Moderne Wohngebäude verbinden mit neuesten technischen Systemen Sicherheit, Komfort und nicht zuletzt Energiemanagement. Einen Einblick in die neuen Technologien gibt ein voll vernetztes Musterhaus des E-Handwerks, das zuletzt in Berlin zu sehen war und jetzt in Leipzig ausgestellt ist. Ein Überblick über die Möglichkeiten des Smart Home.

Bei Sonnenschein sich schließende Rollläden, an das Tageslicht adaptierte Beleuchtung oder mittels Sprache gesteuerte Türöffnungen. Das Smart Home wird oft verengt auf automatisierte Vorgänge, die der Bequemlichkeit der Hausbewohner Vorschub leisten. Doch das Smart Home kann deutlich mehr, etwa bei Sicherheit oder Barrierefreiheit.
Wie intelligent ein Haus ist, entscheidet sich zum Beispiel an dem intelligenten Einsatz von Energie. Denn ob und wie die Energiewende umgesetzt wird, hängt auch davon ab, ob Energie dezentral erzeugt und ressourcenschonend genutzt wird. Dazu bedarf es intelligenter Netze (Smart Grids) und intelligenter Messungen (Smart Metering). Tatsächlich ist laut Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) die Energiewende ein Treiber bei der Einrichtung von Smart- Home-Anwendungen, zum Beispiel beim Einbau erneuerbarer Energien wie Photovoltaikanlagen, Speicher oder Wärmepumpen.
Der Markt wächst stetig
Wie viel an Umsätzen der Gesamtmarkt generiert, ist laut Verband schwer zu sagen, gerade weil die Bandbreite an Technik enorm ist und vom Einsatz einzelner smarter Applikationen über die Installation einer PV-Anlage und deren Verknüpfung mit der Ladestation fürs E-Auto bis hin zu einem intelligent vernetzten Energiemanagement reichen kann.
Der Markt wächst in jedem Fall stetig und gleichmäßig. Nach Erhebungen des Statistikportals Statista werden die Umsätze von 6,14 Milliarden Euro im vergangenen Jahr bis auf 11,38 Milliarden Euro im Jahr 2027 wachsen. Das entspreche einem jährlichen Umsatzwachstum von 10,32 Prozent. Den größten Anteil nehmen smarte Haushaltsgeräte ein. Der Einfluss des Ukraine-Kriegs ist dabei noch nicht einberechnet.
Einen ganz entscheidenden Anteil am Smart Home wird in den kommenden Jahren das altersgerechte Wohnen haben. Gerade in diesem Segment ist der Bedarf hoch. Fehlen derzeit doch rund 2,2 Millionen seniorengerechte Wohnungen in Deutschland – mit steigender Tendenz. Neben den barrierefreien Einrichtungen gehören zum Beispiel Aufzüge oder Notruf- und Sensorsysteme zu einer seniorengerechten Ausstattung. Der ZVEH erwartet gerade in diesem Segment eine steigende Nachfrage. Doch die älteren Menschen, so Andreas Habermehl, schauten beim Einsatz der Technik nicht allein auf ihren Komfort und ihre Sicherheit. Gerade für diese Altersgruppe, ist der Geschäftsführer Technik und Berufsbildung beim ZVEH überzeugt, seien Energieeffizienz und der Einsatz Erneuerbarer Energien sehr wichtig – auch weil viele die finanziellen Möglichkeiten dafür hätten.
E-Haus zeigt intelligent vernetzte Gebäudetechnik
Auch die Besucher der diesjährigen Internationalen Funkausstellung (IFA) konnten sich ein Bild von den neuen Technologien machen. In Berlin hatten Habermehl und seine Kollegen das E-Haus aufgebaut: "Unser gesamtes Haus ist vernetzt und die Energie wird über ein Energiemanagement intelligent und effizient verteilt. Ganz neu haben wir aber auch Funktionsmöbel für Home-Office-Lösungen eingebaut, denn auch dieses Thema rückt immer mehr in den Fokus", so Habermehl. Das Musterhaus ist noch bis zum 14. September auf der Fachmesse für Elektro-, Gebäude- und Lichttechnik "efa:ON" in Leipzig zu sehen.
Wem ein Besuch nicht möglich ist, dem zeigt die DHZ-Redaktion hier neun Möglichkeiten, die Smart Living bieten kann:
1. Verschattungssysteme
Bei aufgehender Sonne fährt der smarte Rollladen automatisch hoch und die Bewohner werden sanft durch die einfallenden Lichtstrahlen geweckt. Setzt am Abend die Dämmerung ein, erkennen Sensoren dies ebenfalls und lassen im ganzen Haus die Rollläden wieder herunter. Ein smarter Rollladen kann auch ein zusätzlicher Schutz vor Diebstählen bieten und ist ein wirksamer Hitzeschutz an Sommertagen. Dabei können etwa über eine App Einstellungen vorgenommen werden, damit sich der Rollladen nach dem Sonnenstand ausrichtet. Benötigt wird neben der verbauten Elektrik entsprechende Funktechnologie nach neuen Standards.
