Aufgaben und Pläne der Meister Zu Besuch bei drei Bundestagsabgeordneten mit Meisterbrief

Nur sieben der 709 Bundestagsabgeordneten haben einen Meisterbrief. Die Deutsche Handwerks Zeitung hat drei von ihnen besucht. Was die Praktiker im Parlament für Unternehmer bewirken können.

Karin Birk und Jana Tashina Wörrle

Ortstermin bei drei erfahrenen Bundestagsabgeordneten mit Meisterbrief. - © pitsch22 - stock.adobe.com

Im März hat die Deutsche Handwerks Zeitung drei Handwerksmeister vorgestellt, die erstmals oder nach einigen Jahren Pause als Abgeordnete in den Bundestag einzogen. Nun haben unserer Reporter drei Volksvertreter mit Meistertitel besucht, die dem Parlament schon länger angehören.

Alois Rainer (CSU): "Neue Schulden gehen überhaupt nicht"

Für Alois Rainer ist es nicht das erste Mal, dass er im Bundestag sitzt. Schon 2013 war der gelernte Metzgermeister aus Haibach im Bayerischen Wald für den Wahlkreis Straubing-Regen und Regen in den Bundestag gezogen. Und zur Bundestagswahl 2017 hat er das Direktmandat mit rund 48 Prozent der Stimmen in seinem Wahlkreis erneut erhalten. Und doch ist etwas anders: Im Gegensatz zu 2013 sitzen im neu gewählten Bundestag zwei weitere Parteien. "Umso wichtiger ist es, die schwierigen vor uns liegenden Aufgaben geschlossen und gemeinsam mit dem Regierungspartner anzugehen", sagt der 53-jährige Niederbayer. Gegen eine neue Partei im Bundestag hat er per se nichts. "In der Sache setze ich aber auf eine harte Auseinandersetzung", sagt er.

Der Metzgermeister Alois Rainer ist neuer finanz-und haushaltspolitischer Sprecher der CSU. - © CSU

Rainer ist neuer finanz-und haushaltspolitischer Sprecher der CSU im Bundestag. Das Amt reizt ihn: "Neue Schulden gehen überhaupt nicht", sagt er mit Blick auf die Verhandlungen zum Haushalt 2018 und zur mittelfristigen Finanzplanung. Er werde sich für eine schwarze Null einsetzen. Alles andere wäre in Zeiten einer florierenden Wirtschaft absurd. Gleichwohl müsse man darauf achten, dass der Wohlstand gerecht verteilt wird. Mehr Geld für Familien – etwa in Form des Baukindergeldes – hält er als "Investitionen in die Zukunft" für angebracht und notwendig. Beim Solidaritätszuschlag hätte er sich mehr Entlastung gewünscht. Aber Rainer kennt die politischen Zwänge. "Daher wollen wir jetzt den ersten Schritt gehen und in der nächsten Periode den Soli ganz abschaffen", sagt er.

Keine Illusionen macht sich der CSU-Politiker über die Folgen des Brexits. "Da müssen wir genau hinschauen, wo im EU-Haushalt gekürzt wird und wer mehr bezahlt." Denn auch die regionale Wirtschaftsförderung in Deutschland könnte betroffen sein, sagt Rainer, der fast 18 Jahre Bürgermeister seiner Heimatgemeinde war. Was die aufkeimenden Erbschaftsteuer-Diskussionen in der SPD betrifft, ist Rainer entschieden: "Ich werde alles dafür tun, dass es so bleibt, wie es ist." Es sei schwer genug gewesen, diese Einigung zu finden. Natürlich könne auch er sich Verbesserungen vorstellen. Doch die Politik lebe vom Kompromiss.

