Mobilfunk als Gesundheitsrisiko Experte stellt klar: "5G strahlt weniger als 4G"

Strahlung im Mobilfunk wird ein Gesundheitsrisiko nachgesagt. Eine Studie stellt sogar einen Zusammenhang zu einem erhöhten Krebsrisiko her. Doch Umweltepidemiologie Martin Röösli von der Universität Basel beschwichtigt und verweist auf die strengen Grenzwerte.

Martin Röösli, Professor für Umweltepidemiologie an der Universität Basel - © privat

Herr Röösli, im vergangenen Jahr wurde die Meldung verbreitet, es gäbe einen Zusammenhang zwischen dem 5G-Ausbau und dem Corona-Virus. Was sagen Sie dazu?

Das ist eine Verschwörungstheorie ohne wissenschaftliche Grundlage. Es wurde argumentiert, dass sich das Virus dort verbreitet, wo der 5G-Ausbau am schnellsten voranschreitet. Dabei wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass in diesen oft stark besiedelten Gebieten auch die meisten Kontakte zwischen Menschen stattfinden. Heute wissen wir, dass die Pandemie überall auf der Welt angekommen ist, unabhängig vom Mobilfunkausbau.

US-Wissenschaftler haben in einer Studie 3.000 Mäuse und Ratten zwei Jahre lang über neun Stunden am Tag Handystrahlung ausgesetzt. Bei den männlichen Tieren haben sie eine verstärkte Bildung von Krebszellen festgestellt. Ist Handystrahlung gefährlich?

Die Strahlungsintensität im Experiment lag deutlich über den gesetzlichen Grenzwerten. Die Ergebnisse lassen sich zudem nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen, da sich die Körpertemperatur der Tiere viel stärker erhöht hat, als dies beim Menschen möglich ist. Ein Ergebnis der Studie war auch, dass die männlichen Ratten, die bestrahlt wurden, länger lebten als die unbestrahlten.

Mit 5G werden mehr Daten in kürzerer Zeit übertragen. Wird dabei auch mehr Strahlung erzeugt?

Wenn man die gleichen Datenmengen übermittelt, strahlt 5G weniger stark als 4G. Und die genutzten höheren Frequenzen von 5G dringen weniger tief in den Körper ein. Die von den Antennen erzeugte Körpererwärmung liegt damit deutlich unter den Grenzwerten und faktisch fast bei null. Hinzu kommt, dass bei 5G Beamforming genutzt wird. Das heißt, die Antennen strahlen viel gezielter dorthin, wo gerade am meisten Daten übertragen werden. Die gesetzlichen Standards für den Mobilfunk sind zudem deutlich strenger als für Luftverschmutzung oder Lärmentwicklung.

Ist die Strahlungsbelastung auf dem Land niedriger als in der Stadt?

In der Regel ist das Gegenteil der Fall. Die Hauptstrahlungsquelle ist nämlich das eigene Mobiltelefon. Und auf dem Land gibt es häufig weniger Antennen, so dass das Handy viel stärker strahlen muss. Wenn man eine sehr gute Verbindung hat, kann das Smartphone bis zu 100.000-mal weniger stark strahlen als in einem schwachen oder gestörten Mobilfunknetz.

Immer mehr Menschen sagen, sie leiden unter Elektrosensibilität. Ist das wissenschaftlich belegt?

Es gibt dafür keine Belege. Es lässt sich aber nicht ausschließen, dass es eine sehr kleine Minderheit gibt, die unter Elektronsensibilität leidet. Die Zahlen sind aber dann so gering, dass es in Studien nicht nachweisbar ist. Bei den meisten Betroffenen wird es sich jedoch um einen so genannten Nocebo-Effekt handeln. Sie sehen eine Antenne und fühlen sich nicht mehr gut. Psychologische Faktoren können eine große Rolle spielen.

Gibt es andere Faktoren der Digitalisierung, die Sie aus gesundheitlicher Sicht kritisch sehen?

Es ist schade, dass immer die Strahlung zum Sündenbock der Digitalisierung gemacht wird. Dabei gibt es andere ernste Risiken, wie etwa die zunehmende Kurzsichtigkeit bei Kindern, die täglich stundenlang auf die Bildschirme starren. Oder die Suchtabhängigkeiten und das sich Verlieren in sozialen Medien.