Staats- und Bundespreise der IHM 3 praktische Erfindungen aus dem Handwerk

Das Handwerk ist voll von Tüftlern mit guten Geschäftsideen. Auf der Internationalen Handwerkmesse werden die besten Konzepte jedes Jahr mit den Bayerischen Staatspreisen und Bundespreisen prämiert. Drei ausgezeichnete Betriebe stellen ihre spannenden Erfindungen vor.

Die Erfindung von Markus Riedl soll Feuchtigkeitsschäden an Metalldächern verhindern. Sein Kapillarprofil hat er sich patentieren lassen. - © privat

"Kapipro" gegen Wasserschäden am Dach

Wenn es regnet, kann die Doppelstehfalzdeckung von Metalldächern Probleme verursachen, wie viele Spengler wissen. Eigentlich soll das Wasser über die Dachtraufe in die Regenrinne geleitet werden. Durch den Kapillareffekt, einer Wechselwirkung von Oberflächen- und Grenzflächenspannung, wird das Regenwasser im Bereich der Traufe jedoch in den Spalt zwischen Dachhülle und Traufblech gezogen. Die sich stauende Feuchtigkeit verursacht Schäden am Dach.

Die Idee, wie sich das Problem lösen lässt, ist Spengler und Dachdecker Markus Riedl auf einer Baustelle gekommen, als er mal wieder ein nasses Dach aufdecken musste. Den ersten Entwurf zeichnete er noch auf dem Dach auf ein Stück Schalung.

Dann baute Riedl einen Prototyp und ließ sich dabei von einem Sachverständigen beraten. Inzwischen wird sein Edelstahlprofil von einem Laserschneidtechnikbetrieb in Garching produziert. Es ist mit einer speziellen Falzung und Perforation versehen, die den Kapillareffekt unterbrechen. Das Regenwasser kann nicht mehr in den Traufbereich zwischen Metalldach und Dachkonstruktion eindringen, so dass Feuchtigkeitsschäden vermieden werden.

Riedl wagt mutigen Schritt nach schwerem Unfall

Riedls Lebensgefährtin kam auf die Idee, sich die Erfindung schützen zu lassen. "Ein Patent ist allerdings mit enormen Kosten verbunden, die ich aus eigener Tasche aufbringen wollte", sagt Riedl.

Für den Spengler war das ein sehr mutiger Schritt, denn ob sein Produkt mit dem Namen Kapipro zum erhofften Erfolg wird, wusste Riedl zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Erschwerend kam hinzu, dass dem Handwerker bei einem schweren Unfall der komplette Ellenbogen zertrümmert wurde.

Rund vier Jahre dauerte der Heilungsprozess, verbunden mit drei aufwendigen Operationen. Ob er jemals wieder richtig arbeiten konnte, wusste Riedl lange Zeit nicht. Deshalb musste er seinen eigenen Betrieb lange ruhen lassen.

Mehr als 100.000 Euro in seine Produktidee investiert

Inzwischen geht es Riedl wieder deutlich besser. Dennoch kann er sich nicht vorstellen, die körperlich anstrengende Arbeit noch lange auszuüben. "Mit über 60 will ich nicht mehr auf dem Dach stehen." Deshalb setzt er alles auf sein neues Produkt und hat einen sehr hohen Betrag in sein Startup investiert. Allein 20.000 Euro musste Riedl für die Anmeldung seines Patents in inzwischen 13 Ländern ausgegeben. Hinzu kommen jährliche Kosten von etwa 4.000 Euro, um die Patente zu erhalten. Riedl ist zuversichtlich, dass sein Mut belohnt wird. "Es geht in die richtige Richtung. Wir haben schon ein paar größere Bestellungen erhalten und es gibt viele Interessenten."

