Weniger Betriebe, aber dafür größere mit mehr Filialen: So lässt sich der Strukturwandel im Lebensmittelhandwerk zusammenfassen. Innerhalb von fast zwanzig Jahren ist die Zahl der Betriebe um über 25.000 geschrumpft. Das größte Problem für kleine Firmen ist die Nachfolge.
Jana Tashina Wörrle
Gab es 1995 noch 55.955 Bäckereien, Fleischereien und Konditoreien, so waren es 2014 noch 30.565 Betriebe. Das ergab eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen.
Das Lebensmittelhandwerk schrumpft zwar, was die Zahl der Unternehmen betrifft. Doch ein Trend zu größeren Betrieben mit mehr Filialen sorgt dafür, dass die Beschäftigtenzahlen nicht so dramatisch abnehmen und auch die Umsätze der einzelnen Firmen konstant bleiben. Das betrifft zumindest das Bäcker- und das Fleischerhandwerk. Das Konditorenhandwerk sei von dieser Entwicklung nicht betroffen, teilt die Bundesregierung mit.
Ohne Azubis, keine Fachkräfte
So sei im Lebensmittelhandwerk seit einigen Jahren eine Strukturveränderung zu beobachten. Sie wird unter anderem durch das veränderte Kaufverhalten der Verbraucher und den zunehmenden Wettbewerb durch die Industrie beeinflusst. Zwar ist die Konkurrenz härter geworden, doch das Lebensmittelhandwerk hat sich auf die Entwicklung vielerorts schon eingestellt. Probleme bereiten nach Ansicht des Fleischerhandwerks vielmehr der Fachkräfte- und der Nachwuchsmangel .
"Dass es Wurst und Fleisch abgepackt im Supermarkt gibt, ist nicht neu. Natürlich macht der Preiskampf der Discounter es nicht leicht, aber das sind Probleme, die es schon lange gibt", sagt Gero Jentzsch, der Sprecher des Deutschen-Fleischerverbands. Die rückläufigen Betriebszahlen führt er vor allem darauf zurück, dass es für die ganz kleinen Metzger mit nur zwei oder drei Angestellten unheimlich schwer wäre, einen Nachfolger zu finden, wenn die Rente ansteht und aus der Familie keiner den Betrieb übernimmt.
Die großen Fleischereien hätten es da einfacher und ihnen ginge es auch vergleichsweise gut. Sie hätten ihr Profil als Fachgeschäfte gestärkt und mit zusätzlichen Angeboten wie Catering und Schulverpflegung neue Schwerpunkte gesetzt.
Das zeigen auch die neuen Zahlen des Fleischerverbands. So konnten die am Markt aktiven Betriebe im Durchschnitt ein leichtes Umsatzplus erwirtschaften. Der durchschnittliche Umsatz pro Betrieb stieg von 1.178.000 im Jahr 2013 auf 1.203.000 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Ohne Fachkräfte, keine Nachfolger
Zwar verzeichnete die Branche einen Beschäftigungsrückgang von 0,3 Prozent. Doch das sei allein das Ergebnis des weiteren Rückgangs bei den Betriebszahlen. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 13.559 eigenständige Meisterbetriebe und 9.150 weitere Verkaufsstelle. 114 Stilllegungen standen 730 Betriebsgründungen gegenüber. Damit ist die Anzahl der selbständigen Betriebe um 372 zurückgegangen – eine negative Entwicklung, die sich dennoch im Vergleich zu den Vorjahren ein wenig abschwächt.
Gero Jentzsch fasst die Entwicklung so zusammen: "Die die nicht zumachen, denen geht es gut. Insolvenzen entstehen nicht durch einen wirtschaftlichen Misserfolg, sondern wegen des Nachfolgeproblems." Der Kampf um geeignete Azubis sei "voll entbrannt" und da sich die Tendenz schon seit Jahren verschärfe, bekommt die Branche die Auswirkungen immer stärker zu spüren. Ohne Azubis, keine Fachkräfte – ohne Fachkräfte keine, Nachfolger.
"Wenn mehr Interesse da wäre, könnten die Betriebe ein Drittel mehr Jugendliche ausbilden", so der Verbandssprecher. Doch Azubis könnten sich momentan aussuchen, welchen Beruf sie gerne hätten – und sie wählen meist nicht das Fleischerhandwerk. Jentzsch spricht von einem Imageproblem, obwohl das Fleischerhandwerk viele Chancen biete. Das versucht der Verband derzeit auch anhand einer eigenen Nachwuchskampagne zu vermitteln. Ähnlich versucht es das Bäckerhandwerk .