Arbeiten im Handwerk macht zufrieden, mehr als in allen anderen Branchen. Warum das so ist und wie Chefs das für ihre Personal- und Nachwuchssuche nutzen können.

Handwerker sind zufriedene Menschen. 80 Prozent bezeichnen sich als glücklich mit ihrer Arbeit. In der Gesamtbevölkerung behaupten das nur 55 Prozent von sich. Diese Ergebnisse einer Studie stellte die IKK Classic kürzlich unter dem Titel "Machen ist gesund" vor. Am Rande der Internationalen Handwerksmesse und im Rahmen des neuen Kongressformats "Zukunft Handwerk" diskutierte IKK Classic-Vorstandsvorsitzender Frank Hippler anschließend mit Podiumsgästen über die Ergebnisse.
Glücksforscherin und Tischlerin Ricarda Rehwaldt saß mit auf diesem Podium. Sie erläuterte, warum handwerkliche Arbeit so viel Potenzial hat: "Beim Thema Glück gibt es drei Aspekte, die ganz bedeutend sind: Selbstverwirklichung, Sinnempfinden und Gemeinschaft", so die Wissenschaftlerin an der International University of Applied Sciences. Im Handwerk kämen alle drei Aspekte zusammen. "Man tut etwas, was jemand braucht und was man am Ende wirklich sehen kann."
Wertschätzung für Handwerk
Ein weiterer wichtiger Punkt für Arbeitszufriedenheit ist Wertschätzung, wie Podiumsgast Kathrin Post-Isenberg betonte: "Die eigenen Stärken und Schwächen zu entdecken und mit ihnen etwas schaffen zu können, erhöhen nicht nur die Wertschätzung von außen, sondern auch die Wertschätzung, die man für sich selbst und die eigene Tätigkeit empfindet", berichtete die Steinmetzmeisterin aus eigener Erfahrung. In ihrer Eigenschaft als Referentin des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung wisse sie allerdings auch, wie schwierig es im Handwerk sei, Nachwuchs- und Fachkräfte zu bekommen, allen positiven Studienergebnissen zum Trotz.
Ein Grund dafür könnte wiederum in der Wertschätzung liegen. Immer wieder forderten Redner bei der Zukunft Handwerk, dass berufliche Bildung endlich gleichwertig wie akademische behandelt werden müsse. Auch wenn die IKK-Studie ergab, dass 70 Prozent der Handwerker in ihrem Umfeld viel Wertschätzung für ihre Arbeit erführen; den eigenen Kinder oder Schülern würden eher schulische oder akademische Laufbahnen empfohlen.
Psychische Gesundheit im Handwerk größer
Dabei scheint das häufig angeführte Argument, handwerkliche Arbeit belaste die Gesundheit, nur bedingt zu greifen. Zwar liegt der Krankenstand der Nicht-Handwerker bei 6,6 Prozent (Vorjahr 5,1 Prozent), bei Handwerkern bei 6,9 Prozent (Vorjahr 5,5 Prozent, Quelle: Fehlzeitenanalyse der IKK Classic). Allerdings machen psychische Erkrankungen im Handwerk nur 13 Prozent (Vorjahr 14 Prozent) des Krankheitsgeschehens aus, bei Nicht-Handwerkern 17 Prozent (Vorjahr 18 Prozent). Entsprechend bewerten 85 Prozent der für die Studie befragten Handwerker ihren aktuellen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut. In der Gesamtgesellschaft liegt dieser Wert deutlich niedriger, bei 70 Prozent.
Wie wichtig Zufriedenheit bei der Arbeit für die Gesundheit ist, betonte Frank Hippler: "Wenn Glück und Zufriedenheit in der Arbeit vorhanden sind, kann das das Stressempfinden deutlich senken, nachhaltig mental stärken und so auch auf die Gesundheit einzahlen", erklärte der Vorstandsvorsitzende der IKK Classic. Mit einem betrieblichen Gesundheitsmanagement, das die Kasse Betrieben anbietet, könnten Unternehmer positiv auf das Arbeitsumfeld einwirken und so weiter die Gesundheit und das Glück ihres Teams stärken.


Wichtige Ergebnisse der Studie zur Arbeitszufriedenheit
Handwerk macht glücklich, aber zu wenige wissen es. Handwerkspräsident Jörg Dittrich empfiehlt, die Erkenntnisse aus der Studie als Pfund einzusetzen und das Handwerk positiver nach außen darzustellen. "Dieses Glücksempfinden ist der Öffentlichkeit noch nicht ausreichend bewusst. Wir haben den Spruch vergessen: Klappern gehört zum Handwerk."
