Viele Arbeitnehmer verzichten auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung und verschenken damit Steuerrückerstattungen. Dabei ist es jetzt selbst für Steuerlaien möglich, Steuern vom Finanzamt zurück zu bekommen. Eine Checkliste zeigt, wie die vereinfachte Steuererklärung funktioniert.

Ist kein finanzieller Spielraum für eine Gehaltserhöhung vom Chef vorhanden, kann man selbst dafür sorgen, dass das Nettogehalt steigt. Steuerrückerstattung lautet das Zauberwort. Viele Arbeitnehmer winken beim Thema "Einkommensteuererklärung" ab, weil sie davon keine Ahnung haben. Doch selbst Steuerlaien können ihr Nettoeinkommen in wenigen Minuten erhöhen. Sie müssen ja nicht alle Register zum Steuersparen ziehen. Es genügen schon wenige Angaben zur Steuererstattung. Bisher gab es hierfür die vereinfachte zweiseitige Einkommensteuererklärung mit dem ESt-1V-Vordruck. Dieses Formular wurde abgeschafft.
Doch das Formular wurde nicht etwa abgeschafft, um Steuerlaien die Möglichkeit zu nehmen, möglichst ohne viel Aufwand die Steuererklärung auszufüllen und an ihre Steuererstattung zu kommen. Der Grund liegt darin, dass alle Einkommensteuerformulare vereinfacht wurden. Wie bei der früheren "Vereinfachten Steuererklärung" müssen nicht mehr alle Angaben gemacht werden. Angaben, die bereits elektronisch vorliegen, holt sich das Finanzamt selbst, um den Steuerbescheid mit der Steuererstattung zu erstellen.
Wer kann eine vereinfachte Steuererklärung abgeben?
Eine Einkommensteuererklärung kann jeder beim Finanzamt abgeben, dem vom Arbeitgeber in dem betreffenden Steuerjahr Steuern einbehalten wurden und diejenigen, die Steuervorauszahlungen leisten mussten.
Füllt man die notwendigen Steuerformulare aus und präsentiert dem Finanzamt seine steuerlichen Ausgaben wie Werbungskosten (z. B. Fahrtkosten zur Arbeit oder seit 2020 die Homeoffice-Pauschale für die Arbeit zu Hause), außergewöhnliche Belastungen (Zuzahlungen zur Arztrechnung, Brille, Zahnersatz oder Kur) oder Sonderausgaben (Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge), erhält man am Ende vielleicht die erhoffte Steuerrückerstattung.
Vereinfachte Steuererklärung: Was ist so einfach?
Die überarbeiteten Steuererklärungsvordrucke sind seit dem Steuerjahr 2019 so einfach und zeitsparend auszufüllen, dass man als Arbeitnehmer teilweise in fünf bis zehn Minuten mit dem Ausfüllen fertig sein sollte.
Damit man möglichst schnell an Ziel kommt, benötigt das Finanzamt vom Steuerzahler die Identifikationsnummer. Das ist ein Steuermerkmal, das jeder Bundesbürger vom Bundeszentralamt für Steuern zugesandt bekommen hat.
Und jetzt zum eigentlichen Clou: Unter dieser Steueridentifikationsnummer sammelt das Finanzamt nun alle steuerlichen Informationen, die den jeweiligen Steuerzahler betreffen. Dazu gehören die Zahlungen an Versicherungen, die Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers mit Infos zur Höhe des Arbeitslohns und der einbehaltenen Steuern für das betreffende Steuerjahr.
In den neuen, vereinfachten, Steuerformularen sind die Zeilen gekennzeichnet, die ein Steuerzahler nicht mehr ausfüllen muss. Und das sind eine ganze Menge an Zeilen. Gekennzeichnet sind die Zeilen mit dem Buchstaben "e" in einem Kreis an der rechten Seite der Zeile.
Welche Grenzen setzt die vereinfachte Steuererklärung?
Im Gegensatz zu früher gibt es bei den neuen Formularen keine Grenzen mehr. Der Steuerzahler kann alle erdenklichen Steuerausgaben in die Steuererklärungsvordrucke eintragen. Bei der früheren "Vereinfachten Steuererklärung", die nur aus zwei Seiten bestand, konnten nur die Ausgaben eingetragen werden, die das Formular vorsah.
