Finanzielle Unterstützung für Kleinbetriebe und Soloselbständige Corona-Soforthilfe: Wann eine Rückzahlung droht

Zehntausende Betriebe haben in den vergangenen Monaten Corona-Soforthilfen bekommen. Doch wer vor der Antragstellung das Kleingedruckte nicht gelesen hat, muss das Geld unter Umständen zurückzahlen. Denn nur wer tatsächlich in einer existenzbedrohenden Lage war, hatte Anspruch auf das Geld.

Harald Czycholl

Schnell und unbürokratisch wurden die Hilfen ausgezahlt, gestaffelt nach Unternehmensgröße. Wer jedoch zu Unrecht Soforthilfe bekommen hat, muss das Geld zurückzahlen. - © Wolfilser – stock.adobe.com

Bitte beachten Sie: Da sich die Nachrichtenlage momentan schnell ändert, können wir nicht gewährleisten, dass dieser Text stets aktuell ist. Die Rechtslage in den Bundesländern wird überdies laufend angepasst, so dass sich eine eine ergänzende Prüfung bei staatlichen Stellen oder den jeweiligen Handwerkskammern empfiehlt. Der Artikel gibt sofern nicht anders vermerkt den Stand vom 06. August wieder.

Als im März die Corona-Krise über das Land hereinbrach, Schulen, Geschäfte und Restaurants geschlossen und Ausgangsbeschränkungen verhängt wurden, war die Not bei den Unternehmen im Land groß – und ebenso die Erleichterung bei den Betriebsinhabern, als die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern in Windeseile Soforthilfe-Programme für die betroffenen Unternehmen ins Leben riefen. Schnell und unbürokratisch wurden die Hilfen ausgezahlt, gestaffelt nach Unternehmensgröße. Ein Online-Antrag reichte in den meisten Bundesländern aus. Doch jetzt könnte für viele Betriebsinhaber das böse Erwachen folgen: Wer zu Unrecht Soforthilfe bekommen hat, muss das Geld nämlich zurückzahlen. In manchen Fällen können unter Umständen sogar strafrechtliche Ermittlungen drohen.

"Der Zuschuss ist kein Geschenk", betont Jan Brumbauer, Ecovis-Steuerberater aus Falkenstein. "Man hat nur ein Recht auf den Zuschuss, wenn man sich tatsächlich in einer Existenzkrise befindet." Und auch wann es sich um eine Existenzkrise handelt, ist klar definiert: "Darunter versteht man grob gesagt, dass die Einnahmen nicht ausreichen, die Kosten für die nächsten Monate zu decken", so Brumbauer. "Das Geld soll den betrieblichen Liquiditätsengpass der nächsten drei Monate überbrücken, die sich aus den laufenden Fixkosten ergeben, also Gewerbemiete, Leasing, Strom oder Telefon."

Soforthilfe nur zur Deckung betrieblicher Kosten gedacht

Nur wer tatsächlich berechtigt ist, darf das Geld behalten, muss es aber als Einnahme versteuern. "Die Einnahmen unterliegen den Ertragsteuern, also Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbesteuern sowie den dazugehörigen Zuschlagsteuern wie Soli und Kirchensteuer", erklärt Steuerberater Brumbauer. Das ist aber nur relevant, wenn der Laden nach dem finanziellen Engpass wieder gut läuft und auch auf das Jahr gerechnet ein Gewinn gemacht wird. "Erzielt das Unternehmen 2020 einen Verlust, fällt natürlich aktuell keine Steuer an", so Brumbauer.

Experten vermuten, dass manche Betriebe die Soforthilfen zu Unrecht bekommen haben könnten, etwa weil sie bei der Berechnung des Engpasses Lohnkosten oder Abschreibungen mit einbezogen haben. Bei Kleinunternehmen und Soloselbstständigen mit vergleichsweise niedrigen Fixkosten könnten auch die privaten Lebenshaltungskosten vollständig in die Berechnung mit eingeflossen sein – dies ist in manchen Bundesländern komplett unzulässig, in anderen Ländern wie etwa Baden-Württemberg darf ein fiktiver Unternehmerlohn bis zur Höhe von bis zu 1180 Euro im Monat angesetzt werden. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Sarah Ryglewski (SPD), hat in einem Schreiben an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags noch einmal deutlich gemacht: "Das Soforthilfeprogramm des Bundes sieht Zuschüsse zur Deckung des laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwands der Antragsteller vor.“

Aber selbst wenn in die Berechnung nur die zulässigen Kosten eingeflossen sind, kann es sein, dass das Unternehmen vielleicht noch betriebliche Rücklagen hatte, auf die es hätte zurückgreifen können – auch dann wäre der Bezug von Soforthilfen zumindest in manchen Bundesländern unzulässig gewesen. "Wir raten immer, das Kleingedruckte – auch wenn es wirklich langweilig ist – zu lesen, um seine Pflichten zu kennen“, sagt Brumbauer. Näher geprüft wurden die Angaben der Antragsteller von den Ländern jedoch nicht, denn schließlich hatte die Politik ein unbürokratisches und vor allem schnelles Verfahren versprochen. So mussten die Antragsteller nur eidesstattlich versichern, dass sie alle Anforderungen erfüllen. Doch diese eidesstattliche Versicherung könnte den Betriebsinhabern jetzt auf die Füße fallen.

Betriebsinhaber mit Unwägbarkeiten konfrontiert

In der Eile könne es schnell geschehen sein, dass sich die Höhe der beantragten Gelder im Nachhinein, beispielsweise bei einer Prüfung durch einen Rechnungshof, als nicht korrekt erweist, sagt Jürgen Müller, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Kassel. "In diesen Fällen, darauf wird in den Antragsverfahren hingewiesen, handelt es sich um Subventionsbetrug, der mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden kann." Betriebsinhaber, die Soforthilfe erhalten haben, seien daher nun mit zahlreichen Unwägbarkeiten konfrontiert.

