Ohne ordentliche steuerliche Aufzeichnungen droht Unternehmern Ärger mit dem Finanzamt. Was Selbstständige steuerlich aufbewahren müssen, wie lange und in welcher Form, verrät ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums.
Bernhard Köstler

Es ist ein Albtraum für jeden Unternehmer und jeden Steuerberater: Der Prüfer des Finanzamts spricht aus, was niemals ausgesprochen werden darf: "Ihre steuerlichen Aufzeichnungen entsprechen nicht den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Buchführung." Die Folgen dieses Satzes sind fatal. Kann der Prüfer diese Aussage beweisen, drohen Zuschätzungen zum Gewinn und Umsatz des Betriebs. Neben Steuernachzahlungen kommt es häufig sogar zur Bekanntschaft mit der Bußgeld- und Strafsachenstelle im Finanzamt wegen Steuerhinterziehung.
Was Selbstständige steuerlich aufbewahren müssen, wie lange und in welcher Form, verrät ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums (Az.: IV A 4 – S 0316/13/10003). Die Besonderheit: Sie bekommen nun erstmals Vorgaben für die elektronische Buchführung . Das Schreiben enthält auch wichtige Aussagen zum Datenzugriff des Finanzamts bei Prüfungen. Hier die wichtigsten Antworten auf Praxisfragen zur steuerlich ordnungsmäßigen Buchführung.
Frage 1: Was muss ich steuerlich alles aufbewahren. Damit der Prüfer des Finanzamts keine Zuschätzungen zum Gewinn und Umsatz vornehmen kann?
Es sind alle Unterlagen aufzubewahren, die zum Verständnis und zur Überprüfung für die Besteuerung von Bedeutung sind. Neben Ein- und Ausgangsrechnungen und Verträgen sind das auch folgende Unterlagen: Branchennotwendige Aufzeichnungen, steuerlich relevante Geschäftsbriefe, E-Mails und Kostenstellen, beispielsweise zur Bewertung von Gegenständen, Rückstellungen oder von Verrechnungspreisen mit verbundenen Unternehmen im Ausland.
F austformel: Bewahren Sie alle Unterlagen auf, aus denen sich steuerliche Folgen ableiten lassen, stehen Sie in Sachen ordnungsmäßiger Buchführung auf der sicheren Seite.
Frage 2: Ist diese Verwaltungsanweisung für mich bindend? Mich interessieren nur Gesetze.
Die Vorgaben zur ordnungsmäßigen Buchführung sind zwingend einzuhalten. Es handelt sich nur um Klarstellungen zu den gesetzlich vorgeschriebenen Buchführungsregeln (§ 238 ff. HGB; § 145 bis 147 AO).
Nicht sammeln, sondern laufend buchen
Frage 3: Bin ich auch für Verfehlungen bei den Aufzeichnungen zur Buchführung verantwortlich, wenn ich die Buchhaltung an einen Steuerberater oder an einen Bilanzbuchhalter ausgelagert habe?
Ja. Das Bundesfinanzministerium hat in Randziffer 21 des Info-Schreibens vom 14. November 2014 klargestellt, dass für die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen alleine der selbständige Handwerker verantwortlich ist. Die Sanktionen bei Mängeln treffen also immer Sie.
Frage 4: Welche Grundsätze zur Buchhaltung muss ich bei meiner EDV-Buchführung grob beachten?
Neben den Grundsätzen zur Nachvollziehbarkeit und zur Wahrheit erwartet die Finanzverwaltung bei einer nicht zu beanstandenden elektronischen Buchführung die Einhaltung folgender Mindestanforderungen:- Vollständigkeit,
- Richtigkeit,
- zeitgerechte Buchungen und Aufzeichnungen,
- Ordnung,
- Unveränderbarkeit.
Frage 5: Was bedeutet der Grundsatz der zeitgerechten Buchungen und Aufzeichnungen in der Praxis?
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung müssen die Geschäftsvorfälle laufend gebucht werden. Es widerspricht dem Wesen der kaufmännischen Buchführung, sich zunächst auf die Sammlung von Belegen zu beschränken und erst nach langer Zeit damit zu beginnen, diese Belege in die Buchhaltung einzuspielen. Wenn Sie sich nun dabei ertappen, dass Sie nicht zeitnah buchen, ist das steuerlich kein Problem, solange sich keine Beanstandungen oder Zweifel des Finanzamts ergeben. Bei zahlreichen Beanstandungen können nicht zeitnahe Buchungen das Zünglein an der Waage sein und zu Zuschätzungen führen.
Wichtig: Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO täglich festgehalten werden. Wer eine elektronische Kasse einsetzt, sollte sich an diesen Grundsatz zwingend halten.
Unterlagen müssen lesbar bleiben
Frage 6: Was ist unter der Unveränderbarkeit der Buchführung zu verstehen?
Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht mehr in einer Weise verändert werden, so dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist.
Mit anderen Worten: Verwenden Sie ein Warenwirtschaftssystem und verändern nachträglich Ausgangsrechnungen oder vorgenommene Buchungen, muss das zwingend protokolliert werden. Andernfalls können Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit zu Ihren Lasten verwendet werden.
Frage 7: Ich nutze seit Jahren dasselbe EDV-Buchhaltungssystem, möchte aber in naher Zukunft auf ein besseres Buchführungssystem umsteigen. Muss ich für das alte System weiterhin Lizenzen bezahlen, damit die Aufzeichnungen noch lesbar gemacht werden können?
Ja. Es ist tatsächlich so, dass die elektronische Buchhaltung für die gesamte steuerliche Aufbewahrungsfrist lesbar vorgehalten werden muss. Hier kann es durchaus vorkommen, dass trotz Stilllegung eines Buchhaltungssystems weiterhin Kosten für dieses EDV-Buchhaltungssystem entstehen.
Frage 8: Ich habe bei einem Hochwasser sämtliche aufbewahrungspflichtigen Belege – sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form – verloren. Muss ich mit Sanktionen rechnen?
Verlieren Sie Ihre Buchhaltungsbelege durch ein Hochwasser, durch einen Brand oder durch eine andere Naturkatastrophe, gibt es meist Verwaltungsanweisungen, nach denen Sie nicht schlechtergestellt werden sollen als Unternehmer mit Belegen. Damit Ihre Aussage zum Verlust der Buchhaltungsaufzeichnungen glaubhaft wirkt, sollten Sie den Verlust nicht erst dann beim Finanzamt anzeigen, wenn sich ein Prüfer anmeldet. Die Verlustmeldung muss umgehend erfolgen.
Frage 9: Wo finde ich das Schreiben zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung?
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14. November 2014 finden Sie unter bundesfinanzministerium.de. Ergänzende Informationen zur Datenträgerüberlassung an das Finanzamt anlässlich einer Betriebsprüfung finden Sie im gleichen Portal.