Ausbildung mit Rückendeckung Wenn die reguläre Ausbildung schwerfällt: Hilfen bei der Inklusion

Viele junge Menschen scheitern an einer regulären Ausbildung. Dabei haben sie viel Potenzial. Mit ­entsprechender Hilfe können sie und ihre Betriebe es schaffen.

Zimmerermeister Alexander Haarbusch und sein Geselle Sascha Leidner arbeiten an einer Treppe.
Alexander Haarbusch (rechts) hat Sascha Leidner eine Chance ­gegeben und damit einen guten Gesellen gewonnen. - © Fotografische Werkstatt Carolin Ludwig

Sascha Leidner ist ein Glücksfall. Mit 32 Jahren hat er in diesem Sommer seine Gesellenprüfung zum Tischler bestanden. Sein Ausbilder Alexander Haarbusch, Chef der Kasseler Tischlerei Stilecht, hat ihn gern übernommen. "Sascha ist schon jetzt ein guter Handwerker. Und er wird einmal ein sehr, sehr guter Möbeltischler", sieht sein Meister das Potenzial in ihm. Dass Leidner fast doppelt so alt ist wie andere Azubis, stört Haarbusch nicht: "Ich finde, jeder Mensch hat eine Chance verdient."

Ausbildung trotz Hindernissen

Gründe, weswegen junge Menschen in einer klassischen Ausbildung straucheln, gibt es viele. Soziale oder psychische Probleme, gesundheitliche Einschränkungen und Behinderungen machen es nicht nur dem Azubi selbst schwer, sondern auch seinem Ausbilder.

Gleichzeitig ist der Ausbildungsmarkt heute so, dass viele Handwerker Bewerber akzeptieren, die früher in Fördermaßnahmen aufgefangen worden wären. "Diese Tendenz gibt es: Viele von denen, die heute von den Ausbildungsbetrieben genommen werden, wären früher bei uns ausgebildet worden", bestätigt Jenny Ried, Lehrerin für Holz an der Staatlichen Berufsschule im Berufsbildungswerk Nordhessen. Doch die Unternehmer könnten in schwierigen Fällen die pädagogische Arbeit gar nicht leisten, warnt sie.

Rechtzeitig Förderung beantragen

Wenn Betrieb und Azubi feststellen, dass die Ausbildung ohne externe Hilfe nicht gelingen wird, gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten (siehe unten). Berufsbildungswerke (BBW) sind eine davon. Hier können junge Menschen eine berufliche Erstausbildung oder Berufsvorbereitung absolvieren, wenn sie dies anders nicht schaffen.

Sascha Leidner ist diesen Weg gegangen. Aufgrund seiner früheren Probleme startete er im BBW Nordhessen die Ausbildung zum Tischler. Er profitierte dort sehr vom Stützunterricht in seinem schwächsten Fach Mathematik, und er verbesserte hier auch seinen Mittelschulabschluss. "Aber sonst war ich unterfordert", erinnert er sich. Also suchte sein Betreuer am BBW ein Praktikum für ihn und wurde in Haarbuschs Fünf-Mann-Betrieb fündig. "Sascha hat das so gut gemacht, dass ich ihm angeboten habe, bei uns eine verzahnte Ausbildung zu machen", erzählt Haarbusch. Verzahnt heißt: Leidner absolvierte den praktischen Teil seiner Ausbildung von nun an in der Tischlerei Stilecht, Ausbildungsträger blieb aber das BBW.

Bei Inklusion immer ein Ansprechpartner da

Diese Lösung hatte für Leidner wie für Haarbusch Vorteile. Leidner konnte weiter zu seiner Berufsschule mit ihren kleinen Klassen gehen, hatte weiter Zugang zu individueller Förderung sowie zu sozialpädagogischer und psychologischer Begleitung. Wenn es Probleme gab, hatten sein Chef und er dort immer einen Ansprechpartner. Außerdem übernahm die Arbeitsagentur die Ausbildungsvergütung und Sozialversicherungsbeiträge.

Karola Vahland, Schulleiterin an Leidners Berufsschule, sieht in einer solchen Zusammenarbeit für die betrieblichen Ausbilder noch weitere Vorteile. "Das sind tolle Arbeitskräfte, die ganz viel mitbringen, vielleicht auch in Bereichen, an die man nicht denkt. Ich erlebe sie als sehr hilfsbereit und unterstützend anderen gegenüber."

