Alternativen zu Einwegplastik to go Neue Mehrweg-Pflicht 2023: Das gilt für Speisen und Getränke zum Mitnehmen

Was beim Plastikbecher für den "Coffee to go" schon verbreitet ist, gilt nun auch für Kunststoffschalen und Plastikboxen: Seit dem 1. Januar 2023 darf es Speisen zum Mitnehmen nicht mehr nur allein in Einwegkunststoffverpackungen geben. Wer sie anbietet, muss eine Mehrweg-Alternative parat haben. Wie die Mehrweg-Pflicht das Handwerk betrifft.

Am 1. Januar 2023 greift die neue Mehrweg-Pflicht für Speisen und Getränke zum Mitnehmen, wenn diese in Einwegkunststoffverpackungen ausgegeben werden.
Plastikgeschirr ist passé: Seit 1. Januar 2023 greift die neue Mehrweg-Pflicht für Speisen und Getränke zum Mitnehmen, wenn diese in Einwegkunststoffverpackungen ausgegeben werden. - © Gisela – stock.adobe.com

Seit 1. Januar 2023 geht Deutschland den nächsten gesetzlichen Schritt, um die Abfallberge der Einwegverpackungen einzudämmen. Nach dem Verbot von Einwegplastiktüten und der Ausweitung der Pfandpflichten im Jahr 2022 greift nun eine neue Mehrweg-Pflicht. Wer Speisen und Getränke zum Mitnehmen anbietet, muss für die Einwegbecher und Einwegbehälter aus Kunststoff eine Mehrweg-Alternative bereitstellen – oder es akzeptieren, wenn der Kunde seine eigenen Becher oder Behälter mitbringt.

Geregelt ist die Mehrweg-Pflicht durch das Verpackungsgesetz (VerpackungsG). Sie trifft auch viele Betriebe im Lebensmittelhandwerk. Neben Bäckereien und Konditoreien, die "Coffee to go" anbieten, sind es auch Metzgereien mit Imbissangeboten zum Mitnehmen. Sie alle müssen sich nun mit Mehrwegbehältern auseinandersetzen.

Mehrweg-Pflicht für Speisen und Getränke zum Mitnehmen

Vor allem, wenn es um den "Coffee to go" geht, haben sich Betriebe schon seit längerem darauf eingestellt – und bieten Becher an, die man mehrmals nutzen kann. Auch das Befüllen mitgebrachter Becher der Kundinnen und Kunden ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Dennoch überwiegt derzeit noch der spontane Kaffeekauf ohne eigenen Becher. Genau dafür müssen Betriebe nun umweltfreundliche und vor allem wiederverwendbare Alternativen zu Einwegverpackungen anbieten – nicht mehr freiwillig, sondern gesetzlich verpflichtet.

Mindestens genauso wichtig wie das Angebot an Alternativen ist nun jedoch das Informieren der Verbraucherinnen und Verbraucher, die die verpflichtenden Angebote ja auch nutzen sollen. Das berichtet Anna Ackermann, die bei der Kampagne "Essen in Mehrweg" mitgearbeitet hat. Zwischen August 2019 und Juli 2022 haben dabei verschiedene Organisationen, gefördert durch die Nationale Klimaschutzinitiative des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK), Mehrweg-Erprobungsphasen in der Gastronomie durchgeführt sowie Informationen zur Nutzung von Mehrweg und zur Umsetzung der Mehrweg-Pflicht ab 2023 zusammengetragen. Sie sind auf dem Portal "esseninmehrweg.de" für jeden erreichbar.

Mehrweg-Pflicht: Was für große Unternehmen und kleine Betriebe gilt

Jetzt, da die Freiwilligkeit seit dem Jahresbeginn 2023 beendet ist, greifen mit der neuen gesetzlichen Mehrweg-Pflicht auch die Möglichkeiten der Kontrolle durch Behörden. Vorsicht: Eine Nichteinhaltung der Vorgaben aus dem Verpackungsgesetz kann mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro bestraft werden. Konkret sieht das Verpackungsgesetz in §33 und §34 folgendes im Zusammenhang mit der Mehrweg-Pflicht vor. Dass nicht alle Betriebe mit denselben Pflichten betroffen sind, liegt an Erleichterungen, die ebenfalls im Gesetz enthalten sind:

  • Grundsätzlich betroffen von der Mehrweg-Pflicht sind alle Betriebe des Lebensmittelhandwerks, der Gastronomie und auch sonst jeder Betrieb, der Speisen und Getränke zum Mitnehmen anbietet und sie direkt vor dem Verkauf in Einwegkunststoffgefäße oder Einwegbecher verpackt. Sie müssen zu den Einwegvarianten auch eine Mehrweg-Alternative anbieten und Kunden per deutlich sichtbaren Informationsaushang darauf hinweisen, dass es sie gibt. Die Mehrweg-Alternative darf nicht teurer sein als die Einwegvariante. Man darf dafür allerdings ein Pfand erheben, das auf den Preis aufgeschlagen wird.
  • Ausgenommen von der Pflicht, eine eigene Mehrweg-Variante anzubieten, sind all jene Betriebe, deren Verkaufsfläche weniger als 80 Quadratmeter beträgt und nur bis zu fünf Mitarbeiter haben. Dabei gilt allerdings, dass beide Kriterien zutreffen müssen. Die Erleichterung für kleine Betriebe ist in §34 des Verpackungsgesetzes geregelt. Genau hier heißt es als Bedingung aber auch, dass die Betriebe, die keine Mehrweg-Alternative mit im Angebot haben, dafür stattdessen auf Wunsch mitgebrachte Gefäße füllen müssen. Auch darüber müssen Betriebe ihre Kunden per Aushang informieren.

Im Lebensmittelhandwerk mit seinen vielen kleinen und mittelständischen Betrieben ist die Erleichterungsregelung von besonderem Interesse. Von wirklichen Ausnahmen von der Mehrweg-Pflicht möchte Anna Ackermann dabei nicht sprechen. Auch die kleinen Betriebe haben schließlich neue Pflichten bekommen – auch wenn dabei Erleichterungen greifen.

Sowohl der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks als auch der Deutsche Fleischer-Verband (DFV) weisen allerdings auf ein Manko bei diesen Erleichterungen hin. Denn das Verpackungsgesetz enthalte hierbei Ungenauigkeiten. Darin ist zwar die Verkaufsfläche von 80 Quadratmetern genannt und dass man sie nicht überschreiten darf. Als Zusatzinformation steht hier allerdings nur, dass als Verkaufsfläche zusätzlich alle Lager- und Versandflächen zählen. Es ist aber im Gesetz nicht explizit erklärt, wie die Verkaufsflächen in Bezug auf die Unternehmen einzuordnen sind.

Gelten Ausnahmen von der Mehrweg-Pflicht unternehmens- oder standortbezogen?

So kritisiert Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Bäckerverbands, dass noch immer nicht alle Details der Mehrweg-Pflicht geklärt seien. "Es ist umstritten, ob sich die Ausnahme von der Pflicht auf einzelne Verkaufsstellen oder auf das ganze Unternehmen bezieht", sagt er. Die gleichen Hinweise kommen vom DFV. So erklärt Thomas Trettwer, der Justiziar des Verbands: "Damit sich die Ausnahme in der Praxis tatsächlich auswirken würde, bedarf es der Klarstellung, dass die dort genannten Voraussetzungen nicht unternehmens-, sondern standortbezogen gelten."

Lässt das Verpackungsgesetz hier Lücken, findet man allerdings auf dem Portal "esseninmehrweg.de" den Hinweis: "Für die Erleichterung für kleine Unternehmen nach § 34 VerpackG wird das gesamte Unternehmen gezählt. Das bedeutet: auch wenn einzelne Filialen eines größeren Unternehmens unter die Grenzwerte fallen, müssen diese Filialen trotzdem eine Mehrwegalternative nach § 33 VerpackG anbieten." Anna Ackermann weist in diesem Zusammenhang auf Informationen des BMWK hin. Doch auch sie erklärt, dass eine Klarstellung im Gesetz sinnvoll wäre.

In einem ausführlichen FAQ erläutern die Portal-Betreiber Details der neuen Mehrweg-Pflicht. Darin heißt es zu den Verkaufsflächen außerdem: "Die Verkaufsfläche wird inklusive saisonal genutzter Flächen, Außenflächen und anderer Sitz- und Aufenthaltsbereiche berechnet, die für die Kund*innen zugänglich sind. Küche und Thekenflächen sind für die Berechnung der Verkaufsfläche ausgenommen, da sie nicht für Kund*innen zugänglich sind."

