Der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz entwirft Thesen zum Maler- und Lackiererhandwerk im Jahr 2040 und befragt die Unternehmer zu ihren Erwartungen für die nächsten zwei Jahrzehnte. So könnte das Gewerk in Zukunft arbeiten.

Wie werden Maler und Lackierer in 20 Jahren arbeiten? Vor welchen Herausforderungen stehen die Betriebe der Branche? Um das herauszufinden, sucht der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz gemeinsam mit Industriepartnern nach Szenarien, auf die sich die Unternehmen einstellen müssen. Antworten soll der Zukunftsdialog "Malerhandwerk 2040" liefern, an dem sich mehr als 500 Betriebe beteiligt haben. Erste Erkenntnisse stellte der Verband kürzlich vor.
Dass im Jahr 2040 der Malertroniker ein Ausbildungsberuf sein wird und die Unternehmen Datenexperten und Robotersteuerer beschäftigen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Befürworter einer solchen Vorhersage halten das in Großbetrieben und im Objektbau für möglich, zumal der Fachkräftemangel anhalten wird. Skeptiker halten entgegen, dass der Maler- und Lackiererberuf manuell bleiben wird, da gerade die Arbeiten im Altbau viel zu individuell und daher nicht für Maschinen geeignet seien.
Genau dieses Ringen um mögliche Entwicklungen schwebte der Verbandsspitze um Hauptgeschäftsführer Matthias Bucksteeg und Präsident Guido Müller vor. Um möglichst tiefgründige Ergebnisse zu bekommen, entschied sich der Verband zum Start des Dialogs 2020 für eine sogenannte Delphi-Studie.
Prognose statt Weissagung der Götter
Allerdings wollen sie sich nicht wie das berühmte Orakel in der griechischen Mythologie auf die Weissagung der Götter verlassen. Stattdessen vertrauen sie einer Methode der annahmebasierten Prognostik, die in den 1950er-Jahren entwickelt wurde. Dabei werden sie vom Meinungsforschungsinstitut Forsa unterstützt.
Im ersten Schritt entwickelten die Initiatoren der Studie 45 Thesen über das Malerhandwerk 2040. Anschließend befragten sie 1.000 Betriebe, die sich regelmäßig an den Konjunkturbefragungen beteiligen, zu diesen Thesen. Mit dem Rücklauf von mehr als 50 Prozent zeigte sich der Verband sehr zufrieden, zumal in einer zweiten Befragungswelle viele Teilnehmer ihre Antworten vertieften. Anschließend debattierten sie bei einer Dialogkonferenz im November in Frankfurt über die Thesen. "Die Ergebnisse unseres Dialogs sind daher belastbarer und konkreter als bei einer normalen Umfrage. Wir leiten die Zukunft nicht aus der Vergangenheit ab, sondern wir kommen auch unerwarteten Faktoren und Wechselwirkungen auf die Spur", betont Hauptgeschäftsführer Bucksteeg.
Gesundheit als Megathema
Die Thesen, über die sich die Maler Gedanken machen, sind mal mehr, mal weniger steil. Große Zustimmung bekam etwa die Annahme, dass die Gesundheit zu den Megathemen 2040 gehören wird. 76 Prozent der befragten Unternehmer sind sich sicher, dass Apps und Sensoren in Kleidung, Möbeln und Wohnungen das Wohlbefinden der Menschen lückenlos überwachen werden. Mehr als die Hälfte davon glaubt, dass dieses Szenario schon früher eintritt. Über Sensorik und intelligente Materialien wird auch die vorausschauende Instandhaltung zu einem wachsenden Markt. 80 Prozent der befragten Maler halten diese Entwicklung für sehr wahrscheinlich, 49 Prozent davon erwarten sie schon vor 2040. Kritiker dieser These können sich dagegen Sensoren in der Farbe nur schwer vorstellen. Guido Kuphal, Geschäftsführer des Farbenherstellers Caparol, sieht in dem Diskurs eine gute Gelegenheit für die Hersteller von Material und Werkzeugen, ihre Produkte noch stärker am Nutzen für ihre Kunden im Handwerk auszurichten.
Dass die Digitalisierung voranschreiten wird, daran zweifeln nur wenige Maler und Lackierer. Wenn sich Building Information Modeling durchsetzt, werden sie sich das Aufmaß künftig sparen können, glauben drei Viertel der Befragten. Die Skeptiker verweisen hingegen auf die Trägheit der öffentlichen Hand, die komplexe Umrüstung von Altbauten oder den Datenschutz. Verbandschef Bucksteeg freute sich vor allem über die sehr guten Begründungen, mit denen die Handwerker ihre Meinungen untermauerten. Das trifft auch auf die These zu, dass 2040 die meisten Neubauten in Fabriken vorgefertigt werden. Der Malertroniker am Montageband? Angesichts des schon heute großen Anteils von Vorproduktion und der steigenden Nachfrage nach Fertighäusern halten das dennoch die meisten Maler für möglich. Andere widersprechen, weil sie individuelle Anfertigungen in der Fabrik oder genormte Grundstücke für nicht praktikabel halten.
Trennung der Gewerke löst sich auf
Vielen der Thesen stimmen die Unternehmer des Malerhandwerks mehrheitlich zu. Sie glauben, dass sich die Trennung der Gewerke auflösen wird, weil sich die Kunden Komplettdienstleister wünschen. Und sie stimmen der These zu, dass 2040 Arbeitnehmer nicht mehr lebenslang in einem Handwerk arbeiten, sondern zwischen Ausbildung, Studium, Berufstätigkeit und Projektarbeit wechseln.
Noch ist der Dialog über die Zukunft des Maler- und Lackiererhandwerks im Gange. In drei Facebook-Gruppen tauschen sich die Unternehmer weiter über die Bereiche Markt, Technik und Management aus. Im April sollen die ersten Szenarien vorgestellt werden, auf deren Basis die Branche ihre Strategie für die nächsten Jahre aufbauen will. "Alle Beteiligten müssen noch mehr Phantasie dafür entwickeln, wohin die Reise geht. Wir sollten über die Zukunft sprechen – oder sie findet ohne uns statt", betont Verbandspräsident Guido Müller.
Auf einen Blick
Der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz umfasst 300 regionale Innungen und 17 Landesinnungsverbände. Damit vertritt er rund 40.000 Maler- und Lackiererbetriebe, davon rund 3.500 Fahrzeuglackierbetriebe. Sie erzielen einen Umsatz von ca. 17 Mrd. Euro. Insgesamt sind 209.500 Personen im Maler- und Lackiererhandwerk beschäftigt. Aktuell werden 19.147 Lehrlinge ausgebildet.