Jeder vierte Mittelständler hebt Preise an Mittelstand unter Druck: "Krisen türmen sich übereinander"

Die mittelständische Wirtschaft befindet sich in einer Vielfachkrise. Nicht alle Härten könnten aufgefangen werden, warnt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Spätestens im kommenden Jahr dürfte der Preisdruck im Mittelstand so richtig angekommen sein.

Deutschland sei bereits weniger abhängig von russischen Energieimporten, sagte Habeck nach einem Treffen mit Verbänden der mittelständischen Wirtschaft. - © pixelnest - stock.adobe.com

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht die mittelständische Wirtschaft multiplem Druck ausgesetzt. "Die verschiedenen Krisen türmen sich übereinander", sagte Habeck nach einem Treffen mit Verbänden der mittelständischen Wirtschaft. Im Zuge des Ukraine-Krieges müssten viele Unternehmen nicht nur hohe Energiepreise verkraften, auch Lieferketten funktionierten nicht mehr richtig und der Fachkräftemangel habe weiter zugenommen. "Es läuft nicht mehr glatt durch", beschrieb Habeck eine Art abgehackte "Staccato-Wirtschaft".

Habeck: Volkswirtschaft muss höhere Preise aushalten

Die Bundesregierung habe Hilfsprogramme aufgelegt, könne aber nicht alle Härten auffangen, sagte er etwa mit Blick auf die hohen Energiepreise. "Das ist die bittere und harte Wahrheit", betonte er. Sie könnten nicht verhindern, dass höhere Preisen weitergegeben würden. Das müsse die Volkswirtschaft tragen. "Anders kommen wir durch diese Zeit nicht hindurch", fügte er hinzu.

Ein Teil der Mittelständler gibt höhere Preise schon weiter

Nach einer aktuellen KfW-Umfrage hat schon ein Viertel der Mittelständler wegen Lieferengpässen und steigender Energiepreise die Preise für Produkte oder Dienstleistungen erhöht. Dies hatten im März erhobene Daten ergeben. Dabei hatten insgesamt 42 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, von Lieferengpässen betroffen zu sein.

Der Preisdruck wird nach Einschätzung des Ministers noch eine Weile anhalten. Denn viele Mittelständler hätten längerfristige Energieverträge und würden die Wucht der hohen Preise erst ab dem kommenden Jahr spüren und dann weitergeben. "Wir müssen damit rechnen, dass die Phase von günstigen fossilen Energien vorbei ist", fügte er hinzu. Die Preissignale setzten aber auch die notwendigen Zeichen, nach effizienteren Lösungen zu suchen.

Direkte Energiezuschüsse nur für relativ wenige Unternehmen

Wie Habeck weiter sagte, könnten für die ausgeweiteten Bürgschaftsprogramme schon Anträge gestellt werden. Auch erwarte er, dass die geplanten KfW-Kreditprogramme noch diese Woche anlaufen. Die direkten Energie-Zuschüsse solle es ebenfalls bald geben, Brüssel müsse allerdings noch zustimmen. Habeck verwies darauf, dass der Zuschuss an sehr strenge Auflagen - wie internationale Einbindung - gebunden sei. Das Ministerium rechne deshalb damit, dass nur rund 4.000 Unternehmen antragsberechtigt seien.

Deutsche Energieabhängigkeit von Russland sinkt

Der Wirtschaftsminister wies außerdem darauf hin, dass es der Bundesregierung und verschiedenen Energieunternehmen in den vergangenen Wochen gelungen sei, die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren. Während Russland im vergangenen Jahr noch 35 Prozent des deutschen Rohölverbrauchs deckte, seien es mittlerweile nur noch zwölf Prozent.

Ein Öl-Embargo mit ausreichender Übergangsfrist wäre in Deutschland "unter Inkaufnahme steigender Preise daher inzwischen handhabbar", teilte das Ministerium mit. Auch in Sachen Gas habe die Abhängigkeit von rund 55 Prozent in der Vergangenheit auf rund 35 Prozent bis Mitte April gesenkt werden können. Eine Reduktion bis auf zehn Prozent könne nur durch einen nationalen Kraftakt bis zum Sommer 2024 gelingen, hieß es weiter. 

Mit Inhalten von dpa