Alternative auch für Eisbecher und Pizzakartons? Das sieht die Mehrweg-Pflicht vor

Schaut man sich weitere Details der neuen Mehrweg-Pflicht an, kommt auch die Frage auf, für welche Verpackungen genau ein Mehrweg-Ersatz angeboten werden muss. An dieser Stelle bekommt nun wieder der Coffee-to-go- bzw. Getränkebecher eine Sonderrolle. Denn beim Ausschank von Getränken zum Mitnehmen gilt, dass Anbieter für sie immer eine Mehrweg-Alternative bereitstellen müssen – egal, aus welchem Material sie sind.

So greift die Pflicht nach Aussage von Anna Ackermann für alle Verpackungen, die teilweise oder komplett aus Kunststoff bestehen. Auch Pappbecher und andere Verpackungen, die "wie aus Pappe" wirken, sind fast immer mit einer Kunststoffschicht auf der Innenseite beschichtet. Das gelte zum Beispiel auch bei Eisbechern, denn diese gibt es nur selten ohne Kunststoffschicht. Pizzakartons kommen dagegen oftmals ohne eine Beschichtung aus. Im Fokus stehen grundsätzlich Einwegverpackungen, aus denen man das Gericht direkt verzehrt und die dann direkt wieder im Abfall landen. So hat der Gesetzgeber Einwegtüten und Einweg-Folienverpackungen, z. B. für belegte Sandwiches von der Mehrweg-Pflicht ausgenommen, obwohl auch sie einen Kunststoffanteil haben. Sie dienen oftmals auch zur Aufbewahrung.

Für wen eignet sich welches Mehrweg-System?

Erfüllen können die Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk und der Gastronomie die neue Mehrweg-Pflicht auf verschiedene Weise. Sie können ein eigenes Mehrwegsystem aufbauen und entsprechendes Geschirr anschaffen, das sie an die Kunden herausgeben. Oder sie können sich einem der bereits vorhandenen Mehrweg-Poolsysteme anschließen. Die Poolsysteme gibt es mittlerweile als große deutschlandweite Ketten oder auch in regionaler Form. "Viele Kommunen unterstützen ihre Betriebe bei der Einführung eines Mehrwegsystems, manche sogar finanziell", sagt Anna Ackermann. Sie erwähnt den Ort Kronberg im Taunus. So würde sie im ersten Schritt den Betrieben raten, sich zu informieren, ob es in ihren Kommunen auch Unterstützung gibt. Dabei erwähnt sie auch Beratungsangebote wie etwa durch die Mehrwegberatung München.

Welches System sich eignet, hängt stark auch von der Größe des Betriebs ab und von der Lage. "Welchen Weg ein Großteil der Betriebe einschlagen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen", sagt dazu Thomas Trettwer. Zu unterschiedlich seien die Anforderungen in den Fleischereien, die sich aus der (Stamm-)Kundschaft und den Standorten ergeben. "In urbanen Gebieten oder bei größeren Unternehmen ist der Anschluss an einen Poolanbieter vermutlich wahrscheinlicher. Mancherorts scheint es aber auch gute Ansätze auf kommunaler Ebene zu geben", erklärt der DFV-Vertreter. Während manche Betriebe die Bereitschaft der Kunden zunächst austesten und zunächst eher wenige eigene Behältnisse anschaffen wollen, würden andere schon über eine Ausweitung auf das gesamte Thekengeschäft nachdenken. Das berichtet Trettwer von dem, was er auch der Branche mitbekommt. Obwohl die Unternehmen gerade aufgrund der Energiekrise viele andere Sorgen haben, zeigen dem Justziar zahlreiche Nachfragen zu dem Thema, dass die Betriebe sich mit der Umsetzung der Mehrweg-Pflicht auseinandersetzen.

Mehrweg vom Pool-Anbieter oder nicht?

Ähnlich sieht es bei den Bäckereien aus, wenn auch beim täglichen Coffee-to-go-Geschäft schon viele Betriebe eine Mehrweg-Variante im Angebot haben. So berichtet Daniel Schneider, dass jede Bäckerei ihren Weg finden müsse und prüfen wird, welches System geeignet, praktikabel und kostengünstig sei. "Die Betriebe und ihre jeweilige Kundschaft sind in ihrer Struktur sehr unterschiedlich, um ihnen dabei einen allgemeinen Rat geben zu können", erklärt Schneider.

