Das erste Level einer Stufenausbildung endet nach 24 Monaten. Kann für die folgende Spezialisierung eine neue Probezeit vereinbart werden? Ausbildungsberater Peter Braune gibt Antwort.
Die Stufenausbildung ist eine auch als Anrechnungsmodell bezeichnete Form der Berufsausbildung. Das Bildungsangebot ermöglicht bereits nach zwei Jahren den Berufsabschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Gleichzeitig besteht für die Lehrlinge die Wahl, nach der erfolgreichen Abschlussprüfung der ersten Stufe, die Ausbildungszeit in der zweiten Stufe fortzusetzen.
Die erste Ausbildungsstufe dauert 24 Monate. Sie dient der beruflichen Grund- und Fachbildung und schließt mit der Prüfung als Hochbau-, Ausbau- oder Tiefbaufacharbeiter ab. Die darauf aufbauende zweite Ausbildungsstufe dauert zwölf Monate. Hier erfolgt eine Spezialisierung im gewählten Ausbildungsberuf.
Zur zweiten Stufe gehören folgende Berufe: Zimmerer, Stuckateur, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Estrichleger, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer, Trockenbaumonteur, Maurer, Beton- und Stahlbetonbauer, Bauwerksmechaniker, Feuerungs- und Schornsteinbauer, Straßenbauer, Rohrleitungsbauer, Kanalbauer, Brunnenbauer, Spezialtiefbauer und Gleisbauer.
Praxisfall: Zweite Probezeit nicht rechtens
Nach diesem Konzept wurde eine junge Frau zur Ausbaufacharbeiterin ausgebildet und bestand erfolgreich die Abschlussprüfung. Danach schloss sie einen Anschlussvertrag für die Ausbildung zur Kälte- und Schallschutzisoliererin ab. In diesem Vertrag wurde eine Probezeit von zwei Monaten vereinbart. Während der Probezeit kündigte der Meister den Lehrvertrag schriftlich, fristlos und ohne Angabe von Gründen.
Die junge Frau informierte sich bei der Handwerkskammer. Der Berater erklärte ihr die Rechtslage. Die Vereinbarung einer erneuten Probezeit war rechtswidrig. Wird bei einer Stufenausbildung für die weitere Stufe zwischen den bisherigen Vertragsparteien ein neuer Lehrvertrag abgeschlossen, so ist eine neue Probezeit nicht zulässig.
Warum die doppelte Probezeit unnötig ist
Es ist zwar rechtlich geregelt, dass ein Lehrverhältnis mit der Probezeit beginnt. Sie soll den Auszubildenden ermöglichen, ihre Eignung für den erwählten Beruf zu testen. Außerdem zeigt sich, ob die Parteien miteinander klarkommen. Aber dieses Ziel wurde bereits mit der ersten Probezeit erreicht.
Eine zweite Probezeit ist nicht zulässig, weil es sich um eine Vereinbarung zu Ungunsten der Lehrlinge handelt. Der Günstigkeitsvergleich zwischen den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen über die Probezeit ist nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen. Für Lehrlinge stellt die Vereinbarung einer neuen Probezeit einen Nachteil dar, denn sie verlieren für die Dauer der Probezeit den Kündigungsschutz und könnten jederzeit grundlos gekündigt werden.
Vorteilhaft wäre die Vereinbarung einer neuen Probezeit aus Sicht der Azubis, weil auch sie das Ausbildungsverhältnis jederzeit fristlos kündigen könnten. Dieser Vorteil fällt jedoch gegenüber dem Nachteil nicht entscheidend ins Gewicht, da sie das Ausbildungsverhältnis sowieso mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen können.
Ihr Ausbildungsberater Peter Braune
Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.