Bei der Akquise neuer Kunden seien der Bayerische Staatspreis und der Bundespreis gute Werbung, die Riedl kürzlich auf der Internationalen Handwerksmesse erhalten hat. Der Spengler will mit seinem Produkt expandieren und sieht vor allem im skandinavischen Raum großes Potenzial, da dort viele Häuser mit Metalldächern gebaut werden.


Seine Solar-Ölpresse will Anton Fries in Entwicklungs- und Schwellenländer vertreiben. Damit könnten diese unabhängiger vom Import werden. - © privat

Maschinenbaumeister macht Afrika mit Solar-Ölpressen vom Import unabhängig

Maschinenbaumeister Anton Fries hat schon vor mehr als 20 Jahren seine ersten Ölpressen gebaut. Mitte der 2000er-Jahre erlebte sein Geschäft dann einen regelrechten Boom, als immer mehr Landwirte anfingen, ihre Maschinen mit günstigem Pflanzenöl statt mit Dieselkraftstoff anzutreiben. Doch das änderte sich 2008 schlagartig. Die Bundes­regierung beschloss auf den pflanz­lichen Kraftstoff eine Energiesteuer einzuführen, Pflanzöl als Kraftstoff war plötzlich nicht mehr attraktiv. Das Geschäft von Anton Fries brach daraufhin in kurzer Zeit zusammen.

Dennoch hat Fries an seinen Ölpressen festgehalten, diese stetig weiterentwickelt und neue Kunden aus verschiedensten Branchen gewonnen. Das Produkt des kleinen Handwerksbetriebs mit 14 Mitarbeitern steht inzwischen in 74 Ländern auf der ganzen Welt. "Die letzte Maschine haben wir kürzlich in Bali aufgestellt. Eine Schokoladenmanufaktur nutzt die Ölpresse, um mit Kakaonips eine Kakaobutter herzustellen, aus der man hochwertige Schokolade verarbeiten kann. Das übrig bleibende Produkt beim Pressvorgang kann als Kakaopulver genutzt werden", erklärt Fries.

Kraft der Sonne ersetzt den Strom aus der Steckdose

Seine Ölpresse gibt es nun auch mit einem Solardirektantrieb und sieben Photovoltaikmodulen, die ohne Strom aus der Steckdose oder Dieselgenerator und Batteriespeicher betrieben werden kann. Für die Entwicklung hat sich Fries mit einer Firma aus Düsseldorf zusammengetan, die als Umrichter-Spezialist für die Solarindustrie tätig ist. Die Erfindung wurde kürzlich mit dem Bayerischen Staatspreis prämiert.

Großes Potenzial für seine Solar-­Ölpresse sieht Fries vor allem in ­Entwicklungs- und Schwellenländern. Zum Beispiel seien viele Länder in Afrika aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung zwar dafür ­prädestiniert, Solarenergie zu nutzen, aber sie verfügten nicht über die finanziellen Mittel um großflächige Solarparks zu errichten.

Je nach ­Sonneneinstrahlung fährt die Maschine automatisch den Betrieb hoch und wechselt in den Stand-by-Modus, wenn die Sonne nicht scheint. Mit seiner Solarpresse, die rund 10.000 Euro kostet, könnten die Menschen vor Ort wertvolle Rohstoffe wie Sonnenblumen, Erdnüsse, Cashewkerne oder Macadamianüsse zu hochwertigem Pflanzenöl verarbeiten. "Ich kann mit der Maschine 15.000 bis 20.000 Liter Öl im Jahr produzieren", sagt Fries. Zudem könnte der Produktionsrest zum Beispiel zu Erdnussbutter weiterverarbeitet werden.

Fries hat die Solar-Ölpresse in mehreren afrikanischen Ländern vorgestellt und auf die Chancen für die heimische Wirtschaft hingewiesen. So würde die Maschine bei kurzen Transportwegen die regionale Wertschöpfung stärken, Arbeitsplätze schaffen und die Länder vom Import unabhängiger machen. Die Solar-Ölpresse sei auch für den Verleih gut geeignet, da sie eine SIM-Karte integriert hat. So kann man sich mit einem Mobiltelefon am Gerät anmelden, Arbeitsstunden erfassen und diese direkt digital bezahlen.


