Nachdem monatelang Neuwagen begehrt und schwer zu bekommen waren, sind die Lieferketten jetzt besser, aber die Kunden sind zurückhaltender geworden. Finanzielle Sorgen bremsen die Freude am Autokauf. Ein Blick in die Branche.

Die Nachfrage nach neuen Autos sinkt. Nach Angaben des Zentralverbands des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) steht im bisherigen Jahresverlauf bei den Pkw-Neuzulassungen ein deutliches Minus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Mit insgesamt 1,87 Millionen neu zugelassener Pkw ist die Zahl der neuen Autos aktuell um gut sieben Prozent niedriger als 2021. Damit bleibt der Pkw-Markt in den ersten neun Monaten eines Jahres erstmals unter der Marke von zwei Millionen Neuzulassungen.
Im September sind die Zahlen zwar etwas gestiegen – so wurden 14 Prozent mehr Autos neu zugelassen als im Vorjahresmonat – aber dies liegt laut Kfz-Verband auch im schwachen September 2021 begründet.
E-Autos noch gefragt
Einen überdurchschnittlichen Anstieg gibt es aktuell nur bei den reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden. So steigerte sich die Zahl der E-Autos im September um rund 32 Prozent im Vergleich zu 2021. Bei den Plug-in-Hybriden wurden 24 Prozent mehr Neufahrzeuge zugelassen.
Grund hierfür ist laut Ellen Schmidt vom Kfz-Verband vor allem, dass sich viele Käufer noch dieses Jahr den Umweltbonus sichern wollen. Dieser wird 2023 von 6.000 auf 4.500 Euro reduziert und 2024 nochmals gesenkt. Für Plug-in-Hybride fällt der Umweltbonus ab kommendem Januar ganz weg. Schmidt rechnet daher bald wieder mit einer sinkenden Nachfrage nach E-Autos.
Nachdem die Branche in den vergangenen Jahren eher mit lückenhaften Lieferketten und fehlenden Bauteilen zu kämpfen hatte, hat sich die Lage etwas gewandelt. Die gesunkene Konsumlaune der Deutschen macht dem Kfz-Markt aktuell am meisten zu schaffen. Insgesamt merke man die zögerliche Haltung der Kunden sehr deutliche, so Schmidt. Der Krieg in der Ukraine und die Energie-Krise machten die Käufer unsicher. "Wir merken die Rezessions-Ängste. Einige Bestellungen neuer Autos werden auch storniert", sagt Schmidt.
Gebrauchtmarkt leergefegt
Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sieht die Situation auch nicht erfreulich aus. Im September 2022 wechselten rund 18 Prozent weniger Autos ihren Besitzer als vor einem Jahr. Von Januar bis September wurden fast 17 Prozent weniger gebrauchte Pkw verkauft als im Vergleichszeitraum 2021.
Da in den vergangenen Jahren Neufahrzeuge schwer zu bekommen waren, ist der Markt für gebrauchte Autos sehr ausgedünnt, berichtet Schmidt. Bis sich die Situation hier verbessert und wieder mehr Gebrauchtfahrzeuge verfügbar sind, werde es dauern. "Da müssen natürlich erstmal Neufahrzeuge vermehrt wieder nachkommen und das wird sicherlich bis 2024 dauern, bis der Gebrauchtfahrzeugmarkt sich wieder erholt hat", sagt Schmidt.
Kfz-Werkstätten noch ausgelastet
Die Auftragslage in den Kfz-Werkstätten sei hingegen noch ok. Wartungen und Reparaturen seien noch gefragt, die Werkstätten gut ausgelastet. "Wir gehen aber davon aus, dass eben nicht notwendige Reparaturen zurückgestellt werden. Die Verbraucher warten ab, inwieweit dies finanziell für sie möglich ist", sagt Schmidt.