Steigende Preise und Inflation: Die Wirtschaftserwartung im Handwerk hat sich verschlechtert. Besonders betroffen sei das Bauhauptgewerbe wie der Verband der Vereine Creditreform mitteilt. Aber auch die Insolvenzen von Handwerksbetrieben nehmen zu und die Eigenkapitalquote ist bei vielen zu niedrig.

Geschäftslage
Die Wirtschaftslage im Handwerk hat sich angesichts der zunehmenden Belastungen durch Preissteigerungen, Energiekrise und Ukraine-Krieg verschlechtert. Ein Stimmungseinbruch sei jedoch – anders als befürchtet – ausgeblieben. "Die Lage ist stabil", sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, "doch die Prognose, was kommt, was die Betriebe selber glauben und was wir in den Zahlen sehen, sieht deutlich schlechter aus."
An der aktuellen Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung
nahmen rund 1.300 Handwerksbetriebe in Deutschland teil. Die Mehrheit beurteilt die aktuelle Geschäftslage als gut bis sehr gut (65,3 Prozent). Nur 3,3 Prozent geben ihr die Note mangelhaft und für 30 Prozent ist die Lage befriedigend bis ausreichend.
Große Unterschiede gibt es der Umfrage nach in den einzelnen Handwerksbereichen.
So bewerteten im Bauhauptgewerbe nur noch 63 Prozent die Lage als sehr gut oder gut. Im Vorjahr waren es noch 77,2 Prozent gewesen. Im Ausbauhandwerk fiel dieser Wert von 78,7 auf 73,3 Prozent.
Genau entgegengesetzt entwickelte sich die Lage in den Nahrungsmittelhandwerken, dem Kfz-Handwerk und den personenbezogenen Dienstleistungen. Bei Letzteren schätzen 70 Prozent die Lage als sehr gut und gut ein. Im Vorjahr kamen nur 63,4 Prozent zu dieser Einschätzung. Im Kfz-Handwerk stieg der Wert von 50,4 auf 54,1 Prozent und im Nahrungsmittelhandwerk von 41,7 auf 42,5 Prozent. Nur noch 6,4 Prozent bewerten die Lage als mangelhaft und ungenügend. Eine deutliche Verbesserung zum Vorjahr, als noch 17,7 Prozent des Nahrungsmittelhandwerks die Lage als mangelhaft bis ungenügend beurteilte.
Steigende Umsätze geben 37,7 Prozent der Befragten im Handwerk an, nach 34,9 Prozent im Vorjahr. 17,9 Prozent vermelden weniger Umsatz (Vorjahr: 15,1 Prozent). Creditreform wertet dies als vergleichsweise positiv vor dem Hintergrund des schlechten Konjunkturumfeldes.
Personal
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Die Beschäftigung im Handwerk wächst kaum noch, wobei der Personalbedarf weiter hoch bleibt. "Der Fachkräftemangel wird sich eklatant verschärfen", befürchtet Patrik-Ludwig Hantzsch. Die Mehrheit der befragten Betriebe hat seinen Personalbestand in den vergangenen Monaten nicht verändert (60,2 Prozent). 17,9 Prozent haben ihn verkleinert, 20,8 Prozent aufgestockt.
Umsatzerwartungen
So stabil die Geschäftslage derzeit erscheint, so pessimistisch blicken die Handwerker in die Zukunft. Nur noch 33,3 Prozent der Befragten gehen von steigenden Umsätzen aus. "Der Anteil der Pessimisten hat sich verdoppelt", sagt der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, "jeder Sechste befürchtet Umsatzeinbußen." Denn laut Umfrage rechnen 16,8 Prozent der Handwerker mit sinkendem Umsatz. Im Vorjahr waren nur 8,4 Prozent ähnlich pessimistisch. Stabile Umsätze erwartet knapp die Hälfte (48,5 Prozent).
Auch bei den Umsatzerwartungen sticht das Bauhauptgewerbe hervor: Nochmal weniger als die Gesamtheit der Befragten – nämlich 30,7 Prozent – erwartet mehr Umsatz. Im Vorjahr immerhin noch 39,5 Prozent. Noch deutlicher nach unten fällt die Umsatzerwartung im Metallhandwerk und Handwerk des gewerblichen Bedarfs aus: 34,4 Prozent planen mit steigenden Umsätzen, nachdem im Vorjahr knapp die Hälfte davon ausging (50,7 Prozent).
74,6 Prozent der befragten Handwerksbetriebe gehen darüber hinaus davon aus, dass die Angebotspreise voraussichtlich weiter steigen..
Investitionen
"Es wird zu wenig investiert. Das ist ein Problem", sagt Patrik-Ludwig Hantzsch. In Zahlen bedeutet das: Weniger als die Hälfte der Betriebe wollen investieren (47,3 Prozent). Im Vergleich der vergangenen zehn Jahre sei dies eine sehr niedrige Investitionsbereitschaft. Die zurückhaltenden Planungen seien Ausdruck des schlechteren Konjunkturumfeldes. Die deutsche Wirtschaft dürfte in diesem Jahr kaum wachsen. Dabei ist die Investitionsbereitschaft im Bauhauptgewerbe (48,7 Prozent) und im Metallhandwerk sowie Handwerk des gewerblichen Bedarfs (51,6 Prozent) höher als im Durchschnitt.
Eigenkapital
Sorgen bereitet eine zu niedrige Eigenkapitalquote. Ein Drittel der befragten Handwerksbetriebe (34,1 Prozent) verfügt nur über eine Eigenkapitalquote von bis zu zehn Prozent. "Das ist viel zu wenig", so Hantzsch. Auch wenn sich diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr (34,3 Prozent) kaum verändert habe, "das Umfeld hat sich verändert".
Insolvenzen
Nachdem in der Corona-Pandemie das Insolvenzgeschehen durch staatliche Hilfsprogramme beeinflusst wurde und eine befürchtete Insolvenzwelle bis heute nicht eingetreten ist, haben die Insolvenzen im Handwerk zugenommen. Im vergangenen Jahr meldeten 3.270 Handwerksbetriebe Insolvenz an. Das sind zwölf Prozent mehr als im Jahr 2021. Damit stiegen die Insolvenzen im Handwerk dreimal mehr als in allen Wirtschaftsbereichen zusammen (4 Prozent).
Auslöser dieser Trendwende sind laut Creditreform Wirtschaftsforschung die Kostenexplosionen bei Energie und Rohstoffen.
Der Gesamtanteil des Handwerks an allen Unternehmensinsolvenzen in Deutschland liegt nun bei 22,2 Prozent (Vorjahr 2021: 20,7 Prozent).