Veronika und Jürgen Riesebeck aus Naumburg führten den ältesten Friseursalon Deutschlands. Auch im Ruhestand erinnern sie sich gerne an die Perücke von Friedrich dem Großen, besondere Werbeaktionen und einen Artikel in der Kinderzeitschrift "Mickey Mouse".

Eine Perücke von Friedrich dem Großen sei im Salon Munckelt in Naumburg gerichtet worden – so geht die Legende. Von Generation zu Generation wurde diese weitergegeben, sagen Veronika und Jürgen Riesebeck, die den ältesten Friseursalon Deutschlands in 7. Generation und bis zum letzten Tag geführt haben. Aber ob mit oder ohne den "Alten Fritz": Der Friseursalon, den Jürgen Riesebecks Ururururgroßvater im Jahr 1752 gegründet hat, kam zu DDR-Zeiten zu großem Ruhm.
"Wir waren republikweit bekannt und in Naumburg die Nummer eins", berichtet die 81-jährige Veronika Riesebeck. "Zum einen, weil wir der älteste Friseursalon waren, zum anderen, weil wir im ganzen Land erfolgreich an Leistungswettbewerben und beim Schaufrisieren teilgenommen haben." Den Grundstein für diese Erfolgsserie legte Jürgen Riesebeck bereits mit 19 Jahren, als er seinerzeit jüngster Friseurmeister der Deutschen Demokratischen Republik wurde. Es sollten viele weitere berufliche Höhepunkte folgen.
Modell für Shampoo
Veronika Riesebeck wurde zusätzlich durch eine landesweite Werbekampagne für ein bekanntes Shampoo bekannt. "Ein Fotograf aus Naumburg sprach mich an und machte die Fotos. Das Plakat mit meinem Gesicht hing DDR-weit in den Konsum- und HO-Schaufenstern", erinnert sich die Friseurmeisterin.
Den geschichtsträchtigen Salon in der Marienstraße 33 leitete Jürgen Riesebeck ab 1957 mit seiner Mutter, der letzten geborenen Munckelt. Noch im selben Jahr beginnt dort eine junge Frau ihre Ausbildung. Mit ihr als Model erreicht Jürgen Riesebeck beim überregionalen Traditionsfrisieren der Modekommission Leipzig den ersten Platz. Aus Friseurgesellin Veronika sollte jedoch mehr werden als eine Kollegin – nämlich eine Ehefrau und lebenslange Begleiterin.
40 Lehrlinge ausgebildet
Über Jahrzehnte führen Riesebecks den Salon zusammen, bilden über 40 Lehrlinge aus. Sowohl Jürgen Riesebeck, der zusätzlich zur handwerklichen Ausbildung ein betriebswirtschaftliches Universitätsstudium absolviert hat, als auch seine Frau Veronika unterrichten einige Jahre lang an der Berufsschule. "Wenn man weiß, wie es geht, kann man den Unterricht für die Jugendlichen ganz ohne didaktische Monster gestalten", so Jürgen Riesebeck über seinen Lehrstil. Doch nicht nur für den Nachwuchs engagierte sich der Friseurmeister und Diplom-Betriebswirt. Als Innungs-Obermeister kümmerte er sich nach der Wende auch um die Belange der Betriebe und des Gewerks allgemein. Als ehrgeizig und tüchtig bezeichnet Veronika Riesebeck ihren Mann, der heute 86 Jahre alt ist, und mit dem sie 2021 Diamantene Hochzeit feierte.
Lohn basierend auf der Leistung
Nach der Wende krempeln Riesebecks ihren Traditionsbetrieb noch einmal um, setzen auf Modernität. Bereits zu DDR-Zeiten hatte das Ehepaar Ideen für das Geschäft, entwickelte beispielsweise ein Lohnmodell, das auf Leistung basiert. "Wir haben es viele Jahre erfolgreich angewendet. Es war ein Alleinstellungsmerkmal für unsere Firma und hat wesentlich zu unserem Erfolg beigetragen."
Zum 250. Jubiläum des Salons im Jahre 2002 gibt es noch einmal ein Presse-Echo. Von der Süddeutschen bis zur Ostsee Zeitung wird landesweit ausführlich berichtet. Durch Zufall erfährt das Ehepaar, dass sogar in der Kinderzeitschrift "Micky Maus" ein Beitrag über sie erschienen ist. Besagter Artikel mit der Überschrift "Flotter Frisör" wird bis heute in einem dicken Ordner mit allen Erinnerungen an den Salon aufbewahrt.
Erfolglose Suche nach einem Nachfolger
2005 war Schluss. Erinnerungen sind auch das, was geblieben ist, denn im Jahr 2005 schlossen sich die Türen des Salons für immer. Die Töchter können das Unternehmen damals nicht übernehmen – eine aus gesundheitlichen Gründen, die andere, weil sie die Friseurausbildung weiterführte zu einer anderen Leidenschaft: der Maskenbildnerei. Andere Nachfolger zu finden stellt sich als schwierig heraus: "Den Interessenten war der Salon zu groß. Oben Salon, unten Parfümerie, insgesamt zehn Arbeitsplätze", erklärt Veronika Riesebeck. So findet sich niemand, der den Traditionsbetrieb übernimmt. Doch was die Familie Munckelt/Riesebeck geschaffen hat, das bleibt. Und wer kann schon von sich behaupten, dass einmal alles mit dem "Alten Fritz" angefangen hat.