Urteil des Bundesgerichtshofs Kontogebühren: So fordern Sie Geld von der Bank zurück

Laut des Bundesgerichtshofs sind höhere Gebühren für das Bankkonto ohne Zustimmung des Kunden nicht rechtens. Aufgrund des Urteils kann Geld von den Banken zurückgefordert werden. Doch gilt das auch für Unternehmen oder nur für Privatkunden? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Kontoauszug
Privatpersonen und Unternehmer können unter anderem Kontogebühren von ihrer Bank zurückfordern. - © Stockfotos-MG - stock.adobe.com

Im April 2021 urteilte der Bundesgerichtshof (Az.: XI ZR 26/20) zugunsten des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale (vzbv), der gegen die Postbank geklagt hatte. Den Richtern zufolge dürfen die Klauseln zu Vertragsanpassungen innerhalb der AGB nicht so offen formuliert sein, dass der gesamte Vertrag ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden geändert werden kann.

Damit bezieht sich das Urteil auf alle Banken und Kreditinstitute, nicht nur auf die beklagte Postbank. Denn derartige Klauseln verwendeten bislang viele Banken, um vertragliche Änderungen vorzunehmen wie beispielsweise erweiterte Datenerhebungen, aktualisierte Kontenmodelle und auch Preiserhöhungen bei Entgelten. Dafür informierten sie ihre Kunden mindestens zwei Monate im Voraus. Widersprachen die Kunden nicht, galt die Änderung als vereinbart.

Nach dem neuen BGH-Urteil gilt nun: Ein Kunde muss bei Änderungen wie einer Gebührenerhöhung aktiv „Ja“ sagen. Treten Änderungen der Geschäftsbedingungen bei Schweigen in Kraft, wird er unangemessen benachteiligt, so die Richter. Das bedeutet: Die Gebührenerhöhungen der vergangenen Jahre sind unwirksam. Kunden können dieses Geld von ihrer Bank oder Sparkasse zurückfordern. Wichtig dabei: Dies betrifft nicht nur die Kontoführungsgebühren, sondern alle Entgelte, die die Bank erhoben hat. Beispielsweise also auch Gebühren für Überweisungen. Zu den zurückgeforderten Gebühren können zudem Verzugszinsen aufgeschlagen werden: Fünf Prozent über dem Basiszinssatz, der von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht wird.

Gilt das Urteil auch für Unternehmer?

Grundsätzlich könnten sich nicht nur Privatpersonen auf die Entscheidung der BGH-Richter berufen, sondern auch Unternehmer. Auch sie könnten also Geld zurückverlangen, wenn ihre Bank mittels stillschweigender Zustimmung die Kontoführungsgebühren erhöht hat. Allerdings macht das in den meisten Fällen kaum Sinn: Angefallene Gebühren für ein seperates Geschäftskonto können schließlich von der Steuer abgesetzt werden, indem sie als Betriebsausgaben angegeben werden. Besitzt man ein Girokonto, über das private und geschäftliche Überweisungen getätigt werden, sieht es etwas anders aus: Dann kann man eine Schätzung vornehmen, wie hoch der Anteil an geschäftlichen Überweisungen ist und entsprechend die anteiligen Kosten für die berufliche Nutzung des Kontos absetzen.

Wie können Bankgebühren zurückgefordert werden?

Zunächst muss man wissen, ob die Gebühren für das Bankkonto bereits bei der Eröffnung des Kontos durch die Bank mitgeteilt wurden. Waren die Gebühren im Preisverzeichnis der Bank oder in der Korrespondenz (online oder per Post) aufgeführt, kann man sie nicht zurückfordern. Ein Zurückzahlungsanspruch kann es nur auf Gebühren geben, die nach der Kontoeröffnung eingeführt oder erhöht wurden und wenn man als Kunde nicht aktiv zugestimmt hat. Sollten die Unterlagen nicht mehr vorhanden oder möglicherweise auch nur für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr auffindbar sein, kann man bei der Bank eine Entgeltaufstellung für den Zeitraum anfragen: Das Finanzunternehmen ist zu einer kostenlosen Entgeltaufstellung verpflichtet (§ 10 ZKG).

