BEG-Reform und E-Förderung "Klassisches Eigentor": Handwerk kritisiert Förderpolitik scharf

Das Handwerk fordert von der Politik eine nachhaltige und verlässliche Förderpolitik – Berlin liefert das Gegenteil. Die Fördersätze für die energetische Sanierung werden gesenkt, die Zuschüsse für gewerblich genutzte E-Fahrzeuge eingestampft. Handwerksvertreter warnen vor einem Spiel mit dem Feuer.  

Das Handwerk befürchtet, dass durch die veränderten Förderbedingungen viele Hausbesitzer von geplanten Sanierungsmaßnahmen Abstand nehmen werden. - © festfotodesign - stock.adobe.com

Energieberater sprechen von einem "Streichprogramm", das SHK-Handwerk von einem "Stop-Signal" und "Eigentor". Ohne Not würde das Vertrauen in Förderangebote beschädigt, kritisiert der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Worüber sich die Branche derart echauffiert? Die politische Neuausrichtung der Gebäudeförderung.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verkündete am Mittwoch sinkende Fördersätze, etwa für den Austausch alter Fenster oder den Einbau einer Wärmepumpe. Sanierungen zum Effizienzhaus 100 werden gar nicht mehr gefördert, ebenso gasverbrauchende Anlagen. Neu ist ein Gaskessel-Tauschbonus.

Gleichzeitig stockt die Regierung die finanziellen Mittel für Sanierungen aber auf. Ab diesem Jahr sollen bis zu 13 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung stehen. Zum Vergleich: 2021 waren es acht Milliarden Euro. "In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprogrammen profitieren", sagte Habeck.

Berlin lässt Verlässlichkeit vermissen

"Was plakativ als Fokussierung und Vereinfachung angepriesen wird, ist bei genauerem Hinsehen nichts anderes als ein massives Streichprogramm", kritisiert Jürgen Leppig, Bundesvorsitzender des größten deutschen Energieberaterverbands GIH. Die erneute kurzfristige Änderung der Förderkonditionen mache es Energieberatern unmöglich, ihren Aufgaben professionell und glaubwürdig nachzukommen. "Beratungsdienstleistungen, die sich anschließend nicht umsetzen lassen, weil sich ständig alles ändert, sind irgendwann nicht mehr vermarktbar", schimpft Leppig. Zumal der Gesetzgeber bereits angekündigt habe, im Herbst weitere Änderungen vornehmen zu wollen.

Verlässlichkeit für eine bessere Planbarkeit vermisst auch der ZDH in der aktuellen Förderpolitik. Damit bezieht sich der Handwerksverband auch auf den Förderstopp für gewerblich genutzte E-Fahrzeuge, den Habeck ebenfalls am Mittwoch für Mitte 2023 ankündigte. "Gerade bei den typischen Handwerksfahrzeugen besteht noch immer ein erheblicher Kostenunterschied zwischen alternativen und konventionellen Antrieben", sagt Generalsekretär Holger Schwannecke. Dies mache den Übergang gerade für die vielen Kleinstbetriebe im Handwerk sehr schwierig. Mit dem Umweltbonus plane die Regierung eine gezielte und unbürokratische Förderung zu streichen und das gewachsene Interesse der Handwerksbetriebe an der E-Mobilität jäh auszubremsen. "Die Reformpläne schüren nicht nur unnötig Unsicherheit, sondern sie stehen auch im klaren Widerspruch zum Klimapaket", kritisiert Schwannecke.

Weniger Sanierungen erwartet

Dasselbe gelte für die kurzfristigen Änderungen der Gebäudeförderung. Wer in der vergangenen Woche noch geplant habe, einen Handwerksbetrieb vor Beginn der Heizperiode mit einer Sanierung zu beauftragen und hierzu mit den aktuellen Fördersätzen gerechnet hatte, der werde bereits ab heute mit den neuen Fördersätzen kalkulieren müssen. Tatsächlich sind die neuen Förderbedingungen zum Teil schon zum 28. Juli in Kraft getreten. Für Einzelmaßnahmen, wie zum Beispiel den Fensteraustausch, gelten die neuen Regeln ab Mitte August.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe befürchtet, dass durch die veränderten Förderbedingungen viele Hausbesitzer von geplanten Maßnahmen Abstand nehmen. "Der verkündete Stopp der Förderung von EH-100-Sanierungen und die Anpassung der Fördersätze nach unten ist genau das Gegenteil von dem, was eigentlich notwendig wäre", sagt Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Nötig sei eine höhere Förderung statt einer niedrigeren, wenn man den Umstieg von fossilen auf regenerative Energien ernst meine. Es sei zwar richtig, dass angesichts von Energiekrise und Klimawandel auf die Sanierung von Gebäuden gesetzt werde. Der eingeschlagene Weg sei aber falsch. Dies betreffe auch die Streichung des Bonus für den individuellen Sanierungsfahrplan.

Heizungsmodernisierung: "Kommt einem Stop-Signal für den Markt gleich"

"Das nennt man wohl im Sport ein klassisches Eigentor", spart auch der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) nicht mit Kritik. "Eine Bundesregierung, die das Land so schnell wie möglich klimaneutral ausrichten will, eine Koalition, die Bürgerinnen und Bürger täglich zum Energiesparen auffordert, ändert in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Förderkonditionen für die energetische Gebäudesanierung", schimpft Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann.

Er kritisiert unter anderem die Streichung der bisherigen Förderung von Gas-Brennwertheizungen und Gas-Hybridheizungen. Die Bundesregierung durchkreuze damit alle sich anbahnenden Modernisierungsmaßnahmen im Heizungskeller, die natürlich auch den Gas- und Ölverbrauch in diesem Winter noch reduziert hätten. "Angesichts der aktuell nicht ausreichend verfügbaren Wärmepumpen kommt das einem Stop-Signal für den Markt gleich", so Bramann.

Verlässlichkeit bei in Aussicht gestellten Förderungen sei die wichtigste treibende Kraft für Modernisierungsmaßnahmen, mahnt ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Bramann. "Was die Bundesregierung gerade treibt, ist dagegen ein Vabanque-Spiel um das Vertrauen der Bürger in eine funktionierende Klimapolitik."