Die Steuererklärungsvordrucke, die Sie zum Ausfüllen der Steuererklärung benötigen, finden Sie auf einer Website des Bundesfinanzministeriums.
Vereinfachte Steuererklärung: Was gilt bei den Werbungskosten?
Die vereinfachte Steuererklärung ist seit 2019 auch in den Bereichen der Angaben für berufliche Ausgaben (= Werbungskosten) nicht mehr beschränkt. So können als Werbungskosten nicht nur Kosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Beiträge zu Berufsverbänden, Arbeitsmittel, Bewerbungskosten, Fortbildungskosten, Kontoführungsgebühren sowie Reisekosten bei Auswärtstätigkeit angegeben werden, sondern auch Unfallkosten auf dem Weg zu Arbeit, Aufwendungen für das Arbeiten zu Hause oder Kosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (= Anmietung einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort). Wer sich mit dem Thema Steuern überhaupt nicht auseinandersetzen möchte, beantragt nur folgende Werbungskosten, da hier Pauschalen gelten:
- Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit 0,30 Euro je Entfernungskilometer (Angabe: Anzahl der Arbeitstage pro Jahr, Einfache Entfernung zur Arbeit). Ab 2021 gibt es für die ersten 20 Kilometer 0,30 Euro/Kilometer und ab dem 21. Kilometer 0,35 Euro/Kilometer.
- Kontoführungsgebühren pauschal 16 Euro
- Ausgaben für Arbeitsmittel ohne Belege 110 Euro
- Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Tag, maximal 600 Euro, wenn Sie (wegen Corona) zu Hause arbeiten mussten.
Praxistipp: Eine Steuererstattung winkt bereits bei 230 Arbeitstagen und einer Mindestentfernung zwischen Wohnung und Arbeit von mehr als 15 Kilometern.
Beispiel: Die angestellte Friseurin Maier hat noch nie eine Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht. Dabei legt sie im Jahr an 230 Tagen 30 Kilometer pro Tag für die einfache Fahrt zur Arbeit zurück. Ihr persönlicher Steuersatz beträgt 25 Prozent. Reicht sie nun erstmals eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt ein, weil diese vereinfacht auszufüllen ist, winkt folgende Steuererstattung:
Fahrtkosten zur Arbeit | 2.070 Euro (230 Tage x 0,30 Euro/Kilometer x 30 Kilometer) |
Kontoführungsgebühren | 16 Euro |
Ausgaben für Arbeitsmittel ohne Belege | 110 Euro |
Werbungskosten gesamt | 2.196 Euro |
Steuererstattung bei Steuersatz mit 25 Prozent (25 Prozent von 1.196 Euro; 1.000 Euro Werbungskostenpauschale ist schon beim Lohnabzug berücksichtigt worden) | 299 Euro |
Fazit: Frau Maier steigert ihre Nettoeinkommen durch die Abgabe einer vereinfachten Einkommensteuer um 299 Euro. Zeitaufwand: Maximal zehn Minuten.
Der DHZ-Checkliste können Sie entnehmen, welche Angaben für diese Steuererstattung ausreichen und wie Sie vorgehen sollten: DHZ-Checkliste "Vereinfachte Steuererklärung".
Kann man eine vereinfachte Steuererklärung auch für Vorjahre einreichen?
Arbeitnehmer können auch für zurückliegende Jahre freiwillig eine vereinfachte Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einreichen. Für die Abgabe einer freiwilligen Steuererklärung haben Arbeitnehmer nach Ablauf des Steuerjahrs vier Jahre Zeit. Die Steuererklärung für 2018 muss deshalb bis spätestens 31. Dezember 2022 im Briefkasten des Finanzamts landen.
Praxistipp: Für die Jahre bis einschließlich 2018 steht Ihnen etwa beim Bayerischen Landesamt für Steuern noch das alte Steuerformular "Vereinfachte Steuererklärung" zum Ausdrucken zur Verfügung.
