Ampel-Koalition Koalitionsvertrag: Handwerk befürchtet höhere Lohnnebenkosten

Die Ampel hat ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Dabei spricht sie viel über Klima und wenig über Sozialversicherungsbeiträge. Was das Handwerk dazu sagt.

Christian Lindner (FDP), Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).
Christian Lindner (FDP), Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) haben am 24. November den gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vorgestellt. - © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Das Handwerk begrüßt das Zustandekommen des Koalitionsvertrages, hätte sich aber eine klare Aussage zur Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge gewünscht. "Mit der Vorlage des Koalitionsvertrages haben die Ampelkoalitionäre immerhin schon einen selbstgesteckten Anspruch erfüllt, nämlich zügig eine neue Regierung zu bilden", sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Der Vertrag erhalte große Ambitionen, etwa beim Klimaschutz aber auch große Fragezeichen bei der dringend notwendigen Reform der Sozialen Sicherungssysteme.

Scholz: Die Ampel steht

Mit den Worten die "die Ampel steht", kommentierte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz den Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Der Koalitionsvertrag werde nun den Parteien zur Abstimmung vorgelegt. Er rechne mit einer Zustimmung in den kommenden zehn Tagen. Ziel sei es, das erste rot-gelb-grüne Bündnis auf Bundesebene zu führen und dabei das Land voranzubringen und zusammenzuhalten. "Wir wollen uns etwas zutrauen beim Klimaschutz, beim Umbau unserer Industrie, bei der Modernisierung des Landes, bei der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes", betonte er.

Deutschland soll Vorreiter beim Klimaschutz werden

Deutschland soll nach den Worten des voraussichtlich künftigen Bundeskanzlers Scholz zum Vorreiter beim Klimaschutz gemacht werden. Geschehen soll dies mit einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien mit einer Beschleunigung des Planungsrechtes für den Bau von Netzen, Windrädern und Infrastruktur. Es gehe darum, Wohlstand und Klimaschutz miteinander zu verbinden, sagte der Grünen Co-Vorsitzende Robert Habeck. "Keine Industrienation wird größere Anstrengungen unternehmen beim Schutz des Klimas", fügte FDP-Chef Christian Lindner hinzu. Ziel sei es, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Und weiter heißt es: Schon bis 2030 soll Deutschland rund 80 Prozent seines Stromes aus erneuerbaren Energien beziehen. Bisher wurden 65 Prozent angepeilt. Die EEG-Umlage soll zum 1. Januar 2023 abgeschafft werden. Daneben soll die die E-Mobilität und der Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter vorwärtsgetrieben werden. "Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030", heißt es im Koalitionsvertrag. Auch soll in die Wasserstoffwirtschaft im Industriemaßstab investiert werden.

Mindestlohn soll in einem Schritt auf 12 Euro steigen

Mit Blick auf die Sozialpolitik kündigte Scholz wie im Wahlkampf angekündigt eine Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 9,60 Euro auf 12 Euro pro Stunde an. "Ich bin froh, dass wir vereinbart haben, den Mindestlohn in einem Schritt auf 12 Euro zu erhöhen", sagte er. Auch soll die Kindergrundsicherung eingeführt werden, um die Chancen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. "Zugleich halten wird die Rente stabil", ergänzte er mit Blick auf das Rentenniveau. "Rentenkürzungen und die Anhebung des Renteneintrittsalters schließen wir aus Respekt vor der Lebensleistung aus", heißt es in einer Kurzfassung der Beschlüsse des Koalitionsvertrages. Um die Rente auch für künftige Generationen zu stabilisieren, wollen die Ampel-Koalitionäre in eine Aktienrente einsteigen. Dazu soll ein Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden. Außerdem soll ein Bürgergeld eingeführt werden.

Eigenes Bauministerium für ehrgeizige Wohnungsbaupläne

Zur sozialen Gerechtigkeit gehört nach Auffassung der Ampelkoalitionäre auch bezahlbarer Wohnraum. Insgesamt sollen pro Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. 100.000 davon sollen öffentlich gefördert werden. Helfen soll dabei ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum und ein eigenes Bauministerium. "Wir begrüßen die Ankündigung der Ampelkoalition, die Bedeutung des Bauens mit einem eigenständigen Ministerium hervorzuheben", sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes. Die Bauwirtschaft habe ihre Kapazitäten in der Vergangenheit deutlich ausgeweitet und werde das im Vertrauen auf die anstehenden Investitionen weiter tun. Dass die lineare Afa von zwei auf drei Prozent erhöht werde, werde Investitionen in den Mietwohnungsbau anregen. "Diese Maßnahme begrüßen wir ausdrücklich", fügte er hinzu. Dies gelte auch für das Bekenntnis der Koalition zu höheren und langfristig abgesicherten Investitionen in die Infrastruktur.

Keine stärkere Belastung für höhere Einkommen

Wie Scholz weiter sagte, steht Deutschland vor einem Jahrzehnt der Investitionen. Mit Blick auf die Finanzierung öffentlicher Investitionen sagte der bisherige Finanzminister: "Wir haben das Ausgabenportfolio angeschaut und wir sind sicher, dass alle Investitionsfragen im Koalitionsvertrag auch beantwortet werden können." Darüber hinaus sollten auch Anreize für private Investitionen gemacht werden und die Forschung finanziell unterstützt werden. "Wir wissen genau, wie wir es bezahlen", fügte Habeck hinzu. Eine stärkere Belastung für höhere Einkommen wird es nicht geben. Darauf habe man sich nicht einigen können, sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll ab 2023 wieder eingehalten werden, heißt es im Koalitionsvertrag.

Bekämpfung der Corona-Pandemie hat Priorität

Mit Blick auf die Gesundheitspolitik kündigten die künftigen Koalitionäre eine bessere finanzielle Anerkennung für Pflegekräfte und bessere Arbeitsbedingungen an. Insgesamt werde die Bewältigung der Corona-Pandemie eine der ersten wichtigen Aufgaben der Koalition sein. So soll nach den Worten des voraussichtlich künftigen Bundeskanzlers Scholz schon jetzt ein Bund-Länder Krisenstab eingerichtet werden. "Die neue Bundesregierung werde alles erforderlich tun, um das Land durch die Krise zu bringen", sagte er.