Gunter Ziegelmeier entwickelt Glas, das vor Elektrosmog schützt und die Wärmedämmung alter Fenster verbessert. Dafür hat er schon zwei Preise erhalten. - © privat

Elektrosmog mit dem Fenster aussperren

Das beste Mittel gegen die hohen Energiepreise ist es, möglichst wenig Strom, Gas und Öl zu verbrauchen. Dabei helfen kann ein Haus mit moderner Wärmedämmung. Einen großen Beitrag dazu leistet Gunter Ziegelmeier, Ingenieur für Holztechnik, mit seinen Produkten. "Durch gut isolierte Fenster kann ich die Heizkosten um mehr als ein Drittel senken“, ist Ziegelmeier überzeugt. Dabei gebe es noch viel Potenzial, die Dämmwirkung von Fenstern zu verbessern. Deshalb tüftelt der Chef in seinem kleinen Familienunternehmen in 5. Generation seit Jahren am perfekten Fenster.

2020 wurde die Schreinerei in Nördlingen zum Fensterbauer des Jahres in der Kategorie Produktentwicklung und Fertigung gekürt. Ziegelmeier, der selbst unter Elektrosensibilität leidet, hat ein geprüftes Hochfrequenzfenster entwickelt. Die Idee kam ihm, nachdem in der Nähe seiner Schreinerei und dem Wohnhaus zwei Mobilfunkmasten errichtet worden sind.

Seine Fenster sollen den Elektrosmog, der durch die Einwirkung der Mobilfunkstrahlen verursacht wird, um den Faktor 10.000 reduzieren können. Dies hat sich Ziegelmeier durch Baubiologen bestätigten lassen.

Das ist aber nicht die einzige Innovation des umtriebigen Tüftlers. Nun hat der Ingenieur ein Fenster mit einer speziellen Vakuumverglasung entwickelt und ist dafür auf der Internationalen Handwerkmesse mit dem Bundespreis prämiert worden. Das Vakuumglas kann den Wärmedämmwert aus alten Fenstern, die nur einfach verglast, deutlich verbessern, ohne dass das ganze Fenster ausgetauscht werden muss. "Das Vakuumglas erreicht dabei bessere Wärmedämmwerte als ein modernes Fenster mit Dreifachverglasung", sagt Ziegelmeier.

Sein Produkt kann sowohl im Neubau als auch der Gebäudesanierung verwendet werden. Besonders interessant ist das Vakuumglas für denkmalgeschützte Gebäude, die über historische Fenster verfügen, die nicht einfach ausgetauscht werden dürfen. Mit Blick auf die Energiekrise trifft Ziegelmeier mit seinen Produkten den Puls der Zeit und kann sich über mangelnde Aufträge nicht beklagen.

"Das war allerdings auch schon vor der Krise so, da wir durch Weiterempfehlungen immer genug neue Kunden bekommen", sagt der Betriebsinhaber. Um keine Aufträge ablehnen zu müssen, hat der Betrieb in eine neue Fertigungsanlage investiert, die viele Arbeitsschritte automatisiert erledigen kann.

Großes Engagement in der Ausbildung

Ein Thema das Ziegelmeier sehr am Herzen liegt, ist die Ausbildung von Fachkräften und die Integration von Flüchtlingen. Aktuell hat er einen Auszubildenden aus Guinea bei sich im Betrieb. "In der Schule hat er wegen seinen schlechten Deutschkenntnissen etwas Probleme, aber in der Praxis macht er prima Arbeit", lobt der Chef. Auch ein Praktikant aus Ghana darf aktuell in den Betrieb schnuppern und wird, wenn er sich gut anstellt, vielleicht auch einen Ausbildungsplatz bekommen.