Rainer weiß, wovon er spricht. Seit 2013 leitet sein Sohn Markus die Metzgerei mit ihren 28 Mitarbeiterin und vier Verkaufsstellen. "Bald soll ihm der Betrieb ganz überschrieben werden", sagt der Vater. Er traut seinem Sohn die Verantwortung zu. Schließlich hätte auch er den Betrieb seiner Eltern schon mit 22 Jahren übernommen. "Mein erstes Ziel nach der Heirat war für mich ganz klar, den Betrieb auszubauen", sagte er. Mit der Politik hatte er damals nicht viel zu tun. Es reichte, dass der Vater im Bundestag saß und seine Schwester Gerda Hasselfeldt eine bundespolitische Karriere machte. Doch dann kam das Politikergen auch bei ihm durch. Es scheint eben doch in der Familie zu liegen.

Andreas Rimkus (SPD): "Gute Politik ist wie gutes Handwerk"

So einen wie Andreas Rimkus gibt es bei den Sozialdemokraten nicht noch einmal: "In der SPD bin ich der einzige Handwerksmeister im Bundestag“, sagte der Düsseldorfer Abgeordnete, der seit 2013 im Bundestag sitzt. Und weil es bei den anderen Parteien auch nicht viel besser aussieht, ist sein Urteil eindeutig: "Wir brauchen mehr Praktiker im Parlament", meinte der langjährige Sozialdemokrat. Denn eigentlich sollte es doch die Lebenswirklichkeit der Menschen widerspiegeln. Rimkus hat weder Abitur noch Studium. "Dafür zwei Gesellenbriefe und einen Meisterbrief", sagte der 55-Jährige nicht ohne Stolz. Gleich nach der mittleren Reife hat er Elektroinstallateur und Starkstromelektriker gelernt und später noch den Elektromeister gemacht. Beim Strom macht ihm so schnell niemand etwas vor. Schließlich hat er 35 Jahre in diesem Bereich bei den Stadtwerken Düsseldorf gearbeitet.

Andreas Rimkus ist gelernter Elektromeister – Er sitzt für die SPD im deutschen Bundestag. - © Holger Stoldt

Als neues Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie will Rimkus an seine bisherige Tätigkeit im Verkehrsausschuss anknüpfen und vor allem daran mitwirken, die Energie- und die Mobilitätswende miteinander zu verknüpfen. "Gerade im Stadtverkehr müssen wir die viel fahrenden Flotten möglichst schnell auf Elektroantriebe umstellen", betonte er. Für Busflotten, Taxen, Kurierdienste und Handwerksflotten sollte es schnell entsprechende Förderprogramme geben. "Fahrverbote dürfen nur als letztes Mittel verhängt werden", sagte er mit Blick auf die zu hohen Stickoxidwerte in Düsseldorf und anderen deutschen Großstädten. Parallel dazu müsste auch die Ladeinfrastruktur verbreitert werden. "Gute Politik ist wie gutes Handwerk", hob er hervor. Sie müsse durchdacht sein. "Allein mehr E-Fahrzeuge zu wollen reicht nicht", sagte er. Das Ziel müsse in der Praxis auch umsetzbar sein.

Rimkus kann sich nicht nur in der Politik für gutes Handwerk begeistern. "Die duale Ausbildung ist immer noch eine sehr solide Grundlage", betonte er. "Ich bin schon mit so einigen Philosophen Taxi gefahren, einen Elektromeister habe ich bisher dort aber noch nicht getroffen". Er selbst habe in 35 aktiven Berufsjahren rund 800 junge Menschen mitausgebildet. Er wisse, wie wichtig es sei, sie an ihrem jeweiligen Ort abzuholen und sie in die berufliche Bildung mitzunehmen. Er werde sich deshalb, wo immer nötig, für die duale Ausbildung und die Meisterpflicht einsetzen.