Auch Anna Ackermann geht davon aus, dass es sich für kleine bis mittelgroße Betriebe nicht lohnt, ein eigenes Mehrweggeschirr zuzulegen. Der finanzielle und organisatorische Aufwand sei recht hoch. "Es lohnt sich eher für größere Betriebe, auch Ketten mit unterschiedlichen Standorten, die ein eigenes Branding auf den Mehrwegverpackungen umsetzen wollen", sagt sie. Aber es gebe hier immer auch Ausnahmen. "Zum Beispiel könnte es für ein kleines Café, das einen hohe Anteil an ‚To-Go-Stammkundschaft‘ hat, auch sinnvoll sein, eigene Behälter zu besorgen. Das gelte auch für Betriebe, die eine ganz bestimmte Behälterform für Mehrweg wünschen, die die Poolsysteme nicht hergeben."

Systemischer Nachteil an den eigenen Mehrweggeschirren sei, dass es in der Folge viele verschiedene Behälter gibt. Sie müssen alle woanders zurückgegeben werden. Das verringere die Wahrscheinlichkeit, dass es auch zeitnah zurückgegeben wird. Das Angebot an Mehrweg-Poolsystemen ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Deshalb hat das Portal "esseninmehrweg" hierzu eine Übersicht erstellt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

Mit der Mehrweg-Pflicht können aber auch Mehrkosten auf die Betriebe zukommen. Diese hängen aber laut Anna Ackermann von vielen individuellen Faktoren ab: Vom Anteil an To-Go-Verkauf ab, vom zukünftigen Anteil von Mehrweg und vom Mehrwegsystem. "Wichtig ist hier, dass man als Unternehmen mit Mehrweg auch Geld sparen kann", sagt Ackerman. Sie weist auf die Mehrfachnutzung hin. Mit den Einwegverpackungen verschwinden die Ausgaben dafür auch sofort nach dem Verzehr der Speisen im Mülleimer.

Mitgebrachte Gefäße befüllen und Mehrweg-Pflicht erfüllen

Umso wichtiger ist deshalb auch die Erleichterung von der Mehrweg-Pflicht, die kleine Betriebe nutzen können. Denn sie spart auch Kosten: der Hinweis darauf, dass Kunden ihre eigenen Gefäße zum Wiederbefüllen mitbringen dürfen. Akzeptieren müssen das wiederum die Betriebe nicht, die eine Mehrweg-Alternative anbieten. Aber sie können, denn damit die Verpackungsmengen sinken, ist jede Möglichkeit wichtig, die dies unterstützt. Der Hinweis per Infotafel oder Schild im Laden, dass kundeneigene Becher und Behälter befüllt werden können, muss laut Gesetz gut sichtbar und gut lesbar angebracht sein. Außerdem gelten die gesetzlich vorgeschriebenen Hygienevorschriften. So müssen Betriebe beispielsweise auch keine Gefäße akzeptieren, die augenscheinlich verschmutzt sind. Tipps dazu gibt es auch hier.

Damit die Mehrweg-Pflicht Erfolg hat, geht es in den nächsten Jahren nun erst einmal um eine Umgewöhnung – bei den Betrieben und auch bei den Verbrauchern. Damit die Menge an verwendeten Einwegverpackungen sinken kann, müssen die Betriebe aus Sicht von Anna Ackermann nun aktiv das Mehrwegangebot anbieten. Und auch die Konsumentinnen und Konsumenten sollten das Angebot wahrnehmen und nutzen, auch wenn es anfangs eventuell unpraktischer und ungewohnt erscheint. "Nach meiner Erfahrung werden nur in den Betrieben signifikant weniger Einwegverpackungen genutzt, in denen die Betreiber selbst motiviert waren, Mehrweg an die Kundschaft zu bringen", berichtet sie. Ein weiterer Vorteil für Mehrweg sei eine bereits sensibilisierte Kundschaft. So hofft Anna Ackermann, dass es ähnlich wie bereits bei Mehrwegbechern geschehen, eine Normalisierung auch von Essen in Mehrweg eintreten wird.