Wer haftet bei Glatteisunfällen? Räum- und Streupflicht im Winter: Das gilt rechtlich

Anlieger müssen Gehwege im Winter streuen. Auch am Wochenende müssen die Straßen von Schnee und Eis befreit werden. Das betrifft auch Betriebsgrundstücke. Wer bei Glatteisunfällen haftet und weitere Antworten auf rechtliche Fragen zum Thema Räum- und Streupflicht.

Räum- und Streupflicht gilt auch für Betriebsgrundstücke. Anlieger müssen Straßen im Winter von Schnee und Eis freihalten. - © Irina Schmidt - stock.adobe.com

Wenn es draußen kalt wird und die Straßen rutschig sind, ist die Zeit von Stürzen und Knochenbrüchen – und die Zeit der Schadensersatz- und Schmerzensgeldklagen gegen Anlieger, die ihrer Räum- und Streupflicht nicht nachgekommen sind. Wer haftet bei Glatteisunfällen?

Wer hat Räum- und Streupflicht?

Bei Schnee und Eisglätte müssen die jeweiligen Grundstücksbesitzer dafür Sorge tragen, dass die Gehwege, die an ihrem Grundstück vorbeiführen, gefahrlos passierbar sind – das juristische Schlagwort dafür lautet "Verkehrssicherungspflicht". Diese Räum- und Streupflicht trifft Anwohner wie auch die Besitzer von Gewerbegrundstücken gleichermaßen.

Eigentlich sind die Gemeinden für das Räumen von Schnee und Eis verantwortlich. Doch über die Gemeindesatzungen wird diese Pflicht regelmäßig den Anliegern auferlegt. Werktags müssen die Wege von etwa sieben Uhr morgens bis etwa 20 Uhr abends geräumt werden. Die genauen Zeiten legt die jeweilige Gemeinde fest. Die Räum- und Streupflicht gilt auch für Zuwegungen auf dem Grundstück, die von Dritten genutzt werden – etwa von Kunden, Paketboten oder Lieferanten. Stürzt jemand auf der eisglatten Treppe, kann es mitunter teuer werden.

Wie viel und womit muss man Streuen?

Der Gehweg muss jedoch nicht auf seiner gesamten Breite geräumt werden. 1,20 bis 1,50 Meter sind ausreichend, so dass zwei Fußgänger gefahrlos aneinander vorbeigehen können. Gestreut werden sollte vorzugsweise mit Sand, Granulat oder Rollsplit – Salz ist zwar weit verbreitet, ist jedoch umweltschädlich und deshalb in manchen Gemeinden nicht erlaubt. Die Streupflichtigen müssen außerdem regelmäßig prüfen, ob das jeweilige Streugut noch seine Wirkung entfaltet – falls nicht, muss noch einmal nachgelegt werden. Das gilt vor allem bei andauerndem Schneefall oder Eisregen, solange die Rutschgefahr zumindest verringert werden kann. Nur bei extremen Wetterlagen, in denen selbst wiederholtes Streuen wirkungslos bleibt, entfällt die Streupflicht zeitweise.

Räum- und Streupflicht: Beauftragung von Reinigungsfirmen macht Sinn

Auch wer ein Grundstück nicht selbst nutzt, ist nicht aus dem Schneider: "Durch die Vermietung oder die Verpachtung wird der Grundstückseigentümer grundsätzlich nicht von seiner Pflicht zur Gefahrenabwehr befreit", erklärt Ingmar Vergau, Geschäftsführer von Haus & Grund Bremen. "Allerdings kann gegenüber der Gemeinde ein Dritter erklären, dass er die Reinigungspflicht übernimmt." Solche Verpflichtungserklärungen zum Räumen und Streuen können bei entsprechender mietvertraglicher Vereinbarung von Mietern beziehungsweise Pächtern abgegeben werden, aber auch beispielsweise von Gehwegreinigungsunternehmen, die man mit der entsprechenden Dienstleistung beauftragt.

Muss man am Wochenende räumen und streuen?

Die Beauftragung eines Reinigungsunternehmens ist für die Besitzer oder Pächter von Gewerbegrundstücken in den meisten Fällen sinnvoll. Denn die Räumpflicht gilt auch an Sonn- und Feiertagen – dann ab 9.00 Uhr. Und wenn man als Handwerker seinen Betrieb nicht am Wohnort hat, müsste man seiner Räum- und Streupflicht nachkommen und dann zum Schneeräumen auch am Wochenende in die Firma fahren – und das wird kaum jemand wollen. Bei Übertragung der Reinigungs- und damit auch Verkehrssicherungspflichten an eine Reinigungsfirma sei aber "in jedem Fall eine Überprüfung der vertraglichen Pflichten anzuraten", sagt Haus & Grund-Geschäftsführer Vergau. Ansonsten könne man möglicherweise in eine Haftungsfalle geraten.

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    Wenn das bunt gefärbte Laub unter den Füßen raschelt, schweben Herbstliebhaber auf Wolke 7. Die Blätterpracht birgt allerdings auch Gefahren. Denn: Sobald das Laub nass wird, verwandelt sich das Herbstambiente in ein Unfallrisiko, das nicht unterschätzt werden sollte. Gerade auf mit Laub bedeckten Treppen besteht für Arbeiter erhöhte Rutschgefahr. Dasselbe gilt für Eingangsbereiche, in die der Wind nasses Laub hineingetragen hat. Betriebsinhaber sollten daher versuchen, sowohl Betriebsgelände als auch angrenzende Wege so gut wie möglich vom Laub zu befreien.
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    Sobald die Temperaturen unter 0 Grad wandern, wird der Weg zur Arbeit eine Rutschpartie. Glatteis macht nicht nur Autofahrern sondern auch Fußgängern zu schaffen. Das gilt auch für Wege auf der Arbeit. Viele Unfälle im Herbst und Winter ereignen sich bereits auf dem Firmenparkplatz. Pfützen, die sich in Löchern und Kuhlen gebildet haben, gefrieren über Nacht zu Eis und verwandeln sich so zu einer potenziellen Unfallstelle. Gerade auf Schotterparkplätzen sollten Betriebsinhaber daher versuchen, Löcher zuzuschütten und den Untergrund möglichst eben zu halten.
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    Wer auf dem Weg zur Arbeit durch Regen oder Schnee stapft, trägt Matsch und Feuchtigkeit häufig auch mit ins Büro. Hier lauert im Herbst und Winter eine weitere Unfallgefahr. Denn durch das nasse Schuhwerk bilden sich Pfützen im Gebäude, die vor allem auf Treppen und glatten Böden zum Ausrutschen einladen. Schuhe sollten daher vor Betreten des Gebäudes immer ausreichend abgestreift und -geklopft werden. Gegebenenfalls sollten Mitarbeiter ihre Schuhe auch vor Ort wechseln. Betriebsinhaber sollten dafür sorgen, dass an allen Eingängen große Fußabtreter liegen.
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    Wer im Winter draußen arbeitet, ist erhöhter Unfallgefahr ausgesetzt. Besondere Vorsicht ist bei Arbeiten auf dem Gerüst geboten. Die glatten Bodenplatten verwandeln sich bei Schnee und Regen schnell zu einem rutschigen Untergrund. Arbeiter sollten sich daher äußerst vorsichtig bewegen und zusätzlich sichern. Zudem sollte auf rutschfestes Schuhwerk und passende Schutzausrüstung geachtet werden. Gerüste, Laufstege und Treppen müssen geräumt und gestreut und sichere Verkehrswege sollten nicht verlassen werden.
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    Der Winter wird nicht umsonst die dunkle Jahreszeit genannt. Eine ausreichende Beleuchtung auf dem Betriebsgelände sowie auf der Baustelle ist daher unerlässlich. Stolperfallen oder rutschige Stellen können ansonsten leicht übersehen werden und zu Unfällen führen. Verkehrswege müssen blendfrei mit mindestens 20 Lux ausgeleuchtet werden. Für Arbeitsplätze sind je nach Tätigkeit bis zu 500 Lux erforderlich. Vorhandene Lampen können im Winter schnell einmal verschmutzt oder von Schnee bedeckt sein. Chefs und Mitarbeiter sollten die Leuchtquellen daher regelmäßig prüfen und gegebenenfalls säubern. Steht morgens und abends kein Tageslicht zur Verfügung, ist zudem eine Sicherheitsbeleuchtung mit mindestens 1 Lux erforderlich.
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    Wer die falschen Schuhe trägt, setzt sich einem erhöhten Unfallrisiko aus. Das richtige Schuhwerk kann hingegen Unfälle auf der Arbeit vorbeugen. Gerade im Herbst und Winter ist der Untergrund vielerorts rutschig. Der Chef ist verpflichtet, seinen Mitarbeitern einen den Anforderungen entsprechenden Fußschutz mit rutschfester Sohle bereitzustellen. Je nach Schuhwerk kann sogar die Unfallgefahr durch Umknicken reduziert werden.
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    Keine Unfall-, dafür aber die häufigste Krankheitsursache bei Arbeiten im Freien: Die falsche Kleidung. Besonders im Winter drohen hartnäckige Erkältungen und chronische Krankheiten der Atemwege oder Gelenke. Im Winter ist die richtige Kombination aus Wetterschutzjacke und Hose ist entscheidend - beispielsweise aus Mikrofasern, abgestimmt mit geeigneter Unterkleidung. Die Kleidung soll einen optimalen Luft- und Wärmeaustausch zwischen Körper und Umgebung erlauben. Auch der nötige Kälteschutz für den Kopf ist wichtig, etwa durch einen Helm mit Winterauskleidung.
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    Neben der persönlichen Schutzausrüstung sollten die Unternehmer bei tiefen Temperaturen auch die Arbeit entsprechend organisieren und den Mitarbeitern beispielsweise heiße Getränke und einen Aufwärmraum für die Pausen anbieten. Gestärkt und aufgewärmt verringert sich das Erkältungsrisiko. In den Pausenräumen sollte es laut BG Bau mindestens 21 Grad Celsius warm sein.
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    Vor allem im Winter gilt: Das Betriebsgelände sowie angrenzende Wege sollten unbedingt von Eis und Schnee befreit werden. Damit Unfälle nicht bereits bei den Räumungsarbeiten passieren, gibt es überziehbare Spikes, die an den Schuhen sicher befestigt werden können. Auch auf Baustellen und in der Umgebung von Rohbauten muss der Baubetrieb dafür sorgen, dass gestreut und geräumt wird.

Wer haftet bei Glatteisunfällen?

Bei Glatteisunfällen sind nicht nur die Eigentümer in der Pflicht, sondern auch Passanten: Diese müssen sich auf glatten Straßen nämlich vorsichtig bewegen, befand das Landgericht Trier bereits 2003 (Aktenzeichen: 3 S 100/03). Eine Fußgängerin hatte von ihrem Nachbarn Schadensersatz verlangt, da sie vor seinem Haus ausgerutscht und gestürzt war. Das Gericht gab ihr jedoch eine Mitschuld, da deutlich erkennbar gewesen sei, dass der Weg nicht gestreut war.

Welche Versicherung zahlt bei Glatteisunfällen?

Grundsätzlich kommt die Haftpflichtversicherung für Schäden auf, die einem Dritten fahrlässig zugefügt werden – eben weil man etwa seiner Schneeräumpflicht nicht nachgekommen ist. Im Fall eines Handwerkers wäre das die Betriebshaftpflichtversicherung. Bei Grundstücken, auf denen sowohl der Betrieb als auch das Wohngebäude eines Unternehmers angesiedelt sind, kommt hingegen meistens dessen Privathaftpflichtversicherung für den Schaden auf. Sicherheitshalber empfiehlt es sich hier jedoch, mit dem Versicherer Rücksprache zu halten. Der Haftpflichtversicherer wehrt zudem auch ungerechtfertigte Ansprüche ab, die an den Versicherten gestellt werden. Das wäre etwa dann der Fall, wenn jemand trotz geräumter und gestreuter Gehwege ausrutscht – dafür kann man nämlich nicht haftbar gemacht werden. Die Haftpflichtpolice wirkt damit auch wie eine Art passive Rechtsschutzversicherung.

Gebäudeversicherung um Elementarschadenschutz erweitern

Versicherungsexperten und Verbraucherschützer raten dazu, Gebäudeversicherungen um den sogenannten Elementarschadenschutz zu erweitern. Damit sind dann neben Überschwemmungsschäden beispielsweise auch Schadensfälle durch "Schneedruck" versichert, wenn besonders viel Schnee gefallen ist. Gerade bei Flachdächern, wie sie häufig bei Gewerbehallen und anderen Betriebsgebäuden zu finden sind, ist Schneelast eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Bei starken Schneefällen sollten Eigentümer und Nutzer solcher Gebäude darauf achten, dass auch das Dach regelmäßig vom Schnee geräumt wird.

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