BIBB-Report zu Ausbildungsabbrüchen Wenig kompromissbereit: Darum brechen Azubis ihre Lehre ab

Wenn Azubis ihre Lehre abbrechen, geschieht dies meist in den ersten Monaten. Die Gründe für Ausbildungsabbrüche sind komplex. Doch einige spielen besonders häufig eine Rolle. Das zeigt eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Azubis in einem Lehrbetrieb
Eine gute Berufsorientierung vor Beginn einer Berufsausbildung kann helfen, einen vorzeitigen Abbruch zu vermeiden. Azubis wollen wissen, was sie im Job erwartet. - © auremar - stock.adobe.com

Gehen Jugendliche bei der Berufswahl Kompromisse ein, erhöht sich das Risiko eines Ausbildungsabbruchs. Das zeigt ein Bericht des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), für den Langzeitdaten zu Ausbildungsabbrüchen ausgewertet wurden. Kompromisse können darin bestehen, statt des eigentlichen Traumberufs einen ähnlichen Beruf oder nur eine ähnliche Branche zu wählen – oder den Beruf in einem sehr großen statt in einem kleinen Betrieb zu erlernen.

Diese Faktoren begünstigen Ausbildungsabbrüche

Die Daten basieren auf dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) und beschreiben die Antworten von mehr als 7.000 Schülern verschiedener Bildungswege, die über mehrere Jahre bis in die Berufsausbildung und auch während dieser begleitet wurden.

Da nur die Sicht der Jugendlichen erfasst wird, weichen die Ergebnisse zahlenmäßig von dem ab, was üblicherweise über Ausbildungsabbrüche gesagt wird. So weist die offizielle Berufsbildungsstatistik, die sich immer auf einen konkreten Jahrgang bezieht, durchschnittlich 25 Prozent Ausbildungsabbrüche aus. Im vorliegenden BIBB-Bericht wird die Abbruchquote mit elf Prozent angegeben. Diese Zahlen beruhen allerdings auf anderen Berechnungsmodellen, die sich auf die Ergebnisse mehrerer Jahre beziehen. Außerdem sind die Fälle, in denen die Ausbildung auf Veranlassung des Betriebes oder der Berufsschule abgebrochen wurde, nicht berücksichtigt.

Was die Daten aber insgesamt zeigen bzw. bestätigen, sind einige typische Faktoren, die einen vorzeitigen Ausbildungsabbruch begünstigen. So zeigt auch der BIBB-Bericht, dass das höchste Risiko für Auszubildende mit niedrigem allgemeinbildenden Schulabschluss, für Auszubildende mit Migrationshintergrund sowie für Auszubildende in Ostdeutschland besteht.

Die Autoren des BIBB-Berichts haben aber noch weitere Faktoren untersucht und identifiziert, die einen Einfluss auf Ausbildungsabbrüche haben. So wurde untersucht, ob es Unterschiede zwischen der dualen Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule und der rein schulischen Berufsausbildung gibt. Sie fanden keine bzw. es zeigte sich, dass "die ermittelten Risikofaktoren für eine vorzeitige Beendigung nicht nur für den dualen Ausbildungssektor, sondern auch für schulische Berufsausbildungen gelten." So lautet das Fazit des BIBB-Berichts.

Ausbildungsabbrüche höher bei einer Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Als besonders wichtig und bisher zu wenig erforscht und berücksichtigt wird von den Experten jedoch der Einfluss der bereits beschriebenen Kompromisse angesehen. So kann eine Diskrepanz zwischen erwartetem und tatsächlich erreichtem Ausbildungsberuf zu einem Ausbildungsabbruch führen. Dies zeigt sich in der Regel sehr früh, so dass die Ausbildung bereits im ersten Lehrjahr abgebrochen wird. Konkret zeigen die Auswertungen, dass das Risiko eines vorzeitigen Ausbildungsabbruchs umso höher ist, je stärker der erreichte Ausbildungsberuf von den Erwartungen abweicht.

"Insbesondere starke Kompromisse, also das Ausweichen auf einen anderen Berufssektor als den ursprünglich erwarteten, waren dabei mit einem ungefähr doppelt so großen Risiko einer vorzeitigen Beendigung verbunden wie bei Personen, die ihre Berufsaspirationen erfüllen konnten", erklären die Studienautoren. Als Lösung des Problems schlagen sie vor, allzu große Kompromisse bei der Berufswahl durch eine verbesserte Berufsorientierung schon in der Schule zu vermeiden.

Ausbildungsabbrüche drohen, wenn am Ausbildungsbeginn Probleme auftreten

Eine große Rolle spielt des Weiteren der Einstieg in die Ausbildung bzw. das Ankommen im Betrieb bzw. im Ausbildungsberuf – und auch wiederum, ob die Azubis gleich am Anfang erleben, dass sich ihre Erwartungen bestätigen. Dabei spielen subjektive Faktoren eine Rolle – etwa, ob die Azubis die Arbeit als körperlich belastend empfinden, ob sie Spaß an der Arbeit haben und auch, ob sie Anerkennung und Erfolge vermittelt bekommen. Weniger wichtig sind dem Bericht zufolge monetäre Anreize. Statt längerfristiger Überlegungen zum zukünftigen Nutzen einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung spielt für die Azubis die aktuelle Wahrnehmung ihrer Ausbildungssituation eine große Rolle.