Bei der Gewinnermittlung versuchen Selbstständige, dem Finanzamt jeden Cent der Ausgaben zu präsentieren. Der steuerliche Gewinn soll so klein wie möglich gehalten werden, damit möglichst wenig Steuern fällig werden. Doch geht es ums häusliche Arbeitszimmer in einem Eigenheim, ist Vorsicht angesagt.

Typischer Fall aus der Praxis
Ein selbstständiger Handwerker gibt seinen Betrieb altersbedingt auf und freut sich auf seinen wohlverdienten Ruhestand. Dazu muss er einen Aufgabegewinn ermitteln und versteuern. Das Finanzamt korrigiert der Aufgabegewinn um 100.000 Euro und begründet das mit dem Wertzuwachs für das häusliche Arbeitszimmer im Eigenheim. Doch wie kommt das Finanzamt darauf? Kann das jeden treffen?
Unbekannte Vorschrift
Dass der Wertzuwachs für das häusliche Arbeitszimmer den Aufgabegewinn erhöhen kann, ist auch eine in der Praxis eher unbekannte Vorschrift zurückzuführen. Genauer gesagt auf §8 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV). In dieser Vorschrift steht Folgendes:
"Eigenbetriebliche genutzte Grundstücksteile brauchen nicht als Betriebsvermögen behandelt werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.000 Euro beträgt."
Im Umkehrschluss bedeutet das: Nutzt ein Eigentümer in seiner Eigentumswohnung oder in seinem Haus ein häusliches Arbeitszimmer, das entweder mehr als ein Fünftel des Marktwerts der gesamten Immobilie beträgt oder einen Wert von mehr als 20.000 Euro hat, wird das Finanzamt das häusliche Arbeitszimmer steuerlich als Betriebsvermögen einstufen. Und bei der Betriebsaufgabe ist Anrechnungstag. Dann wird das Arbeitszimmer ins Privatvermögen übernommen. Und dabei wird der Wertzuwachs des Arbeitszimmers dem Aufgabegewinn zugerechnet und versteuert.
Genau überlegen
Wer nachrechnet und dabei zu der Kenntnis gelangt, dass sein häusliches Arbeitszimmer wegen § 8 EStDV ungewollt zum Betriebsvermögen werden würde, hat folgende zwei Möglichkeiten:
- Möglichkeit A: Es wird darauf verzichtet, die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer in der Gewinnermittlung geltend zu machen.
- Möglichkeit B: Es wird statt den Arbeitszimmerkosten die Homeoffice-Pauschale als Betriebsausgabe vom Gewinn abgezogen.
Beispiel: Ein Unternehmer nutzt in seinem Haus mit 150 qm ein häusliches Arbeitszimmer mit einer Größe von 32 qm. Der wertmäßige Anteil des Arbeitszimmers am Wert des gesamten Hauses beträgt 170.000 Euro. Die Kosten für das Arbeitszimmer, die als Betriebsausgaben abgezogen werden dürften, betragen 800 Euro Jahr. Folge: Hier würde das Finanzamt davon ausgehen, dass es sich bei dem Arbeitszimmer zu Hause um Betriebsvermögen handelt.
Arbeitet der Unternehmer an 120 Tagen ausschließlich zu Hause, ist es steuerlich besser, nur die Homeoffice-Pauschale als Betriebsausgaben vom Gewinn abzuziehen. Das sind fünf Euro pro Tag, maximal 600 Euro im Jahr. Im Jahr 2023 soll der Abzug sogar auf 1.000 Euro im Jahr erhöht werden. Folge: Hier könnte das Finanzamt keinen Raum dem Betriebsvermögen zuordnen und das steuerliche Risiko wäre gebannt.
Steuerberater kontaktieren
Da der Wertzuwachs für ein häusliches Arbeitszimmer im Eigenheim über Jahrzehnte enorm sein dürfte, sollten Unternehmer bei der Frage, ob sie dem Finanzamt besser die Arbeitszimmerkosten oder die Homeoffice-Pauschale beantragen, unbedingt ihren Steuerberater einschalten und um seine fachmännische Analyse bitten.