Das Thema Bauen wurde von den vergangenen Bundesregierungen viel zu stiefmütterlich behandelt, sagen führende Vertreter der Baubranche. Daher müsse nun ein eigenes Bauministerium her.

Zum Start der Koalitionsverhandlungen fordern die Gewerkschaft IG Bau und die Bauindustrie für die künftige Bundesregierung ein eigenes Bauministerium. "Das Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Und die hat das politische Gewicht eines eigenen Bundesministeriums verdient", sagte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Seit 23 Jahren führe das Bauressort ein "Nomadenleben". "Es war immer Anhängsel - beim Verkehr, bei der Umwelt, beim Inneren." Derzeit ist das Thema Bauen beim Bundesinnenministerium beheimatet.
Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller, forderte: "Wir brauchen ein starkes Bundesministerium für Bau und Infrastruktur, um die gewaltigen Vorhaben zur Modernisierung unserer Infrastruktur umzusetzen." Eine der wesentlichen Stellschrauben für das Gelingen der Mobilitäts- und Energiewende werde eine ambitionierte Baupolitik sein, sagte Müller. "Bauen darf kein Annex mehr eines Ressorts sein, sondern muss ins Zentrum des Handelns gerückt werden."
Sozialer Wohnungsbau und energetische Sanierung wichtig
Auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) fordert von den Parteien bei den Koalitionsverhandlungen den Fokus auf eine pragmatische Baupolitik für mehr Klimaschutz zu setzen. Anfang der Woche appellierte der ZDB in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem HDB Investitionen zu verstetigt und den Wohnungsneubau sowie die energetische Sanierung voran zu bringen.
ZDB-Präsident Reinhard Quast und HDB-Präsident Peter Hübner machten sich unter anderem für eine Fortsetzung wohnungsbaupolitischer Maßnahmen stark. "Im Mietwohnungsbau brauchen wir neben der Anpassung der AfA an den Wertverzehr der Immobilie von zwei auf drei Prozent, dringend mehr Sozialwohnungen, da jährlich 80.000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen", sagten Quast und Hübner. Im Hoch- und Wohnungsbau stehe darüber hinaus die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden im Fokus der Bauverbände.
"Bauinvestitionen sind die Grundlage für weitreichende wirtschafts-, gesellschafts- und klimapolitische Veränderungen. Sie stützen nicht nur die Binnenkonjunktur, sondern ermöglichen eine klimagerechte und resiliente Modernisierung unserer Infrastruktur", sagten die beiden Präsidenten. Dafür benötige es einen Ordnungsrahmen, der den Unternehmen helfe das gesamte technische Know-how zu nutzen, anstatt sich nur auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" zu fokussieren.
SPD, Grüne und FDP haben am 21 Oktober ihre Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung begonnen. In ihren Sondierungen hatten sie sich bereits auf das Ziel verständigt, dass pro Jahr 400 000 neue Wohnungen gebaut werden. Der IG-Bau Vorsitzende Feiger sagte dazu: "Das bedeutet von Montag bis Sonntag pro Tag knapp 1.100 neu gebaute, bezugsfertige Wohnungen - 46 pro Stunde, alle 4 Minuten 3 Wohnungen. Das ist eine Rund-um-die-Uhr-Aufgabe. Und die erfordert volle Kraft, volles politisches Engagement und volles Gewicht am Kabinettstisch." jes/dpa