Unterschiedliche Bewertungen, schlechtere Noten als gedacht und schon kann es dazu kommen, dass eine Abschlussprüfung zu Rechtsstreitigkeiten führt. Wie man das vermeidet, erklärt Ausbildungsberater Peter Braune.

Soll eine Abschlussprüfung neu bewertet werden, stehen nicht selten Rechtsstreitigkeiten an. Doch Vorsicht: Stellt ein Prüfling einen Antrag auf eine Neubewertung der Prüfungsleistungen, muss er Fehler nachweisen. Nur so hat eine Klage Aussicht auf Erfolg. Bei prüfungsbezogenen Wertungen verbleibt den Prüferinnen und Prüfern ein Entscheidungsspielraum. Dann ist die gerichtliche Überprüfung auf folgende Aspekte beschränkt. Es ist zu kontrollieren, ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen, ob gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen wurde oder ob sich ein Beteiligter von fachfremden Erwägungen hat leiten lassen.
Dieses Juristendeutsch zeigt, dass es im Zusammenhang mit den Bewertungen in den Abschlussprüfungen immer wieder einmal zu Streitigkeiten kommen kann. Diese können auch vor Gericht landen. Die Bewertung ist alles andere als unkompliziert – und so gilt es derartige Rechtsstreitigkeiten nach der Abschlussprüfung bestenfalls zu vermeiden. Hier gibt es Tipps dazu.
Rechtsstreitigkeiten nach der Abschlussprüfung vorbeugen: Gute Vorbereitung hilft
Zwar gibt es kein Patentrezept, um Fehler der Beurteilung und Bewertung auszuschließen. Aus der Prüfungspraxis und mit langer Erfahrung kann man jedoch einiges lernen. Hier hat es sich bewährt, wenn man gemeinsam Beurteilungskriterien erarbeitet, die sich an den Ausbildungszielen des jeweiligen Berufsbildes orientieren.
Der Prüfungsausschuss muss den Prüfungsplatz kennen und sollte sich von der Gesundheit der Prüflinge überzeugen. Wenig hilfreich ist der Einblick in die früheren Beurteilungen oder Vornoten. Diese Aufgabe erfordert die entsprechende Zeit und Mühe. Alle Vorgaben aus den vorgegebenen Beurteilungsbogen sind zu berücksichtigen. Der Prüfer darf nur das beurteilen, wofür es auch das passende Wissen gibt und er darf nur die Aussagen zu vorliegenden Beobachtungen machen.
Abschlussprüfung: Klare Prüfungssituation und fachliche Fragen im Fokus
Die Beurteilungsfehler kann man verringern, wenn man regelmäßig beurteilt und sich die Beobachtungen auf die gesamte Prüfung beziehen. Die Beobachtungen sollten in jedem Bereich vorgenommen werden, um von Einzelleistungen unabhängiger zu sein. Die Beurteilungen werden möglichst von mehreren Personen gesammelt. Alle Beteiligten wissen, wie man mit der Prüfungsangst umgeht.
Der ganze Prüfungsausschuss sollte selbstkritisch die persönliche Verfassung und Einstellung vor jeder Prüfung überdenken. Nur wer seine persönlichen Empfindungen, Launen, Gefühle oder andere negative Befindlichkeiten ausblendet, kann eine Prüfungsleistung objektiv beobachten, eine saubere und schlüssige Beurteilung vornehmen und letztendlich alle Prüflinge individuell und gerecht beurteilen.
Grundsätzlich gilt, dass sich die Prüferinnen und Prüfer an die Vorgaben aus der Ausbildungsordnung halten. Sie sollten keine persönlichen Hobbys prüfen oder nur fachliche Themen in den sie sich besonders gut auskennen. Es dürfen nur Fragen gestellt werden, die in der jeweils vorgegebenen Ausführlichkeit den Vorgaben entsprechen.
Prüfung in Alltagssprache und mit Rücksicht auf Blackouts
Das Prüfungsgespräch führt man in der Regel in der Gegenwartsform. Üblich ist die Alltagssprache und wörtliche Rede. Das Gespräch unter Fachleuten führt vom Leichten zum Schweren und vom Einfachen zu schwierigen Sachverhalten. Offene Fragen lassen möglichst viele Antworten zu. Bei ängstlich und gehemmt wirkenden Prüflingen helfen geschlossene Fragen, bei denen man eine gezielte Antwort erwartet. Hilfreich ist ein sinnvoller Themenwechsel. Ungünstig sind rhetorische Fragen, Suggestivfragen oder Doppelfragen.
Vorbeugend kann man schon zu Beginn der Prüfung darauf aufmerksam machen, wenn eine Frage nicht verstanden wurde, sofort Bescheid zu geben, damit sie – vielleicht in einer anderen Form – neu gestellt wird.
Bei einem Blackout bohrt man natürlich nicht nach, sondern gibt eine Hilfestellung oder wechselt das Thema. Die Prüflinge sollte man nicht belehren. Den anderen Mitgliedern vom Prüfungsausschuss wird während des Gespräches nicht ins Wort gefallen. Unstimmigkeiten kann man im Nachgang klären. Es gilt die grundsätzliche Empfehlung, keine Diskussionen zuzulassen.
Ihr Ausbildungsberater Peter Braune
Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.