Am 30. März läuft um 20.15 Uhr der neueste Teil der erfolgreichen ARD-Reihe "Die Bestatterin". In der ARD-Mediathek ist der Film bereits heute abrufbar. Diesmal ist der schwäbische Heimatkrimi allerdings eine herbe Enttäuschung – und das hat mehrere Gründe.

Mit ihrem fest im TV-Programm verankerten "Donnerstagskrimi" versucht die ARD seit Jahren, Krimi-Fans auch über den "Tatort" und den meist genauso sehenswerten "Polizeiruf 110" hinaus an sich zu binden. Reichweitenstarke und geographisch bunt gemischte Formate wie "Nord bei Nordwest", "Mordkommission Istanbul" oder "Der Masuren-Krimi" erreichen jede Woche gute Einschaltquoten. Sie punkten bei einem Publikum, das sich klassische Krimi-Unterhaltung an netten Schauplätzen und ohne nennenswerte dramaturgische Experimente wünscht.
Auch die vom SWR in Auftrag gegebene schwäbische Heimatkrimireihe "Die Bestatterin" hat ihren Sendeplatz am Donnerstag gefunden. Mit dem sympathischen Erstling "Der Tod zahlt alle Schulden" und dem nicht ganz so gelungenen Nachfolger "Die unbekannte Tote" flimmerten bereits zwei Ausgaben über die Mattscheiben. Weil mal keine Polizisten oder Privatermittler auf die Verbrecher losgelassen werden, sondern eine Handwerkerin, hob sich die Reihe vom müden Einheitsbrei an Regionalkrimis ab.
Im dritten Teil "Zweieinhalb Tote", der am 30. März 2023 um 20.15 Uhr seine TV-Premiere feiert und bereits seit heute in der Mediathek abrufbar ist, ist es damit aber vorbei. Das Bestatterinnendasein der Hauptfigur ist im Drehbuch von Matthias Kiefersauer und Alexander Liegl fast nur noch Etikettenschwindel. Die schwäbische Regionalität ist das markanteste Merkmal. Aus Sicht des Handwerks ist der Krimi, für den keine Kenntnisse der beiden Vorgänger erforderlich sind, dennoch interessant. Es kommen auch andere Gewerke zum Zug.
Die Tochter des Bestatters
"Ein Bestatter ist immer erreichbar. Der MUSS immer erreichbar sein", tadelt der an den Rollstuhl gefesselte und als Betriebsinhaber eingetragene Alfons Taubenbaum (Artus Maria Matthiessen) einleitend seine Tochter. Die beklagt sich in aller Herrgottsfrühe darüber, dass das Telefon klingelt und sie durch die Benachrichtigung über einen doppelten Todesfall aus dem Bett bemüht wird. Ihre giftige Antwort folgt prompt: "Ich bin Physiotherapeutin! Und nur die Tochter eines Bestatters, aber ich mache seine ganze Arbeit", pampt Lisa Taubenbaum (Anna Fischer) angefressen zurück. Bitte was?
Ganz genau. Die Krimireihe trägt zwar den Titel "Die Bestatterin". Doch war Lisa schon im erwähnten Vorgänger "Die unbekannte Tote" vorwiegend als Physiotherapeutin unterwegs, statt sich wirklich um Leichen, Bestattungen und Angehörige zu kümmern. Im dritten Teil, der erneut im beschaulichen Hepperlingen spielt, wirkt das Ganze halbgarer als zuvor. Es gibt nur eine kurze Sequenz, in der sich Lisa am Leichentisch in bekannter Manier mit den Toten unterhält und anhand der Verletzungen Mutmaßungen über den möglichen Tathergang anstellt. Ansonsten beschränkt sich ihr Tun als Bestatterin – pardon, als Tochter eines Bestatters – darauf, den Leichenwagen durch die Gegend zu fahren. Das ist bei genauerer Betrachtung reichlich dünn.