Indizien, dass bei der Antragstellung Fehler gemacht wurden, gibt es einige. In Nordrhein-Westfalen etwa hat jeder Antragsteller immer pauschal die Höchstsumme von 9.000 Euro (bis fünf Beschäftigte) beziehungsweise 15.000 Euro (bis zehn Beschäftigte) erhalten – ganz unabhängig von seinem tatsächlichen betrieblichen Sachaufwand. Im Nachgang der Förderung müssten die Antragsteller jedoch eine Berechnung ihres betrieblichen Sach- und Finanzaufwands im Bewilligungszeitraum erstellen, heißt es beim nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium. Und spätestens bei Erstellung dieser Berechnung könnte es ein böses Erwachen geben.

Zumal sich die Bedingungen seit Einführung der Soforthilfe im März noch geändert haben: Dass die Lebenshaltungskosten nicht einberechnet werden dürfen, stand nämlich seinerzeit noch nicht fest. Viele Unternehmer haben also im guten Glauben gehandelt, als sie den Antrag entsprechend gestellt haben. Mittlerweile hat die nordrhein-westfälische Landesregierung auch eine Vertrauensschutzlösung für die betroffenen Betriebe geschaffen: Empfänger der Soforthilfe dürfen zumindest für die Monate März und April 2.000 Euro für die private Lebensführung verwenden. Sollte sich herausstellen, dass ein Teil der Gelder anstelle der Beantragung von Grundsicherung für die private Lebensführung genutzt worden sein, werde das Land dem Bund die entstandene Lücke bis zu einem Betrag von 2.000 Euro erstatten, erklärte das Wirtschaftsministerium.

Wer glaubt, bei der Antragstellung einen Fehler gemacht zu haben, sollte Ruhe bewahren und zunächst seinen Steuerberater kontaktieren. Im Zweifel sollte man das Geld lieber nicht anrühren, denn sobald die Behörden Kapazitäten haben, die vorläufig bewilligten Anträge näher zu prüfen und entsprechende Belege anfordern, droht eine Rückzahlung

Rückzahlung ist straffrei möglich

Selbstverständlich müsse der Staat dafür Sorge tragen, dass Steuergelder nicht missbräuchlich verwendet werden, so Jürgen Müller von der HWK Kassel. Insofern stehe es auch nicht in Frage, dass zu Unrecht ausgezahlte Mittel zurückzuzahlen seien. "Wir würden uns aber wünschen, wenn dies der Fall sein sollte, dass die Verfolgung solcher nicht korrekt gestellten Anträge mit Augenmaß geschieht und nicht mit der Keule Subventionsbetrug." Denn man dürfe in der Regel davon ausgehen, dass Betriebe korrekte Angaben machen und eventuelle Fehler echte Fehler sind, die der außergewöhnlichen Lage der Betriebe geschuldet und nicht von betrügerischer Energie getragen waren.

Bei eindeutigen Fällen ohne Existenznöte sei allerdings eine sofortige, freiwillige Rückzahlung ratsam , so Steuerberater Brumbauer. "Die Alternative zur freiwilligen Rückzahlung ist keine schöne“, so Steuerberater Brumbauer: "Der Staat fordert das Geld wahrscheinlich plus Zinsen zurück." Zudem drohen dann eben strafrechtliche Ermittlungen, zumindest wenn die Behörden hinter falschen Angaben keinen Fehler im Eifer des Gefechts sondern Absicht vermuten.

Die Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Zuschüsse sind derzeit noch straffrei möglich, einfach in Form einer Rücküberweisung auf das Konto, von dem einem das Geld überwiesen wurde. Die Investitionsbank Berlin, die die Soforthilfe-Zahlungen in Berlin abwickelt, rät dazu, im Verwendungszweck das Wort "Rückläufer", die Bescheidnummer sowie das Bescheiddatum anzugeben, so dass die Zahlung eindeutig zugeordnet werden kann. Dieses Vorgehen ist auch in allen anderen Bundesländern empfehlenswert. Am wichtigsten ist dabei die individuelle Antragsnummer oder das Aktenzeichen, das die Behörden mit dem Bewilligungsbescheid mitgeteilt haben. Sinnvoll ist es zudem, die für die Soforthilfen zuständige Stelle des jeweiligen Bundeslandes zu kontaktieren und über die Rückzahlung zu informieren – am besten per Mail an jene Adresse, an die man seinerzeit auch seinen Soforthilfe-Antrag geschickt hatte. Die Begründung, der Engpass sei geringer gewesen als erwartet und deshalb wolle man nun einen Teil des Zuschusses zurückzahlen, wird von den Behörden eigentlich immer akzeptiert.

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Gründe für die Rückzahlung der Soforthilfe im Überblick

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  • Unrechtmäßige, aber fahrlässige Beantragung unter Missachtung der Antragsvoraussetzungen
  • Aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen bei vorsätzlich nicht gerechtfertigter Inanspruchnahme der Soforthilfe
  • Im Nachhinein geänderte Voraussetzungen, die den Antragsteller aus dem Raster fallen lassen
  • Versehentliche Mehrfachbeantragung und Mehrfachbegünstigung infolge technischer Probleme
  • Überraschender Anstieg der Auftragslage, der die Soforthilfe überflüssige macht bzw. den Engpass geringer ausfallen lässt als erwartet
  • Teilrückzahlung wegen Übervorteilung durch Auszahlung des Maximalbetrags, der nicht in voller Höhe benötigt wird
  • Moralische und ethische Beweggründe czy

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