Britische Gesellschaftsform Limited Brexit: Folgen für die Private Limited Company

Eine "Private Limited Company by shares" zu gründen, war jahrelang für deutsche Existenzgründer attraktiv. Doch mit dem Brexit stellt sich auch die Frage, was mit dieser Gesellschaftsform passiert, wenn Großbritannien die EU verlässt. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Michael Krabs

Wie es genau mit der Limited weitergeht, ist noch unklar. Aber es gibt einige denkbare Szenarien. - © stanciuc/Fotolia.com

Für Existenzgründer war sie verlockend. Die britische Gesellschaftsform Limited ("Private Limited Company by shares", kurz Ltd.) konnte theoretisch bereits ab einer Mindesteinlage von einem Pfund innerhalb kürzester Zeit und ohne Notar gegründet werden. Die Haftung war auf das eine Pfund beschränkt und es ließen sich unbeliebte Rechtsregeln wie die deutsche betriebliche Mitbestimmung umgehen. Auch mancher deutsche Handwerksbetrieb erlag diesen Verlockungen und wird bis heute in Form einer Limited geführt. Was passiert mit diesen Unternehmen nach dem Brexit?

Wie hat sich die Zahl der Gründungen einer Limited entwickelt?

Die Zahl der Gründungen einer englischen Private Limited Company (Limited) war in Deutschland deutlich gestiegen, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem "Überseering"-Urteil vom 5. November 2002 (Rs. C-208/00) entschieden hatte, dass eine in einem EU-Mitgliedstaat wirksam gegründete Kapitalgesellschaft in allen anderen Mitgliedstaaten als solche anzuerkennen ist.

Als Folge gab es in den Jahren 2003 bis 2008 eine regelrecht Gründungswelle für die Ltd. Fast 70.000 Ltds wurden zu Hochzeiten in Deutschland gezählt. Derzeit sind es noch ca. 39.500 Unternehmen, welche die Rechtsform der Limited in Deutschland tragen. Der deutliche Rückgang hat seine Ursache darin, dass es neben den Vorzügen bei Kapitaleinsatz, Haftung und Gründungsaufwand auch eine Menge Nachteile der Limited gibt. So müssen beispielsweise Steuerunterlagen nach deutschem und englischem Recht erstellt und in beiden Staaten eingereicht werden. Darüber hinaus war eine Anmeldung im Handelsregister vorgeschrieben (es gelten also deutsche Kaufmannspflichten, Firmengrundsätze usw.) und wer seiner Berichtspflicht in England drei Jahre lang nicht nachkam, dem wurde mal eben das Unternehmen gelöscht. Mit der unangenehmen Folge, dass plötzlich volle private Haftung in Deutschland bestand.

Welche Folgen hat der Brexit für die Private Limited Company?

Dennoch gibt es noch immer zahlreiche als Limited geführte Unternehmen in Deutschland. Für diese Unternehmen besteht jetzt die große Unsicherheit, wie es nach dem Brexit weitergeht. Die schlimmste und aufwendigste Folge wäre sicher die Umstrukturierung. Denn wenn das Königreich tatsächlich aus der EU ausscheidet, greift die EU-Niederlassungsfreiheit nicht mehr.

Dazu muss man wissen, dass im deutschen Gesellschaftsrecht normalerweise die "Sitztheorie" gilt. Sie besagt, dass das Recht des Landes der faktischen Niederlassung ausschlaggebend ist. Die deutschen Ltds betreiben in der Regel die Verwaltung und Haupttätigkeit des Unternehmens in Deutschland. Nach der Sitztheorie wäre dann also deutsches Recht anzuwenden. Da in Deutschland keine Kapitalgesellschaft gegründet wurde, wäre die Ltd. "Verwaltung" hierzulande als OHG zu qualifizieren, was erhebliche Haftungsrisiken aufwerfen würde (unter anderem das Vollhafter-Prinzip).

Welche Szenarien sind nach dem Brexit denkbar?