Eine Mindestausbildungsvergütung wie im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, ist seiner Ansicht nach überfällig und ein wichtiger Anreiz. Damit mehr Jugendliche und junge Erwachsene wieder eine duale Ausbildung wählen, sollte auch das Bafög weiter erhöht und der Meisterbrief endlich gebührenfrei sein. "Es ist doch nicht einzusehen, dass ein junger Mensch für den Elektromeister 12.000 Euro bezahlt, während das Studium zu Recht gebührenfrei ist. Berufliche und akademische Bildung sind für mich gleichwertig", meint er. Dann, so hofft Rimkus, gibt es nicht nur ausreichend gut ausgebildete Fachkräfte, sondern vielleicht auch den ein oder anderen Handwerksmeister oder die ein oder andere Handwerksmeisterin, die es nach einschlägiger Berufserfahrung auch ins Parlament schafft.

Eckhard Pols (CDU): "Wir brauchen eine bessere Anknüpfung an die großen Städte"

Glasermeister Eckhard Pols ist kein Neuling im Bundestag. Seit 2009 vertritt der CDU-Politiker in Berlin seinen Wahlkreis Lüneburg/Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen. Dennoch kommt in der jetzigen Legislaturperiode Neues auf ihn zu: Er wechselt vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ins Verkehrsressort. Die Diskussion um die Diesel-Fahrverbote beschäftigt ihn deshalb derzeit stark. "Stickstoffwerte schön und gut, aber was das für kleine Handwerksbetriebe in der Praxis bedeutet, wird dabei vergessen", sagt der 56-Jährige geborene Lüneburger, der das Thema jedoch eher von seinen Zeiten während der Sitzungswochen in Berlin kennt.

Denn sein Wahlkreis ist einer der dünnbesiedeltsten in Deutschland und von hohen Abgaswerten ist nicht einmal seine Heimatstadt Lüneburg betroffen, obwohl sie einen starken Zuzug erlebt und viel gebaut wird. In Lüchow-Dannenberg wiederum erlebt er das Gegenteil: eine sehr ländlich geprägte Region, ohne starke Wirtschaft und mit den typischen Problemen, die im Zuge der Diskussion um nötige Förderungen für den ländlichen Raum genannt werden. Geprägt ist die Region vom Widerstand gegen die Atommülltransporte zum Zwischenlager Gorleben, von einem stark ausgeprägten Naturschutz, der Eckhard Pols zufolge manches Mal die Ansiedlung von Investoren verhindere, und von kleinen Bauernhöfen – nicht selten im Selbstversorgerprinzip.

Glasermeister Eckhard Pols (CDU) ist im Verkehrsressort tätig. - © CDU

Die Region, das Wendland, liegt sehr abgeschieden, denn es dauert einige Zeit, bis man sie per Autobahn erreicht. Mit dem Zug kommt man aus dem Südkreis zwar recht gut nach Hamburg oder Berlin, aber vom nördlichen Ende des Wendlands dauert es wiederum länger als mit dem Auto. "Wir brauchen eine bessere Anknüpfung an die großen Städte, wir müssen sowohl die Autobahn A39 endlich bauen, wir brauchen ein drittes Gleis für den Güterverkehr zwischen Uelzen und Salzwedel und wir müssen auch etwas für die Binnenschifffahrt tun, damit die Elbe als Bundeswassersstraße nicht an Bedeutung verliert", fasst Pols die Aufgaben zusammen, die vor ihm liegen. Da in dieser Legislaturperiode sehr viele Entscheidungen im Verkehrsbereich seiner Region anstehen, wurde er zur Verstärkung in das Ressort geholt.

Obwohl er noch Geschäftsführer seines Handwerksbetriebs ist, ruht seine Tätigkeit dort derzeit. "Nur wenn es wirklich nötig ist, springe ich als Aushilfe ein", sagt der Glasermeister, dem der Bezug zu seinem Beruf, seinem Betrieb und vor allem der Handwerkspraxis dennoch sehr wichtig ist. "Nur wenn ich die wirklichen Probleme aus der Praxis kenne, kann ich auf politischer Ebene etwas dagegen unternehmen", sagt er und weist auf die vielen Beschlüsse und Gesetze hin, die fern jedes Alltags eines Handwerksunternehmens seien. Kleine und vor allem mittelständische Betriebe würden oft zu wenig berücksichtigt, findet er. Zwar gebe es oftmals Regelungen für Kleinstbetriebe, aber die dazwischen mit mehr als 25 und weniger als 250 Mitarbeiter würden oft über Gebühr mit Pflichten belastet.

Als wichtige Themen der neuen Bundesregierung, die auch das Handwerk unmittelbar betreffen, bewertet Pols vor allem die Pflicht zur Rentenvorsorge für Selbstständige und den Mindestlohn für Azubis. "Man muss aber sehen, dass man die Soloselbstständigen nicht zu sehr in die Mangel nimmt, denn viele haben eben zu wenig übrig für eine umfangreiche private Vorsorge", betont der CDU-Mann. Er denkt eher an neue pauschale Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenkasse, die nach dem Einkommen gestaffelt werden sollten. Und auch beim Mindestlohn für Azubis dürfe man nicht zu streng sein, sagt er und fährt fort: "Die Unterschiede im Handwerk sind groß und die Vergütung der Azubis sollte sich daran ausrichten – vielleicht indem man den regulären Gesellenlohn als Basis nimmt und dann einen bestimmten Prozentsatz davon als Ausbildungsvergütung heranzieht."

Begonnen hat Eckhard Pols seine politische Karriere über verschiedene Ämter in der Kreishandwerkerschaft in Lüneburg. Nach der Ausbildung im Glaserbetrieb seines Vaters und der Gesellenprüfung hat er erst den Meister gemacht, dann den Betriebswirt des Handwerks und ein paar Jahre später folgten die Selbstständigkeit und die Übernahme des Familienbetriebs. Schon mit 16 trat er in die Junge Union ein und war dann bis er 2009 erstmals für den Bundestag kandidierte kommunalpolitisch aktiv. In der Kreishandwerkerschaft Lüneburger Heide war er zwischenzeitlich stellvertretender Kreishandwerksmeister, doch aktiv war er vor allem im Junghandwerk, das einst sein Vater auf Bundesebene mitgegründet hat.

Pols pendelt wie viele andere Bundestagsabgeordneten immer zu den Sitzungswochen nach Berlin und verbringt die Zeit dazwischen bei seiner Familie und seinen fünf Kindern in Lüneburg oder in seinem recht großen Wahlkreis – meist unterwegs per Auto, weil die Verkehrsanbindung eben immer noch so schlecht ist. Eckhard Pols hat sich auf die Fahnen geschrieben, hier etwas ändern zu wollen. Doch auch wenn sein neues Schwerpunktthema ihn sehr beschäftigt, hat er doch noch Themen aus seiner langjährigen Zeit im Familienausschuss, die ihn weiter beschäftigen und die er quasi mitnimmt. So beispielsweise eine bessere staatliche Unterstützung für Kinder psychisch kranker Eltern – ein Thema für das er sich schon lange einsetzt.

Exklusive Leseraktion

Sie fragen, er antwortet: Auf der Facebook-Seite der Deutschen Handwerks Zeitung stellt sich der bereits im März vorgestellte Bundestagsabgeordnete und Elektromeister Manfred Todtenhausen (FDP) Ihren Fragen. Diskutieren Sie mit: Wo kann die Politik helfen, wo muss sie korrigieren und wie kann es angepackt werden?

So nehmen Sie teil: Am Dienstag, 15. Mai, um 12 Uhr veröffentlicht die Deutsche Handwerks Zeitung ein Video des Politikers auf ihrem Facebook-Kanal. Todtenhausen wird die Leser darin aufrufen, all jene Fragen zu stellen und Ideen zu kommentieren, die sonst nicht nach Berlin durchdringen. Die Kommentarfunktion unter dem Videobeitrag dient als Plattform für den Austausch, sowohl mit dem Bundestagsabgeordneten als auch mit anderen Handwerkskollegen. Alle Kommentare werden gelesen, Fragen und Anregungen von Todtenhausen persönlich in den Kommentaren beantwortet.

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