedeutet nicht das Ende

Ein grundlegender Aspekt – die Altersvorsorge – darf keinesfalls außer Acht gelassen werden. Damit eine Geschäftsaufgabe kein überraschendes Ende nimmt, ist zu bedenken, dass bei Schließung keine Einkünfte mehr aus dem Betrieb fließen werden, was sich auch auf die Altersvorsorge auswirkt. Maier rät daher Unternehmern, die Altersvorsorge unabhängig von den betrieblichen Einnahmen zu regeln und gibt zu bedenken: "Wenn der eigene Betrieb nicht verkauft, sondern aufgegeben wird, dann gibt es auch keinen Verkaufserlös für die Altersabsicherung."

Wenn es persönlich auch schwerfallen mag, sollte eine Geschäftsaufgabe als wichtiger Neustart im Leben betrachtet werden. "Ich erlebe immer wieder Unternehmer, die sich freuen, die Verantwortung abgeben zu können. Sie haben endlich Zeit für Hobbys, Reisen und können mehr Zeit mit der Familie verbringen. Wichtig ist es, loszulassen und sich auf den neuen Lebensabschnitt positiv einzustellen", resümiert Maier. Mit der Unterstützung von Experten erhalten sie eine solide Vorbereitung und können für sich neue Perspektiven entwickeln.

>>> Weitere Informationen können Sie der "Checkliste Aufgabe eines Einzelunternehmens" der Handwerkskammer Region Stuttgart entnehmen