Bisher hat der Europäische Gerichtshof EuGH den Bundesgerichtshof in die Schranken gewiesen und angemerkt, dass die deutsche Sitztheorie die EU-Niederlassungsfreiheit unzulässig einschränkt. Mit Verlassen der EU muss es nicht hierbei bleiben. Drei Varianten sind denkbar:

  1. Es wird einen Bestandsschutz geben. Dann haben die deutschen Limited-Unternehmen von dieser Seite her nichts zu befürchten.
  2. Es wird eine Übergangsfrist (und vielleicht sogar Hilfe) für die Umwandlung geben.
  3. Die Niederlassung wird sofort nach dem Austritt Englands aus der EU aus dem HGB gestrichen. Die Folge wäre eine plötzliche unfreiwillige Verselbstständigung und damit volle private Haftung.

Mögliche Lösung: Limited in eine Kapitalgesellschaft umwandeln

Um Risiken zu vermeiden besteht die Möglichkeit eine Ltd. bereits jetzt in eine Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht umzuwandeln. Bis 2014 war der Wechsel einer britischen Ltd. in eine deutsche Kapitalgesellschaft faktisch unmöglich: Da das englische Recht, die Verlegung des statutarischen Sitzes einer englischen Private Limited Company ins Ausland nicht anerkannte und auch das deutsche Recht einen solchen Wechsel nicht vorsah.

Glücklicherweise wurde die Umwandlung durch ein Urteil des EuGH ermöglicht, welches durch einen Beschluss des OLG Nürnberg später konkretisiert wurde, ermöglicht. Das Verfahren ist allerdings kompliziert und es bestehen nach wie vor viele Unsicherheiten. Limited-Inhaber sollten daher frühzeitig Erkundigungen einholen und die Umstrukturierung vorbereiten um nicht kalt erwischt zu werden. Unter Umständen kann es sogar einfacher sein, die britische Ltd. zu liquidieren und eine neue Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht zu gründen. Die Unternehmensgesellschaft haftungsbeschränkt bietet sich hierfür an. Sie wurde vom deutschen Gesetzgeber als Reaktion auf die Gründungswelle der Limited ins Leben gerufen und bietet ähnliche Vorzüge.

Wie sieht die Struktur einer Limited aus?

Ein weiterer Grund für eine baldige Umwandlung der Limited nach dem Brexit kann die Struktur der Limited darstellen. Sie besteht grundsätzlich aus drei Organen: Dem Shareholder (Gesellschafter, Anteilseigner), dem Director (Geschäftsführer) und dem Company Secretary (Verwalter). In der Praxis war dies bisher kein Hindernis, da spezialisierte Limited-Gründungsagenturen im Internet die Übernahme des Company Secretary als Dienstleistung gegen eine jährliche anboten und die anderen beiden Organe vom Gründer in Personalunion übernommen werden konnten. Außerdem ist die Ernennung eines Company Secretary seit 2008 nicht mehr verpflichtend.

Unsicherheiten zur Zukunft der Limited bestehen von Seiten der britischen und der europäischen Gesetzgebung

Niemand kann allerdings vorhersagen, wie der britische Gesetzgeber die Limited künftig behandeln wird und ob die Praxis auf einen Company Secretary vor Ort in England zu verzichten, weiterhin erlaubt sein wird. Damit würde der englische Staat ja praktisch Briefkastenfirmen im eigenen Land dulden, welche EU-Unternehmern Vorzüge bietet, ohne dass der englische Staat selber Vorteile (z.B. Steuereinnahmen) dadurch hätte. Wahrscheinlicher ist es, dass der englische Gesetzgeber diese Vorteile für dann "ausländische Unternehmen“ nach dem Brexit ersatzlos streichen wird.

Es bestehen also Unsicherheiten von zwei Seiten: Der britischen und der europäischen bzw. deutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung. Abwarten kann eine gefährliche Strategie sein. Besser ist es aktiv zu werden und die Umwandlung der Ltd. in eine deutsche Kapitalgesellschaft aktiv anzugehen.