Eine gut programmierte Software, die optimal in die Arbeitsprozesse integriert wird, kann Handwerkern viel Zeit und Geld sparen. Ohne richtigen Plan kann sie aber auch zum großen Ärgernis werden. Das sollten Betriebe beachten.
Steffen Guthardt

Jeder vierte Mittelständler will in nächster Zeit in Softwarelösungen investieren und damit seinen Betrieb stärker digitalisieren. Das ist das Ergebnis einer Studie des Branchenverbands Bitkom von 2019. Mehr Effizienz, mehr Komfort und auf lange Sicht weniger Kosten sind in der Regel die wichtigsten Gründe für den Softwareeinkauf. "Wer im Wettbewerb bestehen will, wird nicht dauerhaft auf die Integration von Software verzichten können. Sie kann auch in kleinen Firmen Prozesse standardisieren, beschleunigen und für eine gleichmäßig hohe Qualität sorgen. Dank des Ressourcengewinns ist Software auch ein probates Mittel gegen den Fachkräftemangel“, ist Frank Termer, Bereichsleiter Software bei Bitkom, überzeugt.
Wozu braucht es die Software?
Damit sich die hohen Erwartungen am Ende auch erfüllen und die Software nicht zum teuren Ärgernis wird, bedarf es jedoch einer gründlichen Vorbereitung und der fachmännischen Begleitung .
Im ersten Schritt sollte der Einsatzbereich der Software identifiziert werden. Dazu sollte der Handwerker ein digitales Prozessmodell erstellen. "Die entscheidende Frage ist, welche Prozesse ablaufen und wo die Software anknüpfen muss, um einen durchgehenden Datensatz zu gewährleisten. Letztendlich geht es darum, dass die relevanten Daten möglichst automatisiert, in Echtzeit, nachvollziehbar und medienbruchfrei zur Verfügung stehen“, erklärt Christoph Krause, Leiter des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk (KDH) in Koblenz, das Betriebe bei der Prozessdigitalisierung begleitet. Er empfiehlt den Betrieben, auch mal jemand von außen auf die Prozesse schauen zu lassen. "Das kann ganz neue Erkenntnisse liefern“, so Krause. Zudem lohne es sich, sich von anderen Betrieben vor Ort erklären zu lassen, wie sie ihre Prozesse automatisiert haben. Das müssten nicht unbedingt Unternehmen aus der eigenen Branche sein.
Handelt es sich bei den zu automatisierenden Prozessen um Kernkompetenzen des Unternehmens, die es von Wettbewerbern unterscheiden, könnte eine maßgeschneiderte Individualsoftware die bessere oder sogar die einzig verfügbare Lösung sein. "Der Einkauf von Branchensoftware von der Stange ist hingegen sinnvoll, wenn sie Arbeitsprozesse betrifft, die es in anderen Handwerksunternehmen in vergleichbarer Form gibt“, erklärt Termer.
Typische Anwendungsbeispiele sind Projektverwaltung, Rechnungsabwicklung oder Zeiterfassung. In der Regel ist Branchensoftware deutlich günstiger als Individualsoftware, weil das Produkt bereits entwickelt ist und in großer Stückzahl vertrieben wird. Zudem ist die Weiterentwicklung der Software durch die Anbieter meistens über viele Jahre sichergestellt. Für die Standardsoftware spricht auch, dass sie sich bereits in anderen Betrieben bewährt hat und Schwachstellen und Fehler durch die anwendenden Unternehmen bereits identifiziert und sukzessive behoben wurden. Zudem sind die Produkte im Gegensatz zur Individualsoftware in der Regel über vorgefertigte Schnittstellen auf die Integration in die Arbeitsprozesse der Unternehmen vorbereitet. "Die Schnittstellen sind ein ganz wichtiges Thema. Oft scheitert die Integration nicht an der Software selbst, sondern an der Verknüpfung mit anderen Prozessen im Unternehmen“, erklärt Krause.
Wer ist der richtige Anbieter?
Ist die Entscheidung zugunsten der Branchensoftware gefallen, sollten sich die Betriebe einen Überblick zu den auf dem Markt angebotenen Softwarelösungen verschaffen. Dazu empfiehlt Termer, sich auf Ausstellungen, Fachmessen oder Kongressen zu informieren. Hier stellen Anbieter die neuesten Produkte vor und es besteht die Möglichkeit, direkt ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und sich ein Angebot machen zu lassen. Ein seriöser Anbieter zeichne sich durch eine transparente Informationspolitik aus. Dazu zählten eindeutige Angaben über das Vertragsmodell. Welche Leistungen umfassen das Angebot genau und zählen auch die Softwareintegration, Wartungen und Updates dazu, sind typische Fragen, die unbedingt geklärt und vertraglich fixiert werden sollten. KDH-Leiter Krause rät Betrieben zudem, sich in sozialen Netzwerken auszutauschen, welche Erfahrungen andere Handwerker mit dem Produkt gemacht haben. Dies seien die vertrauenswürdigsten und damit wertvollsten Informationen für Handwerker bei der Auswahl.
"Ein guter Anbieter kennzeichnet sich zudem dadurch, dass er den Weg des Handwerkers bei der Softwareintegration proaktiv begleitet. Dazu gehört, dass er seinen Kunden von sich aus informiert, wenn z.B. aufgrund einer neuen Gesetzeslage ein Update des Produkts notwendig ist“, sagt Krause. Ohnehin sei ein guter Dialog zwischen Programmierern und Handwerkern essentiell bei der Softwareintegration. " Programmierer und Handwerker sprechen eine völlig andere Sprache. An missverständlicher Kommunikation scheitern die meisten Projekte“, so Krause.
Die nächste Frage, die geklärt werden muss, ist, ob der Betrieb nur eine lokal installierte Branchensoftware benötigt oder es eine Cloud-Software sein soll. "Wird die Software nur von einer bestimmten Person benutzt, kann eine stationäre Lösung ausreichen. In den meisten Fällen dürfte der Zugriff über das Internet von unterwegs aus jedoch für die Cloud sprechen“, sagt Termer. Krause nennt einen weiteren Aspekt, der für die Auslagerung der Software in einem Rechenzentrum spricht: die IT-Sicherheit. Der noch weit verbreiteten Meinung, dass sich Cloud und Datenschutz widersprechen, entgegnet Krause, dass heute auch internationale Konzerne, wie z.B. Microsoft, eine mit der Datenschutz-Grundverordnung konforme Speicherung in europäischen Rechenzentren anbieten. Zudem würden die Anbieter einen Sicherheitsstandard gewährleisten, den kleine Handwerksunternehmen schon aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht umsetzen können.
Sind neue Geräte sinnvoll?
Im Zuge der Softwareintegration kann es sinnvoll sein, die Ausgaben für die Software mit Investitionen in eine moderne IT-Infrastruktur und mobile Endgeräte zu verbinden. Dann kann die Branchensoftware auch auf der Baustelle oder im Außeneinsatz beim Kunden genutzt werden.
Krause weist darauf hin, dass sich Handwerksbetriebe Digitalisierungsvorhaben wie den Kauf einer Branchensoftware fördern lassen können. Ansprechpartner sind für Betriebe die regionalen Handwerkskammern oder auch die Kompetenzzentren des Digitalen Handwerks.