Besonders viele Minijobber arbeiten im Gebäudereiniger-Handwerk. Sie verdienen monatlich nicht mehr als 450 Euro. Zwar ist der Tariflohn der Branche zum 1. Januar 2020 gestiegen, aber die geringfügig Beschäftigten profitieren davon nur mit kürzeren Arbeitszeiten. Der Bundesinnungsverband der Gebäudereiniger möchte die Minijobs deshalb abschaffen.

Mehr als 100.000 Gebäudereiniger in Deutschland arbeiten als Minijobber und verdienen dabei das, was die Obergrenze ihnen sozialabgaben- und steuerreduziert erlaubt: 450-Euro pro Monat. Dabei bräuchte die Branche des Gebäudereiniger-Handwerks dringend mehr Mitarbeiter, die in Voll- oder Teilzeit in regulären sozialversicherungspflichtigen Jobs arbeiten. Nach Angaben des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks wären diese Beschäftigten dann endlich auch nicht mehr von tariflichen Lohnerhöhungen abgeschnitten. Etwa jeder dritte Beschäftigte der rund 700.000 Gebäudereiniger in Deutschland arbeitet derzeit in einem Minijob.
Gebäudereiniger fordern Abschaffung der Minijobs
Hatte im vergangenen Jahr die bayerische Landesregierung einen Vorschlag für Änderungen bei Verdienst und Arbeitszeit der Minijobs in Deutschland vorgelegt, geht der Verband nun noch weiter und fordert die Abschaffung dieser Form der Beschäftigung – zum Wohl der Arbeitnehmer und auch der Arbeitgeber. Denn für Letztere würden sich Minijobber nicht rechnen. "Für die Unternehmen ist ihr Einsatz die unflexibelste sowie teuerste Beschäftigungsform", teilte Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich mit. Betriebe würden 30 Prozent pauschale Arbeitgeberabgaben bezahlen.
Dietrich verweist zum Start des neuen Jahres auf die tariflichen Lohnsteigerungen des branchenspezifischen Mindeslohns auf 10,80 Euro pro Stunde. Die Einkommensgrenze für Minijobber ist allerdings seit Jahresbeginn 2013 nicht mehr angepasst worden. Unter dem Strich bedeute der Tarifabschluss für weit viele Beschäftigte, dass sie nicht mehr Netto-Gehalt, sondern 15 Minuten mehr Freizeit in der Woche erhielten. "Von mehr Freizeit lässt sich keine Miete und kein Supermarkteinkauf bezahlen. Die starre 450-Euro-Grenze ist unsozial, denn sie macht aus Tariflohnerhöhungen finanzielle Einbußen der Beschäftigten", kritisierte Dietrich. Würden 450-Euro-Jobs im gewerblichen Bereich abgeschafft, gäbe es laut Dietrich ab dem ersten Euro nur noch voll steuer- und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Man favorisiere diesen Weg, da Minijobs mit der 30-prozentigen Pauschalabgabe für die Betriebe ohnehin die teuerste Beschäftigungsform darstellten und zunehmend unflexibel würden.
Schon 2019 hatte der Bundesinnungsverband eine klare Forderung an die Bundesregierung gerichtet, dass diese die die Abschaffung der Minijobs auf die Agenda setzen sollte und wiederholt diese nun mit Blick auf das neue Jahr. Die Sonderstellung bei den Abgaben der Minijobber würde verhindern, dass Beschäftigte in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln wollen. Vor allem deshalb, weil derzeit Steuerklasse 5, in der vor allem Frauen arbeiten, noch mehr Abzüge bedeutet, kritisiert Dietrich.
Neue Verdienstgrenze für Minijobber ?
Die bayerische Landesregierung hatte dagegen 2019 einen Beschluss gefasst, sich im Bund für eine Erhöhung der Verdienstgrenze bei Minijobs einzusetzen. Im Raum stehen 80 Euro mehr pro Monat, die Minijobber künftig im Monat erhalten sollten – statt 450 Euro also 530 Euro. Dafür stimmte Ende März 2019 der bayerische Landtag mehrheitlich. Zur Begründung wurde in dem Antrag auf die positive Lohnentwicklung in den vergangenen Jahren verwiesen. Der Antrag war im weiteren Verlauf 2019 allerdings kein Thema mehr. Medienangaben zufolge hatte sich aber auch schon CDU und FDP für eine höhere Einkommensgrenze bei Minijobs ausgesprochen.
