Die oftmals fälschlicherweise Mindestlohn für Azubis genannte Mindestausbildungsvergütung ist zum 1. Januar 2023 angestiegen. Das sollten Arbeitgeber und Azubis jetzt beachten.

Seit Jahren werden in Deutschland weniger Auszubildende gefunden als eigentlich benötigt. Mit einer Mindestausbildungsvergütung wollte die Bundesregierung 2020 die Trendwende einleiten. Die oftmals fälschlicherweise Mindestlohn für Azubis genannte Mindestausbildungsvergütung ist seit dem 1. Januar 2020 im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben. Antworten auf wichtige Fragen zur Mindestausbildungsvergütung:
- Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung im 1. Lehrjahr?
- Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung in den höheren Lehrjahren?
- Was gilt für die Teilzeitausbildung?
- Welche Vergütungsregeln gelten für tarifgebundene Betriebe?
- Welche Strafen drohen Arbeitgebern, wenn sie die Mindestausbildungsvergütung nicht zahlen?
1. Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung im 1. Lehrjahr?
Ausbildungsbetriebe müssen ihren Auszubildenden eine angemessene Vergütung zahlen, die mit fortschreitender Ausbildung, mindestens jährlich, ansteigen muss. Für Lehrverträge, die seit dem 1. Januar 2023 beginnen, gilt nunmehr jeweils für das erste Ausbildungsjahr eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung von 620,00 Euro. Wie diese in den folgenden Jahren ansteigt, zeigt die Tabelle:
Ausbildungsbeginn im Jahr | Mindestausbildungsvergütung pro Monat |
---|---|
2020 | 515,00 Euro |
2021 | 550,00 Euro |
2022 | 585,00 Euro |
2023 | 620,00 Euro |
2024 | jährliche Anpassung an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen |
Ab 2024 gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung für das folgende Kalenderjahr im Bundesgesetzblatt bekannt.
2. Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung in den höheren Lehrjahren?
Für das zweite, dritte und vierte Ausbildungsjahr sind ansteigende Aufschläge auf den Betrag aus dem Jahr des jeweiligen Ausbildungsbeginns vorgesehen. Der Auszubildende erhält 18 Prozent, 35 Prozent beziehungsweise 40 Prozent über dem jeweiligen Einstiegsbetrag für das erste Ausbildungsjahr. Dies ergibt für Ausbildungen, die im Jahr 2023 beginnen, folgende Mindestvergütungen:
Jahr | 2. Lehrjahr | 3. Lehrjahr | 4. Lehrjahr |
2020 | 607,70 Euro | 695,25 Euro | 721,00 Euro |
2021 | 649,00 Euro | 742,50 Euro | 770,00 Euro |
2022 | 690,30 Euro | 789,75 Euro | 819,00 Euro |
2023 | 731,60 Euro | 837,00 Euro | 868,00 Euro |
3. Was gilt für die Teilzeitausbildung?
Bei den gesetzlichen Mindestvergütungen handelt es sich um monatliche Brutto-Pauschalbeträge für Vollzeitausbildungen. Auch Teilzeit-Auszubildende haben einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Der ausbildende Betrieb darf die Vergütung kürzen, sie muss aber noch als angemessen gelten. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Grundsätzlich ist es aber auch möglich, eine ungekürzte Ausbildungsvergütung für die Teilzeitausbildung zu vereinbaren.
Weitere Informationen zu den arbeitsrechtlichen Bedingungen in der Teilzeitausbildung gibt es hier:
>>> Lesetipp: Teilzeitausbildung: Das gilt für Arbeitszeit, Lohn und Urlaub
4. Welche Vergütungsregeln gelten für tarifgebundene Betriebe?
Die vorgenannten Beträge dürfen grundsätzlich nicht unterschritten werden. Tarifverträge haben jedoch Vorrang vor der gesetzlichen Mindestvergütung. So können die Tarifpartner zum Beispiel bei Wirtschaftskrisen niedrigere Vergütungen aushandeln. Tarifgebundene Betriebe können unter Nennung des konkreten Tarifvertrags dementsprechend niedrigere Vergütungen im Ausbildungsvertrag vereinbaren. Nicht tarifgebundene Betriebe müssen hingegen mindestens die gesetzliche Mindestvergütung zahlen.
Für die Frage, ob und inwieweit die Ausbildungsvergütung die Mindestvergütung übersteigen muss, um angemessen zu sein, muss man sich an den einschlägigen tariflichen Vergütungsregelungen orientieren. Das Gesetz enthält aber eine Konkretisierung. Insoweit übernimmt der Gesetzgeber die sogenannte 20-Prozent-Regel der Rechtsprechung. Das heißt, besteht keine beiderseitige Tarifbindung, ist die Ausbildungsvergütung nicht mehr angemessen, wenn sie zwar über der gesetzlichen Mindestvergütung liegt, aber um mehr als 20 Prozent niedriger ist als die in einem einschlägigen Tarifvertrag festgelegte Vergütung.
Beispielrechnung
Sieht ein einschlägiger Tarifvertrag für das Jahr 2022 eine Ausbildungsvergütung von monatlich 850 Euro im ersten Lehrjahr vor, ist die Vereinbarung einer Vergütung von 80 Prozent davon, das heißt im niedrigsten Fall von 680 Euro zulässig. Legt der Tarifvertrag 625 Euro fest, ist aber maximal eine Vergütungsabsenkung auf die gesetzliche Mindestvergütung von 585 Euro erlaubt. Ist allerdings der Ausbildungsbetrieb im Arbeitgeberverband beziehungsweise der Innung Mitglied und der Auszubildende in der tarifschließenden Gewerkschaft organisiert, muss die Tarifvergütung wie bisher ohne Abzüge gezahlt werden. Ob Betriebe Lehrlinge heutzutage mit einer untertariflichen Vergütung gewinnen und als Fachkräfte halten können, steht auf einem anderen Blatt.
5. Welche Strafen drohen Arbeitgebern, wenn sie die Mindestausbildungsvergütung nicht zahlen?
Betriebe, die die jeweilige Mindestausbildungsvergütung nicht oder nicht rechtzeitig zahlen, sind nicht nur Nachzahlungsforderungen ihrer Lehrlinge ausgesetzt, sondern begehen auch Ordnungswidrigkeiten, die mit bis zu 5.000 Euro geahndet werden können. ew
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