Beispiel: Frau Maier aus unserem Ausgangsbeispiel, könnte mit einem Zeitaufwand von 40 Minuten also folgende Steuererstattung herausholen:
Steuererklärung für das Steuerjahr | Erstattung |
---|---|
2018 | 299 Euro |
2019 | 299 Euro |
2020 | 299 Euro |
2021 | 299 Euro |
Gesamte Steuererstattung | 1.196 Euro |
Fazit: Frau Maier braucht also keine steuerlichen Kenntnisse und nur knapp eine Stunde Zeit, um Ihr Nettoeinkommen um mehr als 1.000 Euro zu steigern.
Der DHZ- Checkliste können Sie entnehmen, welche Angaben für diese Steuererstattung ausreichen und wie Sie vorgehen sollten: DHZ-Checkliste "Vereinfachte Steuererklärung".
Wie kann man über den Lohnsteuerfreibetrag Geld sparen?
Möchte ein Arbeitnehmer nicht bis zum Ablauf des Jahres warten, bis er seine vereinfachte Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einreichen und die Steuerrückerstattung beantragen kann, gibt es eine interessante Alternative. Der Arbeitnehmer kann beim Finanzamt die Eintragung eines Lohnsteuerfreibetrags beantragen. Dadurch behält der Arbeitgeber beim Lohnabzug weniger Lohnsteuer ein und das Nettogehalt steigt.
Bei Beantragung des Lohnsteuerfreibetrags für 2023 müssen Sie dem Finanzamt auf einem amtlichen Vordruck "Lohnsteuerermäßigung" Ihre voraussichtlichen Werbungskosten erklären. Der Antrag kann frühestens am 1. Oktober des Vorjahres gestellt werden. Für eine Berücksichtigung im laufenden Kalenderjahr muss der Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt bis zum 30. November des Jahres eingegangen sein.
Ändern sich die steuerlichen Verhältnisse (Höhe der steuerlich abziehbaren Ausgaben) im Jahr 2024 nicht wesentlich, bleibt der Lohnsteuerfreibetrag 2023 auch dann gültig. Ein neuer Lohnsteuerfreibetrag muss dann frühestens wieder im Oktober 2024 beantragt werden.
Beispiel: Frau Maier, die angestellte Friseurin aus unseren Praxisbeispielen, möchte 2023 ihr Nettogehalt steigern. Deshalb beantragt sie ihre Werbungskosten bereits im Lohnsteuerermäßigungsverfahren. Erklärt Frau Maier ihre Werbungskosten von 1.196 Euro, klettert ihr Nettogehalt pro Monat um knapp 46 Euro.
Praxistipp: Diese frühzeitige Steuererstattung der 299 Euro hat jedoch zur Folge, dass Frau Maier mehr Zeit aufwenden muss. Denn wer einen Lohnsteuerfreibetrag beantragt, muss zwingend für dieses Jahr eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einreichen. Schließlich möchte das Finanzamt prüfen, ob die Angaben zu den voraussichtlichen Werbungskosten tatsächlich stimmen. Falls die tatsächlichen Werbungskosten niedriger sind als im Lohnsteuerermäßigungsverfahren beantragt, muss Frau Maier die zu wenig einbehaltene Steuer nachzahlen.
Ausnahme: Beträgt der Arbeitslohn eines ledigen Arbeitnehmers 2023 nicht mehr 12.250 Euro bzw. 23.350 Euro bei Verheirateten, verzichtet das Finanzamt trotz Lohnsteuerfreibetrag auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung.
Lohnsteuerhilfeverein für Sparfüchse
Eine Alternative, bei der eine meist höhere Steuererstattung winkt, ist die Mitgliedschaft in einem Lohnsteuerhilfeverein. Bei überschaubaren Mitgliedsbeiträgen zwischen 30 Euro und 80 Euro pro Jahr kümmern sich Fachleute um die Abgabe Ihrer Einkommensteuererklärung. dhz
Praxistipp: Auch hier ist der Zeitaufwand überschaubar. Sie führen ein Gespräch mit dem Spezialisten des Lohnsteuerhilfevereins, suchen ihm ein paar Unterlagen heraus, die er gerne sehen möchte und bekommen nach getaner Arbeit – ohne Stress und ohne Verantwortung – eine Steuererstattung, die meist höher ausfällt als bei den "Genügsamen" (siehe oben).