2. Gebäudesteuerung über Tablet
Im Smart Home lässt sich ein Tablet-Computer als praktische Nutzeroberfläche verwenden, um alle Vorgänge im Smart Home im Blick zu behalten und diese aufeinander abzustimmen. Über entsprechende Apps, die oftmals von den Herstellern der Smart-Home-Geräte mit angeboten werden, können Anwender verfolgen, welche Leistung die Photovoltaikanlage erbringt und damit zur Energieeinsparung im Gebäude beiträgt. Auch lassen sich Batteriespeicherstände abrufen oder der Ladevorgang des
E-Autos in der Garage bequem vom Sofa aus verfolgen. Über Sprach- oder Touchsteuerung können weiterhin Befehle, etwa an die Rollläden, übermittelt werden.
3. Smart Meter und Smart Grids
Das Smart Home kann auch einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der Energiewende leisten. Dazu sollten allerdings Messwerte aller Energiearten erfasst und verarbeitet werden. Diese Messwerte erlauben dann, die Energienutzung im gesamten Gebäude zu steuern. Das System entscheidet so zum Beispiel, dass die Waschmaschine nur läuft, wenn ausreichend über die PV-Anlage erzeugter Strom bereitsteht und das Beladen des E-Fahrzeugs bereits abgeschlossen ist.
4. Sprachsteuerung
Im Smart Home finden sich häufig Sprachassistenten mit künstlicher Intelligenz, die mit den Bewohnern kommunizieren können und Aufträge entgegennehmen. So lässt sich etwa per Sprachbefehl die Musikanlage einschalten, das Licht dimmen, der Backofen vorheizen oder das Auto per Standheizung vortemperieren. Am Markt gibt es inzwischen ein breites Angebot an Sprachsteuerungen verschiedener Hersteller. Die intelligenten Assistenten sind oftmals ein günstiger Einstieg in die Welt des Smart Home, da sie sich ohne viel Installationsaufwand im Haus integrieren lassen und für mehr Komfort sorgen.
5. Zutrittskontrolle
Der klassische Haustürschlüssel hat im Smart Home ausgedient. Bewohner können sich hier über andere Wege wie etwa biometrische Methoden Zugang zum Haus verschaffen. Dazu zählen ein Fingerabdruckscanner oder ein Iris-Scanner, der die Regenbogenhaut des menschlichen Auges abtastet und mit den Profilen in einer zuvor angelegten Datenbank abgleicht. Eine Alternative kann ein RFID-Türschloss sein. Hier kann der Zugang über eine Schlüsselkarte bzw. einen RFID-Chip erfolgen. Eine weitere Option sind Passwort-Zugänge. Gegenüber dem klassischen Schlüssel versprechen die genannten Methoden einen höheren Einbruchschutz.
6. Batteriespeicher
Da erzeugte Energie nicht immer unmittelbar verbraucht werden kann und soll, ist es sinnvoll, Batteriespeicher einzusetzen. Umgekehrt können Energiespeicher Versorgungslücken schließen, etwa wenn die gespeicherte Energie am Abend oder in der Nacht zu nutzen wäre. So lässt sich auch der Eigenverbrauch des selbst produzierten Stroms erhöhen. Der Batteriespeicher ist in das KI-gesteuerte gebäudeübergreifende Energiemanagementsystem eingebunden, genauso wie die Photovoltaikanlage, die Wallbox für das E-Auto und die Wärmepumpe.
7. Wärmepumpe
Das Smart Home entfaltet seine Möglichkeiten erst richtig, wenn auch die Energieerzeugung und deren Einsatz optimal gesteuert wird. Ideal dafür ist die Verwendung erneuerbarer Energien wie eine Photovoltaikanlage und zum Beispiel eine Wärmepumpe. Das Haus erzeugt so Energie für den Eigenverbrauch und ermöglicht durch optimale Energienutzung eine hohe Energieautarkie und -unabhängigkeit. Für die Steuerung wiederum sind smartes Messen und smarte Netze nötig. Das Energiemanagement kann visualisiert werden über Tablet oder TV beispielsweise. So sehen die Hausbewohner, wo welche Energie gerade verbraucht oder gespeichert wird.
8. Sensorfußboden
Die Vorzüge des Smart Home für ein altersgerechtes Wohnen zeigen sich etwa am Beispiel eines verbauten Sensorfußbodens. Die installierten Sensoren erkennen, wenn ein Bewohner stürzt und dieser auf dem Boden liegenbleibt. Kommt es zu einer ungewöhnlich langen Inaktivität, versucht das System über eine Sprachsteuerung Kontakt zum Betroffenen aufzunehmen. Erfolgt auch hier keine Reaktion, kann automatisch ein Notruf abgesetzt werden, um schnelle Hilfe anzufordern. Der smarte Sensorfußboden kann damit im Notfall einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Menschenleben zu retten.
9. Steuerung und Kommunikation
Um die Systeme miteinander kommunizieren zu lassen, kann ein Gateway zum Einsatz kommen. Das ist eine Art Zentrale. Damit lassen sich Sensoren und Aktoren herstellerunabhängig steuern und verwalten. Gateways können unterschiedliche Funkstandards verarbeiten, zum Beispiel W-LAN. Es gibt aber auch geschlossene Systeme, die nur mit Produkten eines bestimmten Herstellers bestückt werden können. Weltweit führender Standard in der Systemkommunikation ist das Bussystem KNX, bei dem die Geräte über ein einheitliches Protokoll miteinander sprechen. Mehr als 500 Hersteller nutzen KNX.