Rund 50.000 EU-Unternehmen müssen künftig Auskunft darüber geben, wie sich ihre Aktivitäten beispielsweise auf die Umwelt, Menschenrechte oder Sozialstandards auswirken. Ein "Bürokratiemonster", kritisiert der Europaabgeordnete Markus Ferber.

Große Unternehmen in der Europäischen Union müssen Verbraucher künftig über die Nachhaltigkeit ihrer Aktivitäten informieren. Das EU-Parlament hat einen entsprechenden Kompromiss der EU-Staaten und des Parlaments am Donnerstag formell bestätigt. Zwischen 2024 und 2028 sollen die Regeln Schritt für Schritt in Kraft treten. Parlamentsangaben zufolge wären bis zu 50.000 Firmen betroffen. Unternehmen müssten über ihre Auswirkungen unter anderem auf die Umwelt, die Menschenrechte und die Sozialstandards berichten.
Bisher gilt ein Anwendungsbereich für Unternehmen ab 500 Beschäftigten. Durch die ausgeweitete Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen will die EU einheitliche Berichts-Standards schaffen und erreichen, dass mehr Kapital in nachhaltige Investitionen gelenkt wird. Diese nachhaltige Finanzierung soll dazu beitragen, die EU-Klimaschutzziele zu erreichen.
ZDH: Aufwand für Handwerksbetriebe auf das Nötigste beschränken
Der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber (CSU), sprach von einem "Bürokratiemonster". Der Mittelstand in Deutschland komme durch die Energiekrise und Problemen bei den Lieferketten ohnehin an seine Belastbarkeitsgrenze. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) verbucht es als Erfolg, dass zumindest kleine und mittlere Betriebe nicht direkt zu umfangreichen Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet werden sollen – zumindest dann, wenn sie nicht an der Börse notiert sind.
Dennoch bahne sich für Handwerksbetriebe eine "erhebliche indirekte Betroffenheit" an, warnt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. "Informationsgesuche von Finanzierungspartnern und von Kunden in der Lieferkette werden deutlich zunehmen – zumal künftig fast fünfmal so viele Unternehmen berichtspflichtig sein werden wie bisher", so Schwannecke.
Er fordert dazu auf, den Aufwand durch diese indirekten Auswirkungen auf das Nötigste zu beschränken. Konkret sollen für kleine und mittlere Betriebe bürokratiearme und freiwillige Offenlegungsmöglichkeiten geschaffen werden. Ein EU-Expertengremium muss hierzu in den kommenden Monaten einen KMU-Offenlegungsstandard erarbeiten. Schwannecke kritisiert, dass kleine und mittlere Unternehmen in diesem Gremium strukturell unterrepräsentiert sind. "Daher ist es für den ZDH von enormer Bedeutung, dass er am EU-Standardsetzungsprozess beteiligt wird."
Lob kommt vom Deutschen Gewerkschaftsbund
Lob für die ausgeweitete Nachhaltigkeitsberichterstattung kam hingegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Erstmals verlange die EU von allen größeren GmbHs, Aktiengesellschaften und börsennotierten kleinen und mittleren Unternehmen, Informationen über ihre Nachhaltigkeit vorzulegen. "Dazu gehören präzise Informationen über Arbeitsbedingungen, das Vorhandensein von Betriebsräten und die Anzahl der von Tarifverträgen erfassten Beschäftigte." fre/dpa