Auswertungen der Krankenkassen Krankheitsausfälle im Job steigen stark

Krankenkassen berichten von deutlich gestiegenen Krankheitsausfällen in der Arbeitswelt. Neben Erkältungs- und Grippewellen – auch zu ungewöhnlichen Zeiten – seien die hohen Zahlen auch auf die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zurückzuführen.

Erkältungs- und Grippewellen waren 2022 einer der Hauptgründe für die steigenden Krankheitsausfälle. - © StockPhotoPro - stock.adobe.com

Krankheitsausfälle im Job sind nach einer Auswertung der Krankenkasse DAK-Gesundheit im vergangenen Jahr stark in die Höhe gegangen. Im Schnitt fehlten Beschäftigte deswegen fast 20 Tage bei der Arbeit - gut fünf Tage mehr als 2021, wie die Kasse nach eigenen Versichertendaten ermittelte. Der Krankenstand stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Punkte auf 5,5 Prozent. Es waren also an jedem Tag des Jahres im Schnitt 55 von 1.000 Beschäftigten krankgeschrieben. Dies war demnach der höchste Wert seit Beginn der Analysen vor 25 Jahren.

Atemwegserkrankungen sorgen für die meisten Ausfälle

Kassenchef Andreas Storm sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Dieser Rekordkrankenstand ist alarmierend und sollte ein Weckruf für die Wirtschaft sein." Zwar habe die Corona-Pandemie ihren großen Schrecken verloren, weil die Zahl schwerer Verläufe deutlich abgenommen habe. Der Krankenstand zeige aber massive Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Es sei wichtig, dass sich Menschen weiter schützten und am Arbeitsplatz geschützt würden. Dies gelte gerade mit Blick auf einen zunehmenden Personal- und Fachkräftemangel in der Wirtschaft.

Die meisten Ausfälle gingen auf Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Bronchitis zurück, die drastisch zunahmen. Deswegen gab es 2022 der DAK-Analyse zufolge 398 Fehltage je 100 Versicherte nach 146 im Jahr zuvor. Bei Rückenschmerzen und ähnlichen Problemen gab es demnach einen leichten Anstieg auf 354 Fehltage je 100 Versicherte. Wegen psychischer Erkrankungen wurden 301 Fehltage je 100 Versicherte registriert. Eine klare Zunahme gab es 2022 bei Krankschreibungen in Zusammenhang mit Corona: Die Zahl der dadurch verursachten Fehltage je 100 Versicherte ging von 22 im Jahr 2021 auf mehr als 130 hoch.

Die angespannte Lage zeigte sich auch darin, dass im vergangenen Jahr mit 64 Prozent ungewöhnlich viele Beschäftigte überhaupt mindestens eine Krankschreibung hatten. In normalen Jahren sei das höchstens bei der Hälfte der Beschäftigten der Fall, erläuterte die Kasse. Für die Analyse wertete das Berliner Iges-Institut den Angaben zufolge Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten in Deutschland aus.

Auch andere Krankenkassen vermelden Höchststände

Deutlich mehr Krankheitsausfälle von Beschäftigten 2022 hatten sich auch nach einer Auswertung der Techniker Krankenkasse mit Daten bis Anfang Dezember abgezeichnet. Dabei hätten Erkältungswellen auch zu untypischen Zeiten mit ungewöhnlich hohen Ständen etwa im Juli und Oktober eine große Rolle gespielt, erklärte die Kasse Ende Dezember.

Auch die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) spricht von einem Ausnahmejahr. Bundesweit hätten Arbeitnehmer von Januar bis Dezember 2022 krankheitsbedingt durchschnittlich 6,4 Prozent ihrer Arbeitszeit gefehlt. 2021 und die Jahre zuvor seien die Quoten jeweils noch bei um die fünf Prozent gelegen. Den im Bundesländervergleich höchsten Krankenstand für 2022 registriert die KKH mit 8,3 Prozent in Sachsen-Anhalt, den niedrigsten mit 5,3 Prozent in Hamburg.

Sondereffekt der elektronischen AU

Die Krankenkassen erläutern grundsätzlich, die höheren Zahlen für 2022 hingen zum Teil auch mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zusammen. Seit Oktober 2021 können Arztpraxen AU-Meldungen digital an die Krankenkassen übermitteln, seit Juli 2022 sind sie sogar dazu verpflichtet. Dies habe laut KKH dazu geführt, dass mittlerweile nahezu alle Krankschreibungen bei den Krankenkassen eingehen – auch die kurzzeitigen, die nicht in einen Krankgeldfall münden. Als Patienten die gelben Scheine noch selbst an ihre Krankenkasse senden mussten, hätten sie dies häufig nur bei längerer Krankheit getan, nicht wenn sie nur wenige Tage beispielsweise wegen einer Erkältung arbeitsunfähig waren. Die Dunkelziffer sei entsprechend höher gewesen. dpa/tb