Für Sascha Leidner kann Tischlermeister Haarbusch diese Aussage unterschreiben. "Ich hatte hier aber auch schon Praktikanten, die habe ich nach einer Woche wieder zurückgeschickt", will er die Herausforderungen auch nicht kleinreden.

Langsameres Vorgehen bei Inklusion

Nur wenige Schüler schaffen eine Vollausbildung gleich im ersten Anlauf. In der Regel machen sie erst den Fachpraktiker und bleiben bis auf einzelne Praktika in den überbetrieblichen Werkstätten des BBW – mit Erfolg. "Wir haben eine Bestehensquote von 95 Prozent. Etwa 70 Prozent schaffen es in den ersten Arbeitsmarkt", berichtet Vahland stolz.

Dass ein BBW-Azubi auf Anhieb die Vollausbildung macht und dann auch noch von seinem Ausbildungsbetrieb fest übernommen wird, ist die Ausnahme. "So einen wie Sascha habe ich bis dahin noch nicht gehabt", sagt Haarbusch. Es habe zwar auch schwierige Phasen gegeben, aber mit Rücksichtnahme und Reden habe man doch immer eine Lösung gefunden. "Saschas Probleme werden natürlich nicht von heute auf morgen verschwinden", weiß Haarbusch. "Doch dafür hat er ganz andere Seiten und Qualitäten. Die wiegen das für uns voll und ganz auf."

Hilfe bei der Inklusion in der Ausbildung

Ausbilder im Handwerk beobachten seit Jahren, dass immer mehr Auszubildende erhebliche Unterstützung brauchen, um ihre Lehre mit Erfolg beenden zu können. Im betrieblichen Alltag kann kaum ein Kleinunternehmer diese zusätzliche Belastung stemmen. Doch es gibt ein umfassendes System an staatlichen Hilfen, damit solche Ausbildungsverhältnisse nicht scheitern.

Einen Anspruch auf Förderung haben alle jungen Menschen, die ohne Unterstützung eine Berufsausbildung gar nicht erst aufnehmen könnten oder die voraussichtlich Schwierigkeiten haben werden, diese abzuschließen.

Die Fördermöglichkeiten sind abgestuft je nach Bedarf des Jugendlichen. Sie beginnen mit allgemeinen Leistungen, zu denen die "Assistierte Ausbildung" (AsA nach § 74 SGB III) zählt, aber auch die Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE, § 76 SGB III).
Genügt die Unterstützung durch solche allgemeinen Leistungen nicht, können besondere Leistungen hinzukommen (nach § 117 SGB III). Dazu gehören folgende Punkte:

Weil betriebliche Ausbildungen die größte Chance auf dauerhafte Beschäftigung bieten, wird versucht, Ausbildung möglichst betriebsnah durchzuführen. Wenn Ausbilder oder Azubi hier großen Problemen begegnen und die Gefahr besteht, dass die Ausbildung scheitern könnte, sollten sie sich an den Ausbildungsberater ihrer Handwerkskammer oder direkt an die Arbeitsagentur wenden.

Ein Berater wird anhand von Gesprächen, aber auch von schulischen, medizinischen oder psychologischen Unterlagen feststellen, welchen Bedarf der Jugendliche hat. Im Rahmen der AsA sind folgende Hilfen möglich:

  • sozialpädagogische Begleitung,
  • Maßnahmen zur Stabilisierung des Ausbildungsverhältnisses,
  • Angebote zum Abbau von Bildungs- und Sprachdefiziten,
  • Angebote zur Vermittlung von fachtheoretischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten.

Auch Ausbildungsbetriebe können im Rahmen von AsA oder bbA Unterstützung erhalten. Dazu gehören:

  • Hilfestellungen bei der Verwaltung, Organisation und Durchführung der Ausbildung oder der Einstiegsqualifizierung,
  • Begleitung im Betriebsalltag zur Stabilisierung des Ausbildungsverhältnisses oder der Einstiegsqualifizierung,
  • Unterstützung bei der Vorbereitung und der Umsetzung der betrieblichen Berufsausbildung oder der Einstiegsqualifizierung.

Ausführliche Informationen für Unternehmer zur AsA bietet die Bundesagentur für Arbeit hier.