Grundsätzlich gibt es zudem ein Recht auf Information über die Preise bei der Kontoeröffnung. Wenn das Konto vor dem 1. Januar 2018 eröffnet worden ist, ist dieses Informationsrecht allerdings verjährt und die Banken müssen bezüglich der Entgelte vor 2018 nicht mehr weiterhelfen. Ein Tipp hierzu: Es gibt die (englischsprachige) Wayback Machine, über die veraltete, gelöschte Internetseiten einsehbar sind und somit auch alte Preisverzeichnisse. Zudem können per Internetsuche Berichte über Gebührenerhöhungen gefunden werden. In manchen Fällen lohnt ein Blick auf die Internetseite der Bank. Seine Forderung anmelden, kann prinzipiell jeder. Das sollte unbedingt schriftlich erfolgen und als Einschreiben mit Rückschein. Oder man schaltet einen Zeuge ein, der den Inhalt des Schreibens kennt, das Schreiben persönlich bei der Bank abgibt und sich den Empfang quittieren lässt. Die Stiftung Warentest hat auf ihrer Homepage einen Musterbrief bereitgestellt, ebenso die Verbraucherzentralen. Im Zweifel kann es nicht schaden, einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Viele Anwälte bieten eine kostenlose Ersteinschätzung an – am besten telefonisch vorab danach fragen.

Gibt es eine Verjährungsfrist?

Rechtsexperten gehen derzeit davon aus, dass eine Verjährungsfrist von drei Jahren gilt, jeweils zum Jahresende. Entsprechend können bei einer dreijährigen Verjährungsfrist unzulässige Gebühren noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres zurückgefordert werden, wenn diese im Jahr 2018 abgebucht wurden – konkret ab dem 1. Januar 2018. Forderungen für unzulässige Gebühren, die im Jahr 2021 abgebucht wurden, sind entsprechend nach dem 31. Dezember 2024 verjährt. Der Zeitpunkt der Kontoeröffnung ist im Übrigen unerheblich: Wurde das Konto zum Beispiel im Jahr 2013 eröffnet und danach die Gebühren mit stillschweigender Zustimmung geändert, ist diese Änderung unzulässig. Zurückgefordert werden können diese zu viel gezahlten Gebühren aber nur noch für den Zeitraum ab 1. Januar 2018.

Was kann man tun, wenn sich die Bank weigert zu zahlen?

Medienberichten zufolge läuft die Zurückzahlung unzulässig erhobener Gebühren aktuell recht schleppend. Die Verbraucherzentralen prüfen diesbezüglich weitere Klagen gegen einzelne Banken. Sollte sich eine Bank weigern, die Gebühren zurückzuzahlen oder will sie weniger zurückerstatten als angefordert, können Kunden sich kostenlose Unterstützung beim Ombudsmann ihres Geldinstituts holen. Einen entsprechenden Schiedsspruch müssen die Banken akzeptieren. Ferner können sich Kunden kostenlos an die jeweilige Schlichtungsstelle wenden. Sowohl die privaten Banken, die Volksbanken und auch die Sparkassen haben Schlichtungsstellen. Schließlich bleibt die Möglichkeit, einen Rechtsanwalt mit dem Einholen der Forderungen zu beauftragen oder Unternehmen, die sogenanntes Verbraucherinkasso anbieten und die Erstattungsforderungen durchsetzen. Dieser Service kostet je nach Anbieter eine Pauschale oder Provision.

Können Kunden nun einer Erhöhung der Kontogebühren widersprechen?

Grundsätzlich konnten Bankkunden auch schon vor dem Urteil des BGH Erhöhungen von Kontogebühren widersprechen. Allerdings hat dann die Bank die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis mit dem widersprechenden Kunden einseitig zu beenden. Der Kunde muss somit zwar keine höheren Gebühren zahlen, hat aber auch kein Konto mehr und muss sich nach einer Alternative umschauen. Aktuell gibt es nur noch sehr wenige Banken, die kostenlose Konten für Privat- oder Geschäftskunden anbieten. Oftmals wird dafür verlangt, dass monatlich ein Mindestgeldbetrag auf dem Konto eingeht. Zu finden sind die Banken mit kostenlosen (Giro-)Konten für Privat- oder Geschäftskunden auch über einschlägige Vergleichsportale.