Verbrennungsmotor raus, Elektromotor rein. Statt neu zu kaufen, kann das Umrüsten von Fahrzeugen eine Alternative sein. Ist dieser Service auch ein lukratives Geschäft für Handwerker? Und lohnt es sich für Unternehmen, das eigene Nutzfahrzeug zum E-Auto umzubauen? Diesen Fragen hätte eine Dokumentation im NDR nachgehen können. Stattdessen bekamen die Zuschauer eine lose Aneinanderreihung von Werkstatt-Szenen zu sehen.

200.000 Euro investiert der "Betrieb" in den Kipper, der schon mehr als 80.000 Kilometer drauf hat und elf Jahre alt ist. Für das viele Geld wird der Verbrennungsmotor aus- und ein Elektromotor eingebaut. Was beim Zuschauer ungläubiges Staunen hinterlässt, klärt sich, wenn man den "öffentlichen Auftraggeber" sieht, der aus dem Off erwähnt wird und der Mindestquoten von emissionsarmen Fahrzeugen vorweisen muss.
Es ist der Abwasserbetrieb der Stadt Lüneburg, also ein städtischer Betrieb. Da gelten die erwähnten Quoten. Und es kommt im Zweifel nicht darauf an, ob sich ein Umbau auch betriebswirtschaftlich rechnet. Bis 2029, hießt es, soll der Betrieb einen weitgehend klimaneutralen Fuhrpark haben. Auch das klingt nach einer politischen Vorgabe. Der Kipper fährt dann noch elektrisch angetrieben aus der Halle und sorgt bei den anwesenden Vertretern des Betriebs und bei der Umbau-Firma für Begeisterung. 100 Kilometer Reichweite soll er haben bei 7,5 Tonnen Zuladung. Geladen werden soll mit selbst produziertem Strom aus der örtlichen Kläranlage.
Die NDR-Dokumentation "Vom Verbrenner zum E-Auto" spürte auf eine recht ungelenke Weise dem Phänomen des Umbaus von Autos mit Verbrennungsmotoren in E-Autos nach. Während viele andere Reportagen geschickt die unterschiedlichen Orte, an denen sie spielen, verknüpfen, reichte es diesmal nur zu einer losen Aneinanderreihung von Schauplätzen. Und so gut wie jede der erzählten Geschichten hätte einer tiefgründigeren Herangehensweise bedurft. Nicht nur die Sache mit dem städtischen Betrieb, der nun mal nicht wie ein Unternehmen auf dem freien Markt agieren muss, mithin nicht repräsentativ für die freie Wirtschaft ist.
Umbau in der Werkstatt: Vorsicht, Hochspannung!
Da gab es noch den gelernten Kfz-Mechatroniker, der die erwähnten Umbauten vornimmt. Er baut alte Motoren aus, bereitet den Motorraum für die neue Antriebsart vor und baut den neuen Elektromotor ein. Beliefert wird er von einem Händler, der ganze Kits für den Umbau verkauft. Die aufgerufenen Preise liegen bei 8.500 bis 30.000 Euro. Ganz günstig ist so ein Vorhaben also nicht, weshalb vor allem Bastler und Schrauber auf die Idee eines solchen Umbaus kommen dürften.
Gezeigt werden Szenen des Umbaus in der Werkstatt, in denen die alten Motoren durch die neuen ersetzt werden. Immerhin weist die Stimme aus dem Off darauf hin, dass es hier um das Hantieren mit Hochspannung geht. Ansonsten brauche man "handwerkliches Geschick". Das klang ein bisschen zu sehr nach "Wasserhahn anschließen" oder "Schrank aufbauen" angesichts der durchaus komplexen Materie. Zum TÜV muss man schließlich mit dem neuen Stromer auch noch, weshalb man sich sicherheitshalber im Vorfeld mit den Prüfern kurzschließen sollte. Wobei das im Beitrag unerwähnt bleibt.
Streetscooter unter 9.000 Euro
Der dritte Schauplatz der Reportage war der Hof eines Gebrauchtwagenhändlers, der ausrangierte Streetscooter der Deutschen Post verkauft. Das tut er den Angaben in der Dokumentation in erster Linie an Handwerker und alle, die eine große Ladefläche und einen günstigen Preis für ein Elektrofahrzeug suchen. Staatliche Prämie dürfte für die Fahrzeuge aufgrund ihres Alters nicht mehr zu holen sein. Aber mit Preisen unterhalb von 9.000 Euro sind sie vergleichsweise billig für E-Nutzfahrzeuge, die neu sonst locker mal mehr als 50.000 Euro kosten können.
Allerdings sind natürlich Abstriche hinzunehmen. So stieß der Streetscooter schon mehrfach an seine Grenzen, was auch breit in den Medien zu lesen war. Kürzlich erst beendete die Gemeinde Berchtesgaden das Experiment, mit den Scootern die Post auszufahren. Die Fahrzeuge kamen in dem gebirgigen Landstrich schlicht an ihre Grenzen. Bei 80 km/h sind die Streetscooter abgeriegelt, Komfort ist Fehlanzeige. Keine Klimaanlage, spartanische Ausstattung – viel Spaß ist mit dem Fahren der Scooter womöglich nicht verbunden. Vielleicht braucht man den im Nutzfahrzeug-Kontext ja auch gar nicht, und so begründet sich eben auch der Preis.
Erwartungen nicht erfüllt
Die einst aus einer Hochschule heraus gegründete Firma Streetscooter war zwischenzeitlich von der Deutschen Post übernommen. 2021 aber wurde sie wieder verkauft, nachdem Verluste eingetreten waren. Auch heute noch fahren gelbe Streetscooter in den Städten herum und transportieren Post. Aber die hohen Erwartungen, die zwischenzeitlich damit verbunden waren, wurden insgesamt nicht erfüllt. Immerhin verdient der in der Reportage gezeigte Händler noch Geld mit den ausrangierten Gefährten. Um innerstädtisch auf kurzen Wegen Waren zu transportieren, reichen Reichweite und Ausstattung der Streetscooter durchaus aus. Ob es sich dabei allerdings um einen breiten Trend handelt, darf bezweifelt werden.
Ein Durcheinander: es fehlt der rote Faden
Genau diese Frage zog sich durch die gesamte halbe Stunde de Reportage. Ist es nun eher ein Hobby für Schrauber und ein überschaubares Geschäft in einer Nische, Autos auf E-Betrieb umzubauen? Oder ist der Markt doch größer? Und die Verbindung der ja schon als E-Autos gebauten Streetscooter zum Umbau der Verbrenner war auch nicht ganz klar. Dass die E-Autos vor Verkauf noch mal gecheckt werden, wie erwähnt wurde, hat ja nichts mit dem aufwändigen Umbau vom Verbrenner zum E-Auto zu tun. Kurz: Dieser Reportage fehlte der rote Faden, einiges ging durcheinander, die wichtigen Fragen wurden meist nicht gestellt. Ob man sich als Handwerker nun ein E-Nutzfahrzeug kaufen sollte? Von einer Antwort auf diese Frage war der Zuschauer nach der Reportage genauso weit entfernt wie zuvor.
>>> Hier können Sie die NDR-Sendung "Vom Verbrenner zum E-Auto" nachschauen.