Compliance in Handwerksbetrieben Wenn Geschenke zum Problem werden

Eine Flasche Champagner, oder ein Reisegutschein? Treuen Kunden und Geschäftspartnern mit Geschenken eine Freude zu machen, das hört sich manchmal leichter an als es ist. Damit keine rechtlichen Probleme auftreten, sollten einige Punkte beachtet werden.

Andreas Pyrcek und Alexandra ­Hullot

Ein kleines Geschenk als Dankeschön für ­eine gute Geschäftsbeziehung – dagegen spricht auf den ersten Blick nichts. Doch es gibt einige Punkte, die beachtet werden sollten. - © Bacho Foto/Fotolia.com

Mit dem Versand von Geschenken und Zuwendungen begibt man sich in eine Grauzone, die einem Betrieb oder dem "Zuwender“ schnell negativ ausgelegt werden kann. So kann ein Präsent an den zuständigen Sachbearbeiter oder an einen Amtsträger im Vorfeld einer Auftragsvergabe unter Umständen als Bestechung angesehen werden, selbst wenn die Geschäftsbeziehung schon jahrelang besteht. Gerade im Bereich der Auftragsvergabe gilt es, den Eindruck von unzulässiger Einflussnahme gänzlich zu vermeiden. Die Möglichkeiten, Einfluss durch Zuwendungen und Geschenke zu nehmen, sind groß. Diese erstrecken sich auf die Auswahl von Dienstleistern, über angepasste Konditionen oder Auftragsbedingungen bis hin zu Bevorzugungen bei der Auftragsabwicklung oder -abnahme.

Mitarbeiter informieren

Im eigenen Betrieb sollte daher geregelt sein, ob und in welcher Höhe Mitarbeiter Zuwendungen und Geschenke entgegennehmen dürfen. Zudem sollte ein transparenter, für alle Mitarbeiter geltender Ablauf festgelegt werden, der für einen unabhängigen Dritten nachvollziehbar ist. Denn auch hier besteht die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter unerwünscht beziehungsweise unzulässig beeinflusst wird und dadurch beispielsweise zu teuer bei einem Lieferanten einkauft oder diesem verbesserte Zahlungs- oder Auftragsbedingungen gewährt.

Verdacht von Bestechung ausschließen

Aus steuerlicher Betrachtung kann dies auch zu Risiken führen, wenn gesetzlich vorgegebene Freigrenzen überschritten werden beziehungsweise nicht nachgewiesen werden kann, dass die Geschenke ordnungsgemäß versteuert wurden ("geldwerter Vorteil“). Der Verdacht von Bestechung muss beim Erhalt von Geschenken ebenfalls ausgeschlossen werden.

Verhaltensregeln vorher festlegen

Betriebe jeder Größe und über alle Branchen hinweg haben sich mittlerweile Verhaltensregeln (sogenannte "Code of Conduct“) gegeben, in denen sowohl der Umgang mit Geschäftspartnern als auch mit Zuwendungen und Geschenken geregelt ist . Diese Verhaltensregeln sind nicht nur für die Mitarbeiter verpflichtend, vielmehr schließen diese häufig auch externe Dienstleister, Geschäftspartner und Kunden ein.

Kommunikation vermeidet Konflikte

Wenn man über die Kultur und die konkreten Vorgaben des Geschäftspartners in Bezug auf Weihnachtsgeschenke Bescheid weiß, kann dies ungewolltes Verhalten und Konflikte schon im Vorfeld vermeiden. Auch die klare Kommunikation eigener, im Betrieb verankerter Vorgaben hilft, einen Geschäftspartner durch mögliches Zurückweisen von Geschenken nicht vor den Kopf zu stoßen.

Management-Systeme nutzen

Geschenke an einzelne Mitarbeiter oder Personen sind also grundsätzlich kritisch zu hinterfragen . Im eigenen Betrieb sollte zu Geschenken eine klare Kommunikation eingeführt werden, der eine transparente Vorgehensweise ermöglicht und sicherstellt. Dazu sind Compliance-Management-Systeme (CMS) ein nützliches Instrument. Dieser Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet die Gesamtheit der im Unternehmen eingerichteten Maßnahmen und Prozesse/Abläufe, um Regelkonformität sicherzustellen.

Tipps für den Umgang mit Geschenken

Fragen, die Sie für Ihren Betrieb beantworten können sollten:

  • Sind Ihnen die gesetzlichen und relevanten Rahmenbedingungen bekannt?
  • Vertrauen Sie auf das ethische Verhalten Ihrer Geschäftspartner und Subunternehmen?
  • Wie ist der Umgang mit Geschenken und Einladungen bei/mit Ihren Geschäftspartnern geregelt?
  • Existiert in Ihrem Unternehmen ein Hinweisgebersystem? Ist dieses auch Externen zugänglich?

Praxistipps für einen wirksamen Umgang mit Regelverstößen:

  • Ein wirksames Überwachungssystem einführen.
  • Für die nötigen Informationen im Betrieb sorgen.
  • Das Unternehmen durch Prävention nachhaltig schützen.
  • Im Ernstfall schnell und richtig reagieren.

Compliance-Risiken definieren

So sollte im Betrieb eine Kultur gelebt werden, die regelkonformes Verhalten fördert und bei welcher der Vorgesetzte mit gutem Beispiel voran geht. Ebenfalls wichtig ist die Definition von Zielen, die durch Compliance erreicht werden sollen, um geeignete Abläufe zur Verbesserung der Betriebsorganisation steuern zu können. Die Kenntnis und Identifikation der betrieblichen Compliance-Risiken ist wichtig, um Maßnahmen zu ergreifen, die diese Risiken minimieren.