Zwei Tote und ein vermisster Handwerker
Auch das Schreiner-Faible ihres einfältigen Bruders Hannes (Frederik Bott) bleibt diesmal außen vor. Der junge Mann fungiert als Sidekick und Stichwortgeber. Er muss seiner Schwester ansonsten aber das Feld überlassen und für bemühte Gags herhalten. Mit den titelgebenden "zweieinhalb Toten" sind wiederum zwei Unfallopfer und ein Vermisster gemeint, der ebenfalls Handwerker ist. Dass Landmaschinenmechatroniker Mario Godelmann (Jakob Geßner), dessen zwei Kumpels bei einer Autofahrt ums Leben kommen, schon nach einer halben Stunde wieder auftaucht, ist wie so vieles in diesem seichten Krimi keine Überraschung. Während seine Rückkehr zu reichlich Streitereien und Eifersüchteleien führt, bekommt sein Handwerk im Laufe der Ermittlungen sogar einen negativen Touch. Bringt Mario schließlich die technischen Fähigkeiten mit, einen Bremsschlauch am Auto zu manipulieren und seine Freunde ins Jenseits zu befördern.
Apropos Ermittlungen. Die übernimmt Lisa mit ihrem Geliebten, dem ein ums andere Mal tapfer aus Stuttgart anreisenden Kommissar Thomas Zellinger (Christoph Letkowski). Der tanzt nach ihrer Pfeife und muss sich mit Gelegenheitssex begnügen. Gleichzeitig ist Zellinger ein willkommener Ruhepol. Denn war Lisa bei ihren bisherigen zwei Einsätzen in der Provinz stets eine Sympathieträgerin und Identifikationsfigur, gestaltet sich die Schwärmerei für ihre Jugendliebe Mario im ersten Filmdrittel anstrengend. Dass die ermittelnde Figur persönlich in den Fall involviert ist, ist in Krimis ein beliebtes, aber auch wenig originelles Mittel für zusätzliche Brisanz. Weil in Hepperlingen aber sowieso jeder jeden kennt, wirkt das hier durchaus glaubhaft und stimmig. Lokale Verstrickungen wie diese kennen wir aus den populären und ähnlich regional eingefärbten Eberhofer-Krimis.

Betroffenheitskitsch beim Bäcker
Als spannender Krimi überzeugt der Film von Regisseur Fabian Möhrke selten. Der Thrill köchelt auf Sparflamme und die Auflösung der Täterfrage ist vorhersehbarer als ein Busfahrplan. Eine aus Handwerkssicht interessante Begegnung hält das Drehbuch aber bereit. Lisa und Hannes stärken sich mit einer leckeren, weil handgemachten Laugenbrezel beim verbitterten Bäckermeister Niklas Rebele (Christoph Glaubacker). Er klagt ihnen sein Leid durch die Konkurrenz der Supermärkte und Discount-Bäcker. Statt hier ein wenig Tiefenbohrung zu betreiben, mündet die zu diesem Zeitpunkt wie ein Fremdkörper wirkende Szene leider in plumpem Betroffenheitskitsch. Jaja, wirklich schlimm, so eine drohende Betriebsaufgabe nach drei Generationen Bäckerhandwerk, aber wir müssen jetzt auch weiter.
So hebt sich "Die Bestatterin – Zweieinhalb Tote" trotz einiger origineller Momente (etwa einem Besuch in einem schwäbischen China-Restaurant) unterm Strich kaum noch von dem ab, was am Donnerstagabend im Ersten gemeinhin geboten wird. Massenware statt Individualität, bekannte Muster statt mutiger Neuerungen. Es ist der Reihe zu wünschen, dass sie sich wieder auf ihre Stärken und Alleinstellungsmerkmale konzentriert. Ansonsten könnte sie bald Fernsehgeschichte sein.
>>> Hier können Sie den Film bereits vor der TV-Premiere in der ARD-Mediathek sehen.