Kolumne Schwanger in der Ausbildung: Über Pflichten, Prüfung und Geld

Eine Schwangerschaft während der Ausbildung wirft viele Fragen auf. In seiner aktuellen Kolumne gibt Ausbildungsberater Peter Braune wichtige Antworten rund um die Prüfungszulassung, Ausbilderpflichten und die Vergütung.

Auszubildende dürfen auch während der Schwangerschaft, der Elternzeit und der Mutterschutzfristen an einer Prüfung teilnehmen. - © fotoduets - stock.adobe.com

Der Lehrvertrag einer jungen Frau, die zur Maßschneiderin ausgebildet wurde, hatte eine Laufzeit von drei Jahren. Im Herbst des zweiten Ausbildungsjahres konnte sie wegen einer Schwangerschaft nicht mehr an der Ausbildung teilnehmen. Ende Dezember wurde ihr Sohn geboren. Nach dem Ablauf der Mutterschutzfrist ging sie in den Erziehungsurlaub. Inzwischen waren die Termine für die nächste Abschlussprüfung ausgeschrieben. Sie wurde zur Prüfung angemeldet. Sowohl die Meisterin als auch die junge Frau waren der Meinung, die Ausbildungszeit wäre zurückgelegt und die Ausbildung damit abgeschlossen.

Nun kam es jedoch anders als gedacht, denn es stellte sich plötzlich die Frage, wie das denn sei mit der Prüfungszulassung, dem Ende der Ausbildungszeit, einer Schwangerschaft und dem Erziehungsurlaub? Grundsätzlich wird zur Prüfung zugelassen, wer die Ausbildungszeit zurückgelegt hat oder die Lehrzeit nicht später als zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet.

Elternzeit nicht auf die Ausbildungszeit anzurechnen

Im geschilderten Fall gab es jedoch einiges zu bedenken. War die Ausbildungszeit zurückgelegt? Fand der im Lehrvertrag vereinbarte Zeitraum tatsächlich und ohne erhebliche Fehlzeiten statt? Ist die vereinbarte Zeit abgelaufen?

Tatsächlich ist es so, dass die Schwangerschaft und die Rechte aus dem Mutterschutzgesetz keinen Einfluss auf den Ablauf der Ausbildungszeit haben. Die Unterbrechung kann die Grundlage für eine Verlängerung der Lehrzeit sein. Die Dauer des Erziehungsurlaubs hat nichts mit der Ausbildungszeit zu tun.

Solange sich die junge Mutter in Elternzeit befindet, kann sie die Zeit für die Ausbildung nicht zurücklegen. Somit kann ihre Ausbildungszeit nicht enden. Die Voraussetzungen für die Zulassung zur Abschlussprüfung sind damit nicht erfüllt. Die Schwangerschaft hat keinen Einfluss auf den Ablauf der Ausbildungszeit. Der Erziehungsurlaub ist nicht auf die Lehrzeit anzurechnen.

Wären die Voraussetzungen hingegen erfüllt, dürfte die Auszubildende auch während der Schwangerschaft, der Elternzeit und der Mutterschutzfristen an einer Prüfung teilnehmen. Das Mutterschutzgesetz gilt nur für das privatrechtliche Ausbildungsverhältnis, aber nicht für die öffentlich-rechtlichen Prüfungen.

Maßnahmen zum Schutz von schwangeren Auszubildenden

Im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft müsste die Meisterin noch viele andere Punkte beachten. Das beginnt damit, unverzüglich die zuständige Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen. Bei Minderjährigen dürfte sie die Erziehungsberechtigten informieren.

In allen Ausbildungsbetrieben ergeben sich aus so einem Fall Konsequenzen für den Schutz der Gesundheit. Der Ausbildungsplatz und Ausbildungsverlauf muss so gestaltet werden, dass Gefahren für die Gesundheit und Leben der werdenden Mütter vermieden werden. Die Maßnahmen richten sich nach den betrieblichen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Frauen.

Die Schwangeren unterliegen bei bestimmten Tätigkeiten einem generellen Beschäftigungsverbot. Sie dürfen keine schweren, körperlich belastenden Tätigkeiten ausführen oder Gesundheitsgefahren ausgesetzt werden, wie zum Beispiel durch Staub, Gase, Hitze, Kälte, Nässe oder Lärm. Unabhängig vom Alter dürfen sie nicht zur Mehrarbeit eingeteilt, in der Nacht zwischen 20 und sechs Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden.

Wann eine Beschäftigung definitiv ausgeschlossen ist

In den letzten sechs Wochen vor der Entbindung ist eine Beschäftigung der schwangeren Auszubildenden unzulässig, es sei denn, dass sie ausdrücklich ihre Bereitschaft dazu erklärt. Nach der Entbindung ist die Beschäftigung acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen absolut unzulässig.

Im Einzelfall kann die Beschäftigung einer Schwangeren schon vor dem Beginn dieser gesetzlichen Schutzfrist verboten sein, wenn nach ärztlichem Zeugnis die Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Ausbildung gefährdet ist.

Wann Ausbildungsbetriebe einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zahlen müssen

Während des gesetzlichen Mutterschutzes erhält die Auszubildende keine Ausbildungsvergütung vom Betrieb, sondern Mutterschaftsgeld von ihrer Krankenkasse. Wenn das weniger als die übliche Ausbildungsvergütung ist, muss der Meister oder die Meisterin den Differenzbetrag übernehmen. Der Differenzbetrag wird auf Antrag von der Krankenkasse der Auszubildenden erstattet.

Die Ausbildenden müssen die Ausbildungsvergütung für den Zeitraum fortzahlen, in dem die Schwangeren, wegen eines Beschäftigungsverbotes ganz oder teilweise nicht ausgebildet werden können. Auch der sogenannte Mutterschutzlohn wird auf Antrag von der Krankenkasse der Auszubildenden erstattet.

Kündigungsschutz für schwangere Auszubildende und Mütter

Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist eine Kündigung nicht erlaubt, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Der Kündigungsschutz gilt auch schon in der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Ausbildungsbeginn. Das gilt auch für Kleinstbetriebe, da die Kleinstbetriebsklausel des Kündigungsschutzgesetzes hier nicht greift.

Ihr Ausbildungsberater Peter Braune

Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.