Neuen Vertrag annehmen oder kündigen? Änderungskündigung: Was Chefs rechtlich beachten müssen

Per Änderungskündigung können Unternehmen den Arbeitsvertrag eines Mitarbeiters inhaltlich ändern – zum Beispiel mit Blick auf das Gehalt, den Arbeitsort oder die Arbeitszeiten. Was Chefs und Mitarbeiter darüber wissen sollen.

Eine Änderungskündigung definiert Inhalte des Arbeitsvertrags neu, kann aber auch zu einer Kündigung führen, wenn der Arbeitnehmer den neuen Vertrag nicht annimmt. - © Alexander Limbach - stock.adobe.com

Zuerst die Corona-Krise, dann Lieferengpässe und jetzt die Energiekrise. Für viele Handwerksbetriebe steigen die Ausgaben. Zwar bietet das deutsche Arbeitsrecht mit der Kurzarbeit ein effektives Instrument, um zeitweilige Krisen zu überwinden. Doch was gilt, wenn absehbar ist, dass die alten Arbeitsverträge der Belegschaft und die "neue Normalität" einfach nicht zusammenpassen?

In diesem Fall stehen das Handwerk und seine Arbeitgeber vor schwerwiegenden Problemen. Denn die Inhalte eines bestehenden Arbeitsvertrags können sie nicht einfach einseitig an ihre veränderten Bedürfnisse anpassen, erklärt Rechtsanwalt Jakob Lange. Sollen Gehalt oder die wöchentliche Arbeitszeit dauerhaft reduziert werden, brauchen sie dafür die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers.

Verweigert dieser sein Einverständnis, bleibt dem Chef oft nur die Möglichkeit, eine Änderungskündigung auszusprechen. Das bedeutet: Er unterbreitet dem Arbeitnehmer erneut das Angebot, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzuführen, macht aber auch klar, dass eine Ablehnung der neuen Vorgaben die Kündigung bedeutet – und damit das Vertragsverhältnis zwischen den beiden beendet. 

Ein Selbstläufer ist dieses Vorgehen allerdings nicht. Zum einen macht der drohende Verlust eines verdienten Mitarbeiters die Änderungskündigungen zu einem riskanten Unterfangen. Zum anderen sind auch die juristischen Anforderungen an eine Änderungskündigung ausgesprochen hoch.

Wann ist eine Änderungskündigung erlaubt?

Generell kann ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht ohne Grund beenden – das gilt bei einer Änderungskündigung genau wie bei jeder anderen Kündigung, erklärt Kerstin Jerchel aus dem Bereich Recht und Rechtspolitik der Ver.di Bundesverwaltung. Zumindest, wenn sein Betrieb regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt und der betreffende Kollege länger als sechs Monate im Betrieb arbeitet, muss der Arbeitgeber betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe nachweisen, damit die Kündigung wirksam ist.

Eine klassische Situation für eine Änderungskündigung erklärt Nathalie Oberthür von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. "Wenn zum Beispiel ein Arbeitsplatz in einem Unternehmen wegfällt, kann der Arbeitgeber eine Tätigkeit an einem anderen Ort, zu anderen Zeiten oder mit einer anderen Vergütung anbieten und im gleichen Zug eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, sollte der Arbeitnehmer ablehnen." Auch Umsatzeinbußen oder veränderte Anforderungen an die Arbeitsorganisation in Zeiten der Corona- und Energiekrise kommen als solche betriebsbedingten Gründe in Betracht.

Wie konkret muss das neue Angebot des Arbeitgebers sein?

Der Arbeitgeber sollte das neue Angebot so konkret wie möglich definieren. Der Inhalt muss so deutlich formuliert sein, dass der Arbeitnehmer das Angebot mit einem einfachen "Ja" annehmen kann. Daran fehlt es zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber lediglich ausführt, dass künftig eine "geringeren Vergütung" gezahlt werden soll. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer nicht zweifelsfrei erkennen kann, ab welchem Zeitpunkt die Änderungen gelten sollen oder zwei Änderungsangebote erhält, zwischen denen er wählen darf.

Wie können Arbeitnehmer auf eine Änderungskündigung reagieren?

Im Wesentlichen stehen Arbeitnehmern drei Möglichkeiten offen, um auf eine Änderungskündigung zu reagieren:

  1. Sie nehmen das neue Angebot in der vom Arbeitgeber gesetzten Frist an.
  2. Sie lehnen ab, mit der Folge, dass sich die Änderungs- und eine Beendigungskündigung umwandelt. In einer solchen Konstellation werden die meisten Arbeitnehmer wohl zeitgleich prüfen, ob sie gegen die Kündigung vorgehen und ggfls. Kündigungsschutzklage erheben.
  3. Ein guter Mittelweg kann daher die dritte Variante sein, die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt. In dieser Konstellation nimmt der Arbeitnehmer die Offerte zwar zunächst an, lässt im Rahmen einer Änderungsschutzklage jedoch überprüfen, ob ausreichende Gründe für eine Kündigung vorliegen. "Hat die Klage Erfolg, bleibt der ursprüngliche Arbeitsvertrag bestehen, scheitert die Klage, bleibt das Arbeitsverhältnis zumindest mit den geänderten Bedingungen bestehen", sagt Oberthür. Sowohl bei der Kündigungsschutzklage als auch bei der Änderungsschutzklage muss der Arbeitnehmer die Klagefrist von drei Wochen beachten. Tut er das nicht, wird die Kündigung wirksam.

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