Kolumne Was tun bei sexueller Belästigung in der Ausbildung?

Kommt es in der Ausbildung zu sexuellen Übergriffen, dürfen Ausbilder auf keinen Fall die Augen davor verschließen. Welche Konsequenzen zu ziehen sind, erklärt Peter Braune in seiner aktuellen Kolumne.

Frau macht Stopp-Zeichen mit Hand.
Meisterinnen und Meister sind in der Pflicht, ihre Auszubildenden zu schützen. Hinweise über sexuelle Belästigungen müssen sie ernst nehmen. - © brillianata - stock.adobe.com

Ich habe vom Fall einer jungen Frau gehört, der wegen ihrer zeichnerischen und gestalterischen Begabung eine Lehrstelle als Mediengestalterin Digital- und Print angeboten wurde. Leider konnte ein junger Geselle seine Finger nicht bei sich behalten und auch verbal musste sie einiges aushalten. Sie wurde immer häufiger zum Opfer sexueller Belästigung.

Als Zwischenruf ein Hinweis: Sexuelle Belästigungen sind alle Handlungen, bei denen die sexuelle Selbstbestimmung und die Würde eines Menschen seelisch oder körperlich verletzt werden. Sexualisierte Gewalt kann mit Blicken und Worten anfangen und mit Berührungen weitergehen. In jedem Fall gilt: die Wahrnehmungen und Gefühle des Opfers zählen.

Dabei kann es um eine Berührung, unflätige oder sexuell orientierte Äußerungen gehen.

Sexuelle Belästigung: Meister müssen Hinweise ernst nehmen

Die Meisterin oder der Meister tragen die Verantwortung, dass Auszubildende im Betrieb sicher sind. Sie müssen stets ein wachsames Auge sowie ein offenes Ohr haben und alle Hinweise ernst nehmen. Die Auszubildenden sollten mit der Problematik vertraut gemacht werden. Sie müssen ein solches Verhalten nie hinnehmen, sondern müssen es sofort melden. Wer einen Vorfall dieser Art erlebt oder darüber Kenntnis erlangt, muss die betroffenen Auszubildenden schützen. Auf keinen Fall sollte ein Auge zugedrückt oder die Tatsache durch eine abfällige Bemerkung kleingeredet werden. Die Bestrafung des Täters ist zu veranlassen.

Auch wenn die Vorfälle nicht immer genau nachweisbar sind, kann es bei Gericht häufig als erwiesen angesehen werden, dass es zur sexuellen Belästigung gekommen war.

Im Ergebnis kommt es dann zu der Rechtsauffassung, das wiederholte sexuelle Belästigungen ein Anlass sein können, der ausführenden Person fristlos und ohne vorherige Abmahnung zu kündigen. Sind die Vorfälle als eher leicht einzustufen, muss nach Prüfung des Einzelfalls zuvor abgemahnt werden.

Übrigens: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet ausdrücklich jede unerwünschte sexuelle Belästigung als Form geschlechtsbezogener Diskriminierung im Erwerbsleben. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf Festangestellte, sondern auch für Auszubildende und arbeitnehmerähnliche Personen.

Ihr Ausbildungsberater Peter Braune

Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.