Individuelles Programm erstellen und kommunizieren

Auf der Grundlage der gesteckten Ziele und der identifizierten Risiken kann nun ein auf den einzelnen Betrieb abgestimmtes Compliance-Programm entwickelt werden, um die betriebliche Organisation bestmöglich zu schützen. Darin eingebettet befindet sich die Organisation von Verantwortlichkeiten und standardisierten Abläufen zur Minimierung von Risiken. Ein weiterer, wichtiger Baustein ist die Kommunikation der Maßnahmen , zum Beispiel durch regelmäßige Workshops oder das Aufstellen von Verhaltensregeln. Hier können Vertrauen und Verständnis für die Änderung alter Gewohnheiten gewonnen werden. Zuletzt ist es unerlässlich, ein CMS auf seine fortdauernde Wirksamkeit hin zu überwachen und gegebenenfalls auch zu verbessern .

Mitarbeiter auf neusten Stand halten

Wichtig bei der Weiterentwicklung von bereits bestehenden Abläufen ist, die Mitarbeiter auf den neuesten Stand interner wie auch externer Vorgaben zu bringen und gleichzeitig das gewünschte Verhalten zu vermitteln. Hierbei sollte die Verantwortlichkeit auf eine bestimmte Person übertragen werden, damit einerseits die Einhaltung sichergestellt wird, aber auch Verbesserungsmöglichkeiten analysiert und nachgehalten werden können.

Angenehme Mitarbeiterkultur fördern

Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu einem optimalen CMS für Handwerksbetriebe ist ein funktionierendes Hinweisgebersystem. So sollte eine Kultur gelebt werden, in der Hinweise nicht als "Petzen“, sondern vielmehr als "Loyalität gegenüber dem Betrieb“ ausgelegt werden. Durch ein funktionierendes Hinweisgebersystem, zum Beispiel durch einen anonymen Briefkasten oder eine eigens eingerichtete Internetseite, hat die Betriebsführung die Möglichkeit, in ihren eigenen Betrieb hineinzuhören und so ungefilterte Informationen über potenziell relevante Vorgänge zu erhalten. Dabei ist es jedoch wesentlich, die a nonym abgegebenen Informationen zu überprüfen, um Verleumdungen auszuschließen. Bei einem CMS muss es sich nicht zwingend um sperrige Programme handeln. Ein Beispiel für einen gelebten Compliance Prozess in Handwerksbetrieben stellt das "Vier-Augen Prinzip“ beim Einkauf oder in der Buchhaltung dar.

Was ist Compliance?

  • Compliance definiert die Einhaltung von Verhaltensmaßregeln, Gesetzen und Richtlinien und kann auch als Regelkonformität interpretiert werden.
  • Compliance-Kultur: Im Betrieb sollte eine Kultur gelebt werden, die regelkonformes Verhalten fördert, das durch den Chef bzw. die Führungskräfte vorgelebt wird.
  • Compliance-Ziele: Ebenso wichtig ist die Definition von Zielen, die durch Compliance erreicht werden sollen, um zielgerichtet Prozesse wie auch Abläufe zur Verbesserung der Betriebsorganisation steuern zu können.
  • Compliance-Risiken: Die Kenntnis und Identifikation der betrieblichen Compliance-Risiken ist wichtig, um Maßnahmen zu ergreifen, die diese Risiken minimieren.
  • Compliance-Programm: Auf der Grundlage der gesteckten Ziele und der identifizierten Risiken kann nun ein auf den einzelnen Betrieb abgestimmtes Compliance Programm entwickelt werden, um die betriebliche Organisation bestmöglich zu schützen.
  • Compliance-Organisation: In das Programm eingebettet ist die Organisation von Verantwort-lichkeiten und standardisierten Prozessen und Abläufen zur Minimierung von Risiken.
  • Compliance-Kommunikation: Ein weiterer, wichtiger Baustein ist die Kommunikation der Maßnahmen. Hier können Vertrauen und Verständnis für die Änderung alter Gewohnheiten gewonnen werden.
  • Compliance-Überwachung: Zuletzt ist es unerlässlich, das CMS auf seine fortdauernde Wirksamkeit hin zu überwachen und gegebenenfalls auch zu verbessern.
  • Der IDW PS 980 ist der Prüfstandard für Compliance-Management-Systeme des Instituts der Wirtschaftsprüfer. Anhand des Standards können Konzeption, Angemessenheit und Wirksamkeit des CMS überprüft werden.

Die Autoren

© Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfung

Andreas Pyrcek ist Partner bei Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfung im Bereich Business Integrity & Corporate Compliance in Düsseldorf. Er hat mehr als elf Jahre Erfahrung in der Beratung von Unternehmen in den Bereichen Corporate Compliance, Ethik und Integritätsmanagement sowie in internationalen Sonderuntersuchungen.

Die Autoren

© Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfung

Alexandra ­Hullot ist Betriebswirtin und Wirtschaftsjuristin. Sie ist Senior Manager bei EY im Bereich Business Integrity & Corporate Compliance in München. Ihre Schwerpunkte liegen im Bereich forensische Sonderuntersuchungen, Anti-Fraud- und Compliance-Management.