Mentaltrainer und Sportpsychologe Tom Kossak arbeitet nicht nur mit Spitzensportlern wie der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft zusammen, sondern auch mit der Nationalmannschaft der Berufe. Wie wichtig mentale Fitness auch für die Teilnehmer der EuroSkills in Danzig (5. bis 9. September) ist, erzählt er im Interview.

Wie wichtig ist mentale Fitness?
Tom Kossak: Sie können es sich so vorstellen: Im Training baut man PS auf und im Wettkampf ruft man diese PS ab. Dass das klappt, dafür sind wir zuständig. Als Mentaltrainer kümmern wir uns darum, wie die Teilnehmer es schaffen, mit dem Druck und der Nervosität umzugehen, sich auf den Punkt zu fokussieren und ihre Leistung zu bringen.
Seit April arbeiten Sie mit den Teilnehmern. Wie läuft es?
Ich erlebe es so, dass die Teilnehmer dankbar sind, diese Methoden kennenzulernen und sie auch einsetzen. Sie müssen sich darauf einlassen können, annehmen, was wir ihnen nahebringen wollen und überlegen, wie sie es für sich umsetzen können. Sie haben ja nicht so viel Zeit, das zu trainieren.
Welche Rolle haben Sie während der Wettkämpfe?
Bei Großereignissen ist es oft eine beobachtende Rolle. Ich schaue, wer ist gerade wie drauf, wo kann ich eingreifen, aber auch wie reagieren die Teilnehmer im Wettkampf. Bei den EuroSkills haben wir den Vorteil, dass es mehrere Wettkampftage sind, so dass ich immer mal wieder fragen kann "Wie geht es dir?", "Brauchst Du irgendetwas?". Ich kann dafür sorgen, dass die Teilnehmer nach einem Wettkampftag zur Ruhe kommen oder ihnen Struktur und Sicherheit geben, dass sie über die gesamte Wettkampfzeit fokussiert bleiben können.
Vor dem Start: Was geben Sie Teilnehmern mit auf den Weg?
Ganz am Ende geht es um Emotionen und Vertrauen, also etwas, was sie in eine positive Stimmung bringt, dass Vertrauen aufgebaut wird, dass sie sicher sind, sie können das. Das ist immer sehr individuell. Dazu muss ich den Menschen kennen. Manchmal ist es ein Schulterklopfen, manchmal stelle ich mich einfach nur neben eine Person.
Und nach den Wettkämpfen?
Wenn Teilnehmer erfolgreich sind, ziehe ich mich meistens zurück. Das ist ihr Sieg. Ich gratuliere natürlich irgendwann und freue mich für sie. Viel wichtiger ist es, da zu sein, wenn jemand nicht so performed hat und enttäuscht ist. Ich bin dann einfach nur da und schaue, was derjenige braucht. Manche wollen reden, manche brauchen Ruhe, dann setze ich mich nur daneben. Ich erinnere mich an die Eishockey-Weltmeisterschaft, da saß ich neben einem Spieler in der Kabine und hab ihn ein bisschen abgeschirmt.
Sie waren dabei, als die Nationalmannschaft Gold verloren hat?
Sie hat Silber gewonnen.
Das ist ein Punkt.
Es war ein Überraschungserfolg, aber es war auch eine mental starke Leistung der Mannschaft.
Inwiefern?
Sie trauten sich etwas zu, waren aber nicht zu verbissen auf eine Sache. Sie mussten nicht Gold gewinnen. Das war der mentale Vorteil. Die Schweizer und die Amerikaner, die sie geschlagen haben, die mussten gewinnen und hatten ganz anderen mentalen Druck.
Wie unterscheiden sich Spitzensportler und junge Handwerker?
Spitzensportler muss man nicht überzeugen, dass es wichtig ist, mental fit zu sein. Sie haben den Vorteil, dass sie sich über Jahre auf das Thema einlassen können. Das sind Prozesse, die sie über Jahre entwickeln, eine Routine, um sich beispielsweise auf ein Spiel vorzubereiten. Das ist bei den EuroSkills-Teilnehmern natürlich ganz anders. Das sind junge Leute, die damit noch nicht so viel Kontakt hatten.
Die EuroSkills-Teilnehmer haben jetzt monatelang trainiert und auf vieles verzichtet. Wenn alles vorbei ist, fallen sie dann nicht in ein Loch?
Nach so einer Anspannung kann ein Loch entstehen – sowohl im Erfolg als auch in der Niederlage oder Enttäuschung. Dann fällt vielleicht die mediale Aufmerksamkeit weg oder man fragt sich, wofür man das gemacht hat, wenn man jetzt nichts in Händen hält. Da entsteht eine Leere und die muss man aushalten können. Wir sind nach den Wettkämpfen in Danzig da und auch später natürlich weiter ansprechbar.