Unternehmer können die Erkenntnisse aus der Studie doppelt nutzen. Einerseits nach innen, um ihre Mitarbeiter noch gezielter zu motivieren. Andererseits nach außen, um mit diesen Argumenten Nachwuchs und Fachkräfte zu überzeugen.
- Sinnhaftigkeit: Knapp 60 Prozent der Handwerkern ist bewusst, dass sie mit ihrer Arbeit anderen helfen. In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Teil bei knapp 50 Prozent. Entsprechend hoch ist das Gefühl, etwas Sinnhaftes zu tun: Im Handwerk sagen dies über 90 Prozent, in der Gesamtbevölkerung nur knapp 70 Prozent.
- Wertschätzung: Gut 70 Prozent der Handwerker berichten von hoher Wertschätzung für ihre Arbeit, in der Gesamtbevölkerung nehmen das nur knapp 50 Prozent wahr. Chefs sollten ihren Mitarbeitern zeigen, dass sie stolz auf deren Arbeit sind. Wo es passt, können sie zusätzlich den direkten Kontakt zwischen Mitarbeitern und Endkunden ermöglichen, um auch hier direkte Rückmeldungen zu ermöglichen.
- Gemeinschaft: Podiumsgast Luisa Buck betonte den Zusammenhalt im Handwerk. Die Spenglerin und Influencerin ist in einer Handwerkerfamilie aufgewachsen, aber auch der Betrieb werde zu einer Familie. "Die Betriebe sind nicht anonym, da wird jemand auch aufgefangen, wenn es ihm nicht so gut geht." Die Unternehmen müssten aber auch noch mehr nach außen tragen, welche Möglichkeiten für Frauen im Handwerk bestehen. "Gerade wenn man Frauen ansprechen möchte, wäre es sinnvoll, sie stärker in den Fokus des Handwerks zu rücken. Junge Menschen, vor allem junge Frauen, sollten mehr gezeigt bekommen, was man im Handwerk alles schaffen kann, aber vor allem, dass sie das als Frau auch können. Hierfür muss Bewusstsein geschaffen werden", betonte die junge Frau, die als Lulu Metalroofer auf Instagram ihre Arbeit präsentiert.
- Handeln: In einem weiteren Vortrag mit dem Titel "Einfach machen" erklärte Volker Busch die Bedeutung des Handelns für die Gesundheit. "Wir denken zu viel und wir handeln zu wenig", sagte der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Denken sei zwar wichtig, aber nicht als Selbstzweck, sondern um das Handeln vorzubereiten. Schüler, Azubis, aber auch ältere Semester sollten ihre Kreativität bei der Arbeit ausleben dürfen und mit Neugier auch ungewohnte Wege gehen. "Dabei wird Dopamin ausgeschüttet und das Gehirn wächst. Neugier und Offenheit sind das größte Lebenselixier, das wir haben."
Fakten zu den Studien
Die oben genannten Ergebnisse hat die IKK Classic unter dem Titel "Handwerk macht glücklich" zusammengefasst. Die Ergebnisse beziehen sich auf mehrere Studien. Die Universität Göttingen bewertete im Jahr 2020 1.600 Internetfragebögen und 25 Interviews von Handwerkern und zeigte, dass deren Tun nützlich ist und damit im Gegensatz zu Arbeiten steht, die im Allgemeinen als "Bullshit Jobs" (Jobs, die vom Arbeitnehmer als unnötig und sinnlos erachtet werden) bezeichnet werden.
Eine weitere repräsentative Umfrage legte die IKK classic in Zusammenarbeit mit der Sporthochschule Köln 2021 vor. Darin wurden weitere 2.000 Handwerker befragt. Die Ergebnisse bestätigten die These.
Um diese Daten aktuell zu halten, wurde Ende letzten Jahres eine weitere Umfrage beim unabhängigen Marktforschungsinstitut Gfk SE in Nürnberg beauftragt, bei der insgesamt 1.800 Handwerker interviewt wurden.
Informationen zu Fehlzeiten stammen aus der Fehlzeitenanalyse der IKK Classic, die zwischen Daten von Handwerkern und Nicht-Handwerkern unterscheidet.