Mindestlohn senkt Arbeitszeit der Minijobber
Zum Jahresanfang warnte der Bundesinnungsverband die Minijobber nun, dass sie ab 1. Januar ihre Arbeitszeit verkürzen müssten, da der Mindestlohn steigt. Denn ansonsten drohe ein "Dilemma, da ab 451 Euro Verdienst durch die Abgabenlast der Nettoverdienst um 20 Prozent auf 362 Euro sinkt." Gleichzeitig weisen die Gebäudereiniger darauf hin, dass die Betriebe der Branche durch diese Arbeitszeitreduzierung noch mehr personelle Engpässe hätten und dringend die Mitarbeiter benötigen. "Den Unternehmen fehlt durch die Verkürzung diese Arbeitszeit, den Mitarbeitern das Geld", heißt es als Untermauerung der Forderung, dass die Entgeltgrenze dringend steigen müsse.
Einen anderen Vorschlag für eine Reform der Minijobs in Deutschland kam bereits 2018 von der FDP-Fraktion im Bundestag und vom Land Nordrhein-Westfalen im Bundesrat. Zwar ist der Antrag im Bundesrat gescheitert, doch die FDP-Fraktion hat danach noch einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgestellt. Konkret geht es um die Arbeitszeit der Minijobber , die durch den steigenden Mindestlohn immer weiter sinkt.
Mussten Minijobber im Jahr 2015 noch 53 Stunden arbeiten, um die Entgeltgrenze von 450 Euro zu erreichen, so waren es im Jahr 2017 nur noch 51 Stunden. Diese Entwicklung, dass mit der Höhe des Mindestlohns die Arbeitszeit von Minijobber n sinkt, setzt sich weiter fort. Auch 2020 ist der Mindestlohn gestiegen und die Arbeitszeit von Minijobber n ist damit auf nur noch 48 Stunden gesunken.
In der Diskussion stand deshalb auch die Forderung danach, statt dem Verdienst von 450 Euro die Arbeitszeit als Basis der Berechnung für einen Minijob heranzuziehen – beispielsweise immer 53 Stunden pro Monat wie es das Land NRW vorgeschlagen hatte. Konkret würde das bedeuten, dass die starre Entgeltgrenze von 450 Euro bundesweit abgeschafft werden würde. Stattdessen könnte die Grenze an die Entwicklung des Mindestlohns gekoppelt werden.
Das kostet der höhere Verdienst für Minijobber
Sowohl zur Forderung nach einer grundsätzlichen Erhöhung des Verdienstes von Minijobber n als auch zur Kopplung an den Mindestlohn hat sich Bundesregierung selbst bislang jedoch nicht positioniert.
Was jedoch schon feststeht, sind die Kosten, die eine Anhebung der Minijob-Obergrenze mit sich bringen würden: mehrere hunderte Millionen Euro. Das ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken, über die die "Augsburger Allgemeine" berichtet. Ganz konkret würde eine Anhebung von 450 auf 530 Euro für Staat und die Sozialversicherung jedes Jahr mit rund 400 Millionen Euro zu Buche schlagen. Durch die Erhöhung von 80 Euro ergeben sich laut den Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums Mindereinnahmen für die Sozialversicherungen in Höhe von 300 Millionen Euro und Ausfälle bei der Einkommensteuer von bis zu 100 Millionen Euro.
Immer weniger Minijobber im gewerblichen Bereich
Derzeit lässt sich allerdings nach Zahlen der Minijob-Zentrale kein Trend erkennen, dass Minijobs – zumindest im gewerblichen Bereich – stark gefragt sind. Die Zahl der Minijobber im gewerblichen Bereich hält sich, seitdem es diese Form der geringfügigen Beschäftigung gibt, nahezu konstant. Die Erfassung der Zahlen von Minijobber n startete im Jahr 2004. Ende 2004 übten nach Angaben der Minijob-Zentrale 6,838 Millionen Menschen einen Minijob aus, heute sind es 6,669 Millionen.
Anders als im gewerblichen Bereich ist die Zahl der Minijobs im Haushalt stark gewachsen. So sind jetzt etwa 300.000 Menschen über die Minijob-Zentrale in einem Haushaltsjob angemeldet, vor 15 Jahren waren es bundesweit nur etwa 100.000. Trotz dieser Zunahme geht die Minijob-Zentrale jedoch davon aus, dass noch etwa drei Millionen Jobs in deutschen Haushalten schwarz ausgeübt werden. dhz/dpa