Schon eine geordnete Nachfolge stellt für mittelständische Unternehmer eine Herausforderung dar. Doch was muss getan werden, um handlungsfähig zu bleiben, wenn der Betriebsinhaber plötzlich stirbt?

Er brach alleine zu einer Skitour in den Walliser Alpen auf und kehrte nicht zurück: Als Karl-Erivan Haub, Chef der Tengelmann-Gruppe und damit Eigentümer von Unternehmen wie dem Textildiscounter KiK oder der Baumarktkette OBI, im April 2018 spurlos verschwand, war das nicht nur ein Schock für seine Angehörigen. Auch das Unternehmen wurde vom Verschwinden des Patriarchen kalt erwischt. Damals entzweite der Streit um seine Nachfolge die Familie.
Nachfolge: Frühzeitige Planung ist wichtig
Der Fall Haub zeigt, wie wichtig es ist, frühzeitige Nachfolgeregelungen zu treffen. Doch die Mehrheit der Unternehmer hierzulande bewegt sich auf dünnem Eis und ist unvorbereitet. Menschlich ist das durchaus verständlich, denn niemand beschäftigt sich gerne mit dem eigenen Ableben. Besonders Unternehmer, in deren Lebenswerk viel Herzblut steckt, würden sich mit den Planungen für den Fall der Fälle schwertun, sagt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. Zumal es den Automatismus, dass die Kinder irgendwann den Betrieb übernehmen, nicht mehr gibt. Viele Nachkommen haben kein Interesse am elterlichen Betrieb, umgekehrt betrachten auch Unternehmer ihre Sprösslinge nicht mehr automatisch als die "Kronprinzen, die von Anfang an gesetzt sind", so Heidbreder. Potenzielle Nachfolger müssten sich beweisen und so gut wie andere auf dem freien Markt sein. Dennoch ist es wichtig, rechtzeitig alles in die Wege zu leiten, rät Heidbreder: "Ein verbindlicher Zeitplan hilft für eine gelingende Nachfolge."
Mit der Nachfolgeplanung sollten Unternehmer am besten fünf bis zehn Jahre bevor sie die Verantwortung abgeben möchten, beginnen, rät Birgit Felden, Professorin für Management in KMU und Unternehmensnachfolge an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Ein perfektes Alter gebe es zwar nicht. Wichtig sei aber, dass sich Unternehmer über den Zeitpunkt klar werden, zu dem sie die Geschäfte übergeben möchten, so die Professorin. Wer sich mit Mitte 60 zurückziehen will, sollte demnach im Alter von 55 oder spätestens 60 Jahren mit der Suche nach einem geeigneten Nachfolger beziehungsweise mit der Nachfolgeplanung beginnen.
Vorsorgen für den Ernstfall
Schon eine geordnete Nachfolge stellt für mittelständische Unternehmer also eine Herausforderung dar. Doch was muss getan werden, um im Notfall – also einer schweren Krankheit oder dem plötzlichen Tod des Firmenchefs – den Fortbestand des Unternehmens zu sichern?"Ich rate jedem Firmenchef, umgehend für den Ernstfall vorzusorgen und die wichtigsten Dokumente anzulegen", betont Thomas Breit, Nachfolgeexperte und Steuerberater aus Hamburg. "Wenige Maßnahmen reichen aus, um jederzeit handlungsfähig zu bleiben."
Das zentrale Dokument ist eine Generalvollmacht, die sich zum Beispiel bei einem Unternehmerehepaar beide Partner gegenseitig ausstellen können. Die Vollmachten sollten in getrennten Safes aufbewahrt werden. Alternativ können sie auch bei einem Notar hinterlegt werden. Ebenso wichtig für den Notfallkoffer: ein Testament sowie eine Betreuungs- und eine Patientenverfügung. Wenn die Patientenverfügung notariell erstellt wird und ein Arztbesuch vorausgegangen ist, bleibt sie dauerhaft gültig. Anderenfalls sollte sie jedes Jahr erneuert werden. Auch für das Testament lohnt sich der Gang zum Notar. "Die Gebühr für die Beglaubigung eines Testaments wird anhand des aktuellen Vermögens berechnet – und sie schließt den Erbschein ein", sagt Nachfolgeexperte Breit. "Das kann eine erhebliche Kostenersparnis bedeuten, wenn sich bis zum Tod des Testamentsverfassers das Vermögen wesentlich vergrößert."
Auch der Zugang zu geschäftlichen Kerninformationen entscheidet, ob eine plötzliche, ungeplante Nachfolge gelingt. Am einfachsten ist die Situation, wenn durch digitalisierte Prozesse eine hohe Transparenz besteht. "Ohnehin steigert eine gute Digitalstrategie den Wert von Unternehmen. Sie schafft aber auch Strukturen, die bei ungeplanten Veränderungen die Orientierung erleichtern", so der Berater. Ob ein Unternehmen nach dem Tod des Inhabers nahtlos weitergeführt werden kann, hängt dabei auch von der Rechtsform ab. Für Einzelunternehmen, KGs und GmbHs gelten dabei unterschiedliche Regelungen. Sie alle eint: Wer Anteile an Unternehmen erbt, muss dafür Erbschaftsteuer bezahlen.
Einzelunternehmen: Auf die Eintragung kommt es an
Bei Einzelunternehmen müsse zwischen den zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Auswirkungen unterschieden werden. Zivilrechtlich kommt es darauf an, ob es sich beim verstorbenen Unternehmer um einen eingetragenen Kaufmann (e.K.) handelte. "War der Verstorbene kein eingetragener Kaufmann, ist das Unternehmen zivilrechtlich ‚unsichtbar‘ und wird mit dem Tod aufgelöst", so Nachfolgeexperte Breit. "Bei einem eingetragenen Kaufmann geht das Unternehmen immer auf die Erben über." Die Erben haben dann sechs Monate Zeit zu entscheiden, ob sie das Unternehmen fortführen wollen. Wenn sie sich dagegen entscheiden, gilt das Unternehmen rückwirkend mit dem letzten Lebenstag als beendet. "Dann muss auch mit diesem Tag eine steuerliche Schlussbilanz gemacht werden", so der Steuerberater. Soll das Unternehmen weitergeführt werden, können die Erben einfach nahtlos weitermachen.
KG: Die Satzung entscheidet
Bei der KG hängt die Nachfolge von der Satzung des Unternehmens ab. Denn das Gesellschaftsrecht steht in diesem Fall über dem Erbrecht. Für Kommanditisten gibt es drei mögliche Situationen: Gibt es keine Nachfolge-Regelung im Gesellschaftsvertrag, gehen die Anteile an die bereits an der Gesellschaft beteiligten Personen über. "Die Erben gehen aber nicht leer aus, sondern haben Anspruch auf eine Kapitalabfindung", so Breit. Im Fall der sogenannten qualifizierten Nachfolgeregelung tritt eine im Gesellschaftsvertrag genannte Person die Nachfolge an. Andere gesetzliche Erben haben dann Anspruch auf eine Kapitalabfindung.
Bei der einfachen Nachfolgeregelung wird im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben, dass die gesetzlichen Erben die Unternehmensanteile bekommen. Gibt es mehrere Erben, wird jeder einzelne Gesellschafter der KG. Bei Komplementären kommt es darauf an, ob es sich um eine natürliche oder eine juristische Person handelt. Ist die Komplementärin eine natürliche Person, gilt das Erbrecht, die Anteile werden also auf die gesetzlichen Erben aufgeteilt. Anders verhält es sich beispielsweise bei einer GmbH & Co. KG, bei der die GmbH die Komplementärin ist. Werden die Anteile an der GmbH wiederum von der KG selbst gehalten, werden die Anteile wie bei Kommanditisten verteilt.
GmbH: Eine Frage der Klausel
Ähnlich wie bei der KG kommt es auch bei der GmbH hinsichtlich der Nachfolgeregelung auf die Satzung der Gesellschaft an . Entscheidend ist die jeweilige Klausel im Gesellschaftsvertrag:"Bei einer Einziehungsklausel werden die Anteile auf bereits beteiligte Gesellschafter übertragen", erklärt Steuerberater Breit. Die gesetzlichen Erben des verstorbenen Unternehmers haben dann einen Anspruch auf eine Kapitalabfindung, werden aber nicht Gesellschafter. Mittels einer Abtretungsklausel lassen sich die Anteile an eine im Gesellschaftsvertrag bestimmte Person vererben. Wenn keine Regelung im Gesellschaftsvertrag existiert,"gehen die Anteile an die gesetzlichen Erben", so Breit. Gibt es mehrere Erben, wird jeder von ihnen